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Sie blieben dabei, dass die Juden nicht zwangsweise getauft, nicht verwundet oder beraubt werden, keine Veränderung ihrer guten Gewohnheiten erleiden sollten. Man solle sie, verordneten sie, bei ihren Festen nicht stören, ihre Begräbnisplätze nicht beschädigen. Es versteht sich, dass die Päpste von den Juden stets mit scharfer Abneigung als von den Feinden des christlichen Glaubens sprachen, aber das hinderte sie nicht, bei Verfolgungen sich nachdrücklich für sie einzusetzen, wie sie es auch nicht, sowenig wie alle anderen Kirchenfürsten, hinderte, sich in Geldgeschäfte mit ihnen einzulassen. Von Gregor VII., dem großen Gegner Heinrichs IV., ist behauptet worden, ohne dass es im Geringsten bewiesen werden könnte, er stamme von Juden ab; jedenfalls hat er sich von der jüdischen Familie Pierleone in Geldangelegenheiten beistehen lassen, derselben Familie, aus welcher der Papst Anaklet hervorging. Der Getaufte durfte Papst sein, ohne dass jemand daran Anstoß genommen hätte; nicht das Blut, nur der Glaube wurde bekämpft. Ebenso wie die Päpste und noch eindeutiger gaben die Hohenstaufenkaiser das Beispiel der Duldung. Friedrich I. erneuerte das Privileg Heinrichs IV. für die Juden in Worms, wodurch sie reichsunmittelbar wurden, und Friedrich II. dehnte es auf alle Juden im Reich aus; doch ist anzunehmen, dass schon sein Großvater es in diesem Sinne auffasste. Als der alte Kaiser den Kreuzzug beschloss, fürchteten die Juden, in Erinnerung an die früheren Kreuzzüge, Angriffe auf Freiheit und Leben; allein auf dem großen Reichstage zu Mainz, wo die Judenfrage besprochen wurde, trafen Friedrich I. und sein Sohn Heinrich, der spätere Kaiser, Anordnungen zu ihrem Schutze. Mit strengen Strafen wurden alle bedroht, die sich an einem Juden vergreifen sollten; wer einen verwunde, dem sollte die Hand abgehauen werden, wer einen umbringe, sollte umgebracht werden. In einem Privileg Friedrichs für die Regensburger Juden stehen die schönen Worte: »Es ist die Pflicht der kaiserlichen Majestät, vom Recht wird es gebilligt und von der Vernunft gefordert, dass sie jedem unserer Getreuen, nicht nur den Vertretern der christlichen Religion, sondern auch denen, die, von unserem Glauben abweichend, nach den von ihren Vätern überlieferten Gebräuchen leben, das, was ihnen zukommt, nach Maßgabe der Billigkeit erhalten, ihren Gewohnheiten Dauer, ihren Personen und Gütern Frieden gewähren.« Dem Vorwurf, der in dieser Zeit zuweilen gegen die Juden erhoben wurde, als töteten sie christliche Kinder, um sich ihres Blutes bei gewissen religiösen Riten zu bedienen, standen sowohl Päpste wie Kaiser misstrauisch gegenüber. Sie durchschauten den Vorwand blutgierigen oder leichtgläubigen Pöbels, und es ist bemerkenswert, dass der Papst sich nicht bewegen ließ, den kleinen Werner von Bacharach, der in dieser Weise ums Leben gekommen sein sollte, und dessen Gedächtnis eine in ihren Resten noch immer den Beschauer entzückende Kirche gewidmet wurde, heiligzusprechen. Friedrich II. ließ es sich nicht nehmen, einen Ritualmord, der in Fulda vorgekommen sein sollte, gründlich zu untersuchen. Der Leichnam des angeblich von Juden getöteten Kindes wurde nach Hagenau gebracht, wo der Kaiser sich eben aufhielt. Um die Frage grundsätzlich zu lösen, bat er die Könige Westeuropas, ihm getaufte Juden zu schicken, die des Gesetzes kundig wären, von denen er annahm, dass sie ihn ohne Vorurteil unterrichten würden. Sie wiesen auf die Vorschriften des Talmud hin, wonach den Juden sogar die Befleckung mit Tierblut verboten sei, und lehnten damit die Beschuldigung ab. Daraufhin sprachen die Reichsfürsten auf einem Reichstage zu Augsburg im Jahre 1236 die Juden von Fulda und andere Juden völlig frei; die Urkunde über das Urteil wurde den Juden zugestellt. Ein Jahrzehnt später erklärte Papst Innocenz IV. in einem Sendschreiben die Beschuldigung des Ritualmordes für verleumderisch, für einen Vorwand zu Gelderpressungen, und wies die deutschen Bischöfe an, ungerechte Behandlung der Juden nicht zu dulden. Der klare Äther, der das Hohenstaufentum umflammte, zehrte die Dünste, die sich im Schlamme niedriger, verwilderter Begierden bildeten, auf, sodass sie sich nicht verderbend ausbreiten konnten. Mit seinem Untergang erlosch auch diese Klarheit.
Die Juden und der Wucher
Im zweiten Buch Mosis heißt es: »Wenn du Geld leihst meinem Volke, das arm ist bei dir, sollst du ihm nicht zu Schaden bringen und keinen Wucher auf ihm treiben.« Und im dritten Buche: »Wenn dein Bruder verarmt und neben dir abnimmt, so sollst du ihn aufnehmen als einen Fremdling oder Gast, dass er lebe neben dir. Und sollst nicht Wucher von ihm nehmen noch Übersatz, sondern sollst dich vor deinem Gott fürchten, auf dass dein Bruder neben dir leben könne. Denn du sollst ihm dein Geld nicht auf Wucher tun noch deine Speise auf Übersatz.« Schließlich im fünften Buche Mosis: »Du sollst an deinem Bruder nicht wuchern, weder mit Geld noch mit Speise noch mit allem, damit man wuchern kann.« Mehr aber noch als auf die Stellen im mosaischen Gesetz beriefen sich die Päpste beim Zinsverbot auf den 15. Psalm, der auf die Frage: »Herr, wer wird wohnen in deiner Hütte, und wer wird bleiben auf deinem heiligen Berge?« im letzten Verse antwortet: »Wer sein Geld nicht auf Wucher gibt und nimmt nicht Geschenke über dem Unschuldigen.«
Man weiß, dass alle Völker auf früher Stufe, welche sich noch als eine einzige Familie betrachten, deren Glieder eins für das andere auf Tod und Leben einstehen müssen, den Zins verbieten. Was die Wucherverbote der Bibel auszeichnet gegenüber denen anderer Stämme und Völker ist die stete Beziehung auf die Erhabenheit Gottes, der seinem Volke die Liebe des Bruders als vornehmstes Gebot empfiehlt. Wie alle Lehren und Vorschriften des Buches der Bücher sind auch diese nicht aus der Erfahrung oder der Betrachtung des Nutzens, sondern aus einer übermenschlichen Quelle abgeleitet, die alle in den Zusammenhang einer übermenschlichen Idee bringt und ihnen das Gepräge der Ewigkeit und Allgültigkeit verleiht. Es war nur natürlich, dass die ersten Christengemeinden das Wucherverbot des Alten Testamentes übernahmen und dass sie es in ihrem kleinen Kreise und ihren einfachen Verhältnissen durchführen konnten. Man sah in dem Entlehner einen Bedürftigen, dessen Notlage der bessergestellte Leiher in unsittlicherweise ausgenützt hätte, wenn er sich etwas über die geliehene Summe oder die geliehenen Lebensmittel hinaus hätte zurückgeben lassen. Von derselben Voraussetzung gingen die Kirchenväter aus; wie die Kirche überhaupt den Schutz der Armen und Schwachen als ihren hauptsächlichen Beruf auffasste, so wollten sie sie auch in dieser Beziehung vor Ausbeutung bewahren. Als wissenschaftlichen Unterbau des biblischen Gebotes nahmen sie den Grundsatz an, den Aristoteles vertreten hatte, dass das Geld unfruchtbar sei. Als Karl der Große das Zinsverbot aus den Gesetzessammlungen der Päpste in seine Gesetze hinübernahm, waren die Verhältnisse im Reich noch einfach; doch wurden bereits
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