Flusenflug. Peter Maria Löw
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Название: Flusenflug

Автор: Peter Maria Löw

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783955102395

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СКАЧАТЬ stellte sich übrigens bei mir in München ein junger Wiener vor, Franz Maurer. Er habe auf einer Guatemalaexpedition einen Stiwo Wirstle kennengelernt. Beide hätten sich zufällig bei »Fred dem Bankräuber«45, einem Pferdeverleih, getroffen und waren dann wohl zu Pferde zu irgendeinem Vulkan unterwegs gewesen. Stiwo habe ihm dann von unseren Firmen und unserem Firmenkonzept erzählt, und da habe er sich entschlossen, sich mit dem Empfehlungsschreiben von Stiwo in der Tasche, initiativ bei uns zu bewerben. Heute ist Franz Maurer einer meiner Partner und leitet die Akquisitionsabteilung. So kann es gehen.

      45Fred war übrigens wirklich Bankräuber, aber offensichtlich ein erfolgloser. Nachdem ein Banküberfall in Manchester gescheitert war, hatte er sich nach Guatemala abgesetzt und vermietete jetzt für »kleines Geld« Pferde.

       Das 11. Abenteuer Flusenflug

      Im Portfolio der Kolb & Schüle befand sich auch die über einhundertsechzig Jahre alte GG Langheinrich GmbH & Co. KG in Schlitz, die, von DM 60 Mio. Umsatz kommend, inzwischen bei rund DM 28 Mio. angelangt war. Die Gesellschaft war 1832 von Ernst Langheinrich als Leinenweberei geründet worden. 1997 war sie im Grunde ein vollstufiger Textilhersteller für Tisch- und Flachwäsche, ausgestattet mit über einhundert Webstühlen, die im Jacquard-Verfahren weiße Tuche produzierte. Die Firma war zu diesem Zeitpunkt bereits defizitär, jedoch musste der Vorstand von Kolb & Schüle damit rechnen, dass sich die Ertragssituation nochmals verschlechtern und im schlimmsten Falle den ganzen Konzern mit in den Abgrund reißen konnte. Wir trauten uns eine Sanierung der Geschäfte zu, ohne einen wirklichen Sanierungsplan in der Tasche zu haben. Wir einigten uns mit den Herren Holt und Mahler auf einen Kaufpreis von DM 700 000 und schon gehörten uns fünf Produktionsstätten mit ca. 200 Mitarbeitern verteilt auf über 10 000 m2 Betriebsfläche.

      Als wir uns beim alten Geschäftsführer als neue Gesellschafter vorstellten, wurde uns als erste Amtshandlung eine Mohrrübe vorgelegt. Diese sei vom Betriebsgärtner in dem Betriebsgarten eigens für die Geschäftsführung vorgesehen. Jeden Morgen würde die Geschäftsführung eine solche Mohrrübe um halb elf auf einem silbernen Tablett mit einer weißen Serviette serviert bekommen. Der arme Gärtner war der Erste, den wir entlassen mussten, obwohl er ja eigentlich gar nichts dafür konnte.

      Auch sonst strotzte die Gesellschaft vor personellen Überkapazitäten, was auf eine nicht sehr effiziente Geschäftsführung hinwies. Um die kritische Profitabilität der Gesellschaft und die anhaltend negativen Cashflows in kürzester Zeit zu stoppen, war eine umfassende Restrukturierung unausweichlich. Doch die Widerstände gegen jede Form der Modernisierung waren beträchtlich. Bereits am zweiten Tag ließ ich mir von dem Produktionsleiter die Abläufe in der Produktion erklären. Nachdem die Tuche auf den Jacquard-Webstühlen fertig gewebt waren, wurden sie, soweit sie gefärbt werden mussten, in die Lohnfärberei Winterthur in der Schweiz verbracht, ein der Tatsache geschuldeter Aufwand, dass unsere Textilfabrik, anders als alle unsere größeren Wettbewerber, keine eigene Färberei auf dem Betriebsgelände besaß. Das führte zu der misslichen Situation, dass fertig gewebtes Tuch in einem aufwändigen Transport nach Winterthur versandt werden musste, dort gefärbt wurde, um anschließend wieder per LKW zur Konfektion in die Fabrik zurückgebracht zu werden. Ein extrem zeitaufwändiges Verfahren, das nicht nur sechs Wochen lang zusätzlich Working Capital band, sondern auch bei Qualitätsmängeln in der Färberei zu einer Wiederholung des ganzen Prozesses führte, auch wenn die Lohnfärberei uns dann zumindest die Materialkosten ersetzen musste. Ich fragte also den Produktionsleiter, ob es denn nicht sinnvoller wäre, den Färbevorgang nach vorne zu verlagern, das heißt bereits vorgefärbte Garne in die Webstühle einzuspannen und dadurch den Transport zur Lohnfärberei vollends zu vermeiden.

      Der Erfolg dieser Maßnahme war unglaublich. Das Märchen vom Flusenflug erwies sich, jedenfalls dank meiner einfachen Folienbahnen als reines Luftgespinst. Keine Fluse landete jemals dort, wo sie nicht sollte. Die Qualität der Stoffe erhöhte sich dramatisch, denn bei einem stückgefärbten Stoff, also einem Stoff der erst nach dem Webvorgang gefärbt wird, kann die Farbe das Gewebe nicht perfekt und gleichmäßig durchdringen. Insbesondere an den Stellen, wo die Garne übereinanderliegen ist die Farbdurchdringung geringer. Beim Garnfärbeverfahren ist das Garn schon vor dem Webvorgang perfekt durchgefärbt, das heißt, auch das Gewebe nach dem Webvorgang ist bzw. bleibt perfekt gefärbt.