Flusenflug. Peter Maria Löw
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Название: Flusenflug

Автор: Peter Maria Löw

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783955102395

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СКАЧАТЬ Jura studiert hatte, war er mir dort nie über den Weg gelaufen. Aber in Berlin war es dann so weit gewesen. Ich zog 1987 an den Savignyplatz, um meine erste Station beim Landgericht Tiergarten anzutreten, und Martin promovierte an der TU Berlin bei Prof. Dr. Karl-Georg Loritz am Lehrstuhl für Arbeitsrecht und finanzierte sich seinen Lebensunterhalt als Wissenschaftlicher Assistent. Auch dort war es ein Biergarten gewesen, der uns zueinander gebracht hatte. Und in den nächsten Tagen unseres Kennenlernens lag auch schon die erste kühne Vision unseres zukünftigen Lebens auf dem Tisch. Mir gelang es, Martin auszureden, dass Jura und die rein juristische Tätigkeit das einzig Wahre seien. Sicher, jetzt hatte man also den ganzen Schmarren studiert; sicher, als Rechtsanwalt war man selbständig und formal keinem Vorgesetzten ausgeliefert. Doch von dem, was man als reiner Dienstleister, der eigentlich nur seine Arbeitszeit verkauft, verdient, war noch keiner wirklich reich geworden. Und die Fiktion, sein eigener Herr zu sein, verblasste gegenüber der tatsächlichen Macht der Mandanten, die, je lukrativer, desto fordernder wurden. Ich kannte einige Anwälte, die wie Stiere am Nasenring durch die Arena gezogen wurden. Jura andererseits war ein perfekter Ausgangspunkt, um von dort mit einem weiteren, wirtschaftswissenschaftlichen Studium in der Tasche in Richtung Unternehmertum zu steuern. Das überzeugte wohl.

      So beschlossen wir, unsere Rechtsstudien zu einem guten Abschluss zu führen und jeweils auch als Juristen zu promovieren, denn eine solche Promotion wäre nicht nur der Nachweis eines weit überdurchschnittlichen Examens, sondern Einstiegsvoraussetzung bei den sogenannten wirtschaftlichen Eliten, die es, wie ich aber erst jetzt weiß, gar nicht gibt. Und das Ganze sollte dann mit einem MBA-Studiengang, natürlich nur an einer der besten der internationalen Eliteschulen, gekrönt werden. Nun hatten wir beide schon unsere Ersten Staatsexamina abgelegt, beide mit Prädikat und damit unter den top fünf Prozent aller Teilnehmer, aber alle anderen Zutaten zu unserem genialen Plan fehlten noch.

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      Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, und so trafen wir uns Jahre später 1991 an der renommierten Eliteuniversität INSEAD in Fontainebleau, am Jagdsitz der französischen Könige, wieder. Wir hatten beide unseren Weg gemacht, alle Vereinbarungen eingehalten. Martin beherrschte neben Englisch, Französisch und Italienisch eine Fremdsprache mehr als ich, nämlich Portugiesisch, und war insgesamt ein halbes Jahr schneller. Ich andererseits war mit einem abgeschlossenen Drittstudium und einem weiteren Doktortitel in Geschichte, also mit einem Dr. phil., vorgeprescht. Deuce, würde der Tennisprofi sagen.

      Ich entschied mich schließlich für die Unternehmensberatung. Mit McKinsey & Co. Inc. handelte ich, da ich mehrere Job-Offers hatte, alle möglichen Sonderkonditionen aus und startete am 6. Januar 1992 am deutschen Hauptquartier in Düsseldorf, als waschechter McKinsey-Associate.

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      Der guten Laune tat das alles keinerlei Abbruch. Das erste Bier hatte bereits kurz nach unserer Ankunft verführerisch auf dem Tisch gestanden. Die warme Luft kondensierte am eiskalten Steingut und zahlreiche Tröpfchen liefen schließlich in kleinen Bächlein vereint am Krug herab. Die Gespräche kreisten zunächst um private Themen. Martin war frisch verheiratet und Nachwuchs kündigte sich an. Ich, als Single, berichtete von dem ein oder anderen Abenteuer mit dem anderen Geschlecht. Wir scherzten über Bekannte und weniger Bekannte. Martin berichtete fröhlich von seinen Akquisitionen bei der IMM und wie spannend doch alles und wie zufrieden er vor allen Dingen sei. Ich erzählte von McKinsey, meinem Swarovski-Projekt in der großen weiten Welt und was wir dort schon alles erreichen konnten und wie zufrieden ich doch wirklich sei, und, und, und …

      Da kam das zweite Bier. »Eigentlich«, Martins Stimme klang mit einem Mal ganz fremd, »eigentlich wollten wir uns doch selbständig machen, nicht wahr?« Nachdenkliches Kopfnicken von mir. Es entspann sich eine Diskussion über Vor- und Nachteile des Angestelltendaseins. Klar, wir verdienten überdurchschnittlich gut, klar, wir hatten beide eine spannende Tätigkeit, aber wirklich frei? Ich erzählte von einem Vorgesetzten, der »dumm wie Bohnenstroh« sei und dem ich alles erklären müsse. Und wie nervig es sei, wenn er, nur um seine Autorität zu wahren, unsinnige Entscheidungen durchsetzte – par ordre du mufti. Martin erzählte, wie wenig er am Erfolg der IMM eigentlich beteiligt werde, obwohl er doch einen Hauptanteil daran leiste. Lob gebe es auch nur selten. So einigten wir uns erst einmal auf die Formel: Jammern auf hohem Niveau.

      Dann wurde es doch noch ein wenig ernster. Wenn wir noch länger auf diesen Angestelltenpositionen blieben und immer weiter befördert und mit weiteren Incentive-Paketen versorgt würden, dann würde es uns immer schwerer fallen, uns selbständig zu machen. Das Risiko des Verlustes einer sicheren und hochdotierten Stelle gegenüber der unsicheren Chance einer erfolgreichen Unternehmerschaft würde von Jahr zu Jahr steigen. Und irgendwann – mit Familie und Kindern – wäre ein Wechsel oder gar ein Neustart fast schon verantwortungslos. Und dann würden auch wir zu Angestelltentrotteln in Managementpositionen mutieren, die sich auf Kosten aller anderen im System nach oben boxen und ihren Charakter von Jahr zu Jahr mehr deformieren, bis sie nur mehr eingebildete Schatten ihrer selbst sind. Davon kannten wir einige.

      Das dritte Bier nahte und nahm uns wieder die Ernsthaftigkeit. Die ausgelassene Stimmung kehrte zurück. Nach dem ersten Prost sprang Martin völlig unerwartet auf und es platzte aus ihm heraus: »Dann machen wir es einfach jetzt!«

      Eine unheimliche Euphorie brach aus. »Genau, denen zeigen wir es. Was die können, können wir schon lange« und ähnliche geistvolle Sätze wechselten СКАЧАТЬ