Fritz und Alfred Rotter. Peter Kamber
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Название: Fritz und Alfred Rotter

Автор: Peter Kamber

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783894878313

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СКАЧАТЬ DER GUTE RUF

      Erfolg und jäher Absturz sind nur durch einen Wimpernschlag getrennt. Das erleben die beiden Brüder schon in der Frühzeit ihrer Karriere. Zu Beginn der Theaterspielzeit 1912 lassen sie sich, zusätzlich zum Engagement in der Kroll-Oper, auf ein neues Wagnis ein: Sie übernehmen wichtige Funktionen in der Komischen Oper – damals an der Friedrichstraße 104 gelegen, direkt an der Weidendammer-Brücke über der Spree. Direktor Adolf Lantz ist der Pächter, er sowie Fritz und Alfred benennen das Theater – durchaus programmatisch – in Deutsches Schauspielhaus um.

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      Die Kroll-Oper um 1924

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      Das zerstörte Gebäude, 1946

      Sie kennen Lantz gut: An der Akademischen Bühne wie im Neuen Königlichen Operntheater – eben der Kroll-Oper – hat er als Regisseur gearbeitet. An einmal gefestigten, engen persönlichen Arbeitsbeziehungen halten Fritz und Alfred nach Möglichkeit fest – dieser Zug kennzeichnet ihre ganze Theaterlaufbahn.

      Nun, von September 1912 bis Ende August 1913 im Deutschen Schauspielhaus, arbeiten beide für Adolf Lantz. An dem 1905 erbauten Theater, das 1150 Personen Platz bietet, wird Fritz Erster Regisseur und Alfred Chefdramaturg. Erstmals hilft ihr Vater mit einer nicht unbedeutenden Summe. Alfred entscheidet sich für den Künstlernamen Alfred Hansemann und verpflichtet sich per Vertrag, drei Jahre lang jährlich 60 000 Mark in vierteljährlichen Raten an Lantz als Darlehen zu zahlen. Fritz wählt den Vornamen des Vaters Hermann – was auf eine tiefere Identifikation mit ihm hinweist – und dazu erstmals den Namen Rotter: Im Neuen Bühnen-Almanach des Jahres 1913 erscheint er unter Hermann Rotter.

      Ein halbes Jahr lang geht am Deutschen Schauspielhaus alles gut. Lantz nimmt später die Brüder ausdrücklich in Schutz: „Wie ich das Unternehmen des Deutschen Schauspielhauses ins Werk setzte, habe ich mich der Beihilfe der beiden Herren versichert. Ich würde ohne sie […] das Unternehmen überhaupt nicht begonnen haben. […] Mit den Gebrüdern Schaie war ich vollständig einig über die künstlerische Auffassung, insbesondere auch über die Auswahl der zu spielenden Stücke, und hatte an ihnen […] eine wertvolle Unterstützung und Hilfe.“19

      Fritz inszeniert Goethes Egmont, von Strindberg die Stücke Gläubiger, Mit dem Feuer spielen und Ostern sowie vom aus Ungarn stammenden Schriftsteller Gabriel [ungarisch: Gábor] Drégely die Lustspiele Der König und Der gutsitzende Frack. Im Januar 1913 besorgen sie Hermann Sudermanns Schauspiel Der gute Ruf. Die Rotters haben sich auch die Rechte an den Stücken Strindbergs gesichert und sind mit Lantz überzeugt, „dass die Strindberg’schen Stücke neben ihrer künstlerischen Wirkung auch große Einnahmen bringen müssten“.20

      Doch nach hoffnungsvollen ersten Monaten kommt es im Deutschen Schauspielhaus zu einer Intrige: Oskar Groteck, Schauspieler und Stellvertreter des Direktors, sowie ein später hinzugekommener Regisseur fühlen sich durch die Brüder „beengt“. Groteck bietet Lantz an, „die damals bestehende Schuldenlast hinwegzusanieren […], wenn die Gebrüder Schaie ihre überragende Stellung verlören“.21 In der Folge gibt Groteck dem Direktor 100 000 Mark.

      Fritz und Alfred verlassen daraufhin das Theater und verabschieden sich mit einem „sehr bitteren Brief“ an Lantz. Alfred stellt die an sein Verbleiben geknüpfte Gewährung weiterer Darlehen ein. Die neue Theaterleitung ändert den Stückplan – statt Strindberg gibt es zunächst eine „Posse“. Neun Monate später, Ende Januar 1914, kommt der Konkurs. Ein Gerichtsurteil bescheinigt Alfred, dass ihn keine Schuld trifft und er zu keinen weiteren Darlehen verpflichtet ist.22

      Zutage tritt allerdings die damals schon buchhalterische Nachlässigkeit des Bruderpaars. Die werden sie auch später nicht mehr los. Direktor Lantz als der eigentlich Verantwortliche für die Bilanzen hat sich nicht um die Buchführung gekümmert, Fritz und Alfred offenbar ebenfalls nicht – sie waren aber dazu auch nicht verpflichtet. 1913, nach dem frühzeitigen Ausscheiden des Brüderpaars, kann sich der hinzugezogene Bücherrevisor Bachmann in den Büchern „nicht zurechtfinden“ und hält fest, dass „die Bücher sehr unordentlich geführt“ sind. Lantz erklärt, „dass Schaies sich beliebige Gelder aus der Kasse genommen hätten“ – laut Vertrag gehören ihnen jedoch auch „35 Pfennig für jedes Billet“23.

      Genau an diesem Punkt werden nur wenige Jahre später, 1917 und 1918, andere Gegenspieler ansetzen. Theaterzensor Curt von Glasenapp greift gegen Ende des Ersten Weltkriegs diese Affäre wieder auf, in blinder Entschlossenheit, das Bruderpaar zur Strecke zu bringen. Sein Hauptmotiv: 1914 haben sich Fritz und Alfred nicht eben vorgedrängt, um an die Front zu kommen. Nun unternimmt Glasenapp alles, was in seiner Macht steht, um sie als angebliche „Fahnenflüchtige“ zu überführen und ihnen nachträglich – wenn nicht die Schuld an der Niederlage des Kaiserreichs – eine Mitschuld am Zusammenbruch des Deutschen Schauspielhauses anzuhängen.

      Die dazugehörige Geschichte ist die folgende: Anscheinend lassen sich Fritz und Alfred bereits kurz vor Ausbruch des Krieges vom Wehrdienst zurückstellen, vermutlich mit Hinweis auf das – wegen ihrer Theaterarbeit – unabgeschlossene Studium. Beide sind als Jurastudenten eingeschrieben. Diese Genehmigung würde durch einen Kriegsausbruch ungültig, das wissen sie.

      Später, bei seiner Festnahme 1915 in Dresden, versucht Fritz im Verhör klarzumachen, dass er lediglich noch nicht gemustert worden sei. Er habe sich am 2. August 1914 in der Polizeidirektion Charlottenburg in die „Kriegsstammrolle“ eintragen lassen, einen Tag nach der Verkündigung der allgemeinen Mobilmachung, sei aber „bei verschiedenen Regimentern in Berlin und Spandau nicht angenommen worden“, obwohl er „von einem Generalarzt für tauglich befunden“ wurde.24

      Fritz Rotter meldet sich danach als Kriegsfreiwilliger in Leipzig bei der dortigen Train-Abteilung 19. „Train“ ist der Truppenteil, der für Nachschub sorgt und nicht an Kampfhandlungen teilnimmt. Warum in Leipzig? Schon vorher haben sie – als in Leipzig Geborene – erneut ihre sächsische Staatsbürgerschaft beantragt. Fritz hat die preußische erst am 28. November 1913 bekommen; die neue sächsische Aufnahmeurkunde erhält er am 4. Juli 1914.

      Sie melden sich zum „Notexamen“ auch nicht in Berlin an, sondern in Naumburg – für den 4. September 1914. Jura studieren sie ohnehin „so nebenher“, wie sie später dem Neuen Wiener Journal erzählen – „mit dem Erfolg, dass der Bruder Fritz, am Vorabend seines Referendarexamens von Alfred über die Grundbegriffe des römischen Rechts befragt, nur mit tragischem Schweigen antworten kann. Zähneklappernd steht Fritz Rotter am anderen Morgen vor dem examinierenden alten Staatsrechtler Loehning im Prüfungssaal des Naumburger Oberlandesgerichts. Aber der fragt nicht nach römischem Recht, sondern redet den Kandidaten an: ‚Nehmen Sie einmal an, Sie wären Theaterdirektor und ich kaufe an Ihrer Kasse einen Parkettplatz. Welches juristische Verhältnis entsteht da?‘ Da ist Fritz Rotter gleich im Bilde. Er besteht das Examen mit Prädikat. Hinterher fragt er den Professor, ob er denn gewusst habe, was für ein Theaterhase er sei? Dass er gerade diese Frage gegen ihn gezückt habe? Der Alte schüttelt den Kopf, die Frage sei reiner Zufall gewesen. Aber dieser Zufall ist ebenso schicksalsbestimmend wie einst das unerwartete Wohlwollen Otto Brahms.“25 Auch Alfred besteht.

      Wegen des Examens sind sie bis zum 1. Oktober 1914 vom Militärdienst befreit. Dann gewährt man ihnen einen weiteren Aufschub, weil sie sich entschließen, СКАЧАТЬ