Else Ury: Die beliebtesten Kinderbücher, Romane, Erzählungen & Märchen (110 Titel in einem Band). Else Ury
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Else Ury: Die beliebtesten Kinderbücher, Romane, Erzählungen & Märchen (110 Titel in einem Band) - Else Ury страница 13

СКАЧАТЬ und die Puppe auf ihrem Stühlchen, in den Schlaf.

      Auch den nächsten ganzen Tag waren die zwei noch miteinander böse. Aber am dritten Morgen, als Gerda immer noch kein freundliches Gesicht machen wollte, nahm die kleine Mama sie auf den Schoß.

      »Hast du mir nichts zu sagen, Gerda?« fragte sie ihr Nesthäkchen ganz wie Mutti, wenn sie selbst unartig gewesen.

      Gerda schwieg verstockt. Sie wollte nicht abbitten.

      Aber da die Kleine selbst kein ganz reines Gewissen ihrem Puppenkinde gegenüber hatte, gab sie ihm trotzdem einen Versöhnungskuß, denn der Lysolgeruch war inzwischen verflogen.

      Gerda aber war eigensinnig, sie machte sich steif und wollte sich nicht küssen lassen.

      »Fräulein, ich weiß gar nicht, was ich mit dem ungezogenen Kinde anfangen soll, es ist so schrecklich bockig!« sagte die Puppenmutter ratlos und stellte Gerda in die Ecke.

      »Vielleicht ist sie krank«, begütigte Fräulein.

      »Krank – ja, das ist möglich, am Ende hat sie den Keuchhusten!« Gerda wurde wieder aus ihrer Sofaecke hervorgeholt, die kleine Doktortochter fühlte ihr den Puls und legte ihr Babys Puppenbadethermometer unter den linken Arm, um zu sehen, ob sie Fieber habe.

      »Fräulein, sie hat sechsundsiebzig Grad, das Kind hat schrecklich hohes Fieber, es muß sofort ins Bett!« Ehe Gerda wußte, wie ihr geschah, war sie ausgezogen und lag im Bett von Irenchen und Mariannchen, trotzdem sie sich ganz gesund fühlte. Das Unangenehmste aber war, daß Annemie ihr den triefenden Waschlappen als kalte Kompresse auf die Stirn legte.

      Ach, wäre sie doch bloß artig gewesen und hätte abgebeten!

      Annemie aber fand, daß Gerdas Fieber noch immer stieg, und als das Badethermometer neunundneunzig Grad anzeigte, da schickte das besorgte Mütterchen ihren Puppenjungen Kurt zu Doktor Puck.

      Der lag auf dem Sofa, auf dem er eigentlich gar nicht liegen durfte, und hielt sein Mittagsschläfchen. Aber er wollte nachher mit herankommen und nach der Kleinen sehen.

      Nein, was bekam Gerda für einen Heidenschreck, als sich plötzlich die Mullgardine des Himmelbettes zurückschob, und das weißbärtige Gesicht des Doktor Puck erschien.

      »Ich bin ja gar nicht krank, ich bin ja ganz gesund«, rief sie, aber keiner hörte auf sie.

      Doktor Puck legte ihr seine kalte Pfote auf die Stirn, sah sie aufmerksam an und sagte dann achselzuckend: »Wauwau.« Das hieß auf deutsch: »Ja, ich weiß auch nicht, was Ihrer Kleinen fehlt.«

      Da beschloß Annemie, einen ganz berühmten Doktor zu Rate zu ziehen, damit Gerdachen nur nicht sterben mußte.

      Es war nach der Sprechstunde, und die Patienten schon alle wieder gegangen. Da klopfte es bescheiden an die Tür von Doktor Brauns Sprechzimmer.

      Der Arzt erhob sich und öffnete die Tür zum Warteraum. Hatte er etwa einen Patienten vergessen?

      Vor ihm stand eine kleine Dame mit einem Mantel, der eine lange Schleppe hatte. Auf dem Kopf hatte sie einen schönen Federhut, der Doktor Braun sehr bekannt vorkam, und unter welchem zwei winzige Rattenschwänzchen hervorlugten. Im Arm aber hielt sie etwas Längliches, in ein großes Tuch geschlagen.

      »Guten Tag, Herr Doktor, mein Kind ist so krank!« sagte die kleine Dame mit verstellter Stimme und machte ein bekümmertes Gesicht.

      »Oh, das tut mir aber leid, treten Sie näher, gnädige Frau, bitte, setzen Sie sich«, damit wies Doktor Braun auf den Patientenstuhl.

      Selig nahm Annemie, denn sie war die kleine Dame mit Muttis schönem Federhut, Platz.

      »Zeigen Sie die Kleine mal her, gnädige Frau«, gebot der Arzt.

      Das große Tuch wurde auseinandergeschlagen, und Gerda kam zum Vorschein.

      »Na, mein Herzchen, was fehlt dir denn?« fragte der Herr Doktor sie freundlich, daß Gerda sich lange nicht so vor ihm fürchtete wie vor dem Doktor Puck.

      »Ich glaube, das Kind hat den Keuchhusten«, sagte die kleine Mama an ihrer Stelle.

      »Hustet sie denn sehr?«

      »Nein, gar nicht, aber sie hat neunundneunzig Grad Fieber.«

      »Na, dann werde ich Ihr Töchterchen mal schnell wieder gesund machen, gnädige Frau«, sagte der berühmte Arzt.

      Er zog sein schwarzes Hörrohr vor, setzte es Puppe Gerda auf die Brust und legte sein Ohr an die andere Seite des Hörrohrs. Dann beklopfte er sie noch, während Annemie stolz dachte: »Vater untersucht viel feiner als Puck!« Darauf sagte der Herr Doktor beruhigend: »Die Kleine scheint sich nur erkältet zu haben.«

      »Nicht mal Keuchhusten?« Die Mutter schien damit nicht recht zufrieden.

      »Nein, sie hat nur etwas Drüsen, ich werde ihr einen Verband machen, dann ist sie morgen wieder ganz gesund.« Doktor Braun holte Verbandzeug und machte Puppe Gerda einen so schönen Verband, daß sie den Kopf nicht mehr bewegen konnte.

      Mit andächtigen Augen sah ihre kleine Mama zu. Sie beneidete ihr Kind sogar ein bißchen um den feinen, richtigen Verband.

      »So, gnädige Frau, nun ist die Kleine fertig.«

      Aber die »gnädige Frau« erhob sich noch nicht, sie sah den Arzt mit bettelnden Augen an.

      »Wünschen Sie noch etwas, gnädige Frau?«

      »Ich möchte so schrecklich gern auch solch seinen Verband haben«, kam es mit einem sehnsüchtigen Seufzer von den Lippen der kleinen Dame.

      »Sie – gnädige Frau,« der berühmte Arzt sah mit einem Male merkwürdig lustig drein, »aber Sie sind doch ganz gesund. Oder fehlt Ihnen irgend etwas?«

      »Ich – meine beiden Däume tun mir so weh, das kann am Ende Lungenentzündung werden«, meinte die kleine Dame besorgt. Dabei wies sie dem Herrn Doktor ihre Däumchen, die zwar etwas schwärzlich, aber durchaus heil waren.

      »Ich werde Ihnen ein Rezept verschreiben, gnädige Frau, nehmen Sie tüchtig Waschungen mit Seife vor«, verordnete der Arzt.

      Aber damit war Annemie nicht einverstanden. Sie wollte ihren Verband haben, was war sie denn schlechter als Gerda!

      Die »gnädige Frau« sagte sehr wenig freundlich »adieu, Herr Doktor«, und vergaß sogar zu danken.

      Aber die Tür hatte sich noch nicht lange hinter der Patientin geschlossen, da vernahm Doktor Braun ein durchdringendes Geschrei.

      Erschreckt eilte er hinterdrein.

      Da stand im Wohnzimmer die kleine Dame mit dem schönen Federhut, in der rechten Hand hielt sie eine Schere, während sie die linke mit jämmerlichem Geschrei ihm entgegenstreckte. »Au – au – es blutet!« und gleich darauf, unter Schmerzen lächelnd: »Nun muß ich doch einen Verband haben!«

      »Du dumme, kleine Lotte!« sagte Doktor Braun und vergaß allen Respekt. »Wie kommst du denn zu der Schere, du sollst doch keine anfassen!«

      »Ach, ich wollte doch so furchtbar gern СКАЧАТЬ