Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe - Levin Schücking страница 59

Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

isbn:

СКАЧАТЬ und gibt ihr einen derben Stoß, das Bachufer herunter.

      »In demselben Augenblick aber läßt sich ein wundersames Gekreische aus dem Innern der Tonne hören und gleich darauf zetert und schreit es auch aus der zweiten Tonne heraus – ganz kläglich und erbärmlich. Ich springe der Tonne nach und halte sie an, noch ehe sie ins Wasser geplumpst ist, und der Pater Kellner sagt ganz stille lächelnd: Ei, ei, es will mich bedünken, als ob aliquid vivum in den Tonnen stäke. Unser hochwürdiger Vater und Abt hat vielleicht ein Wunder getan und in seinen leeren Fässern ein Paar Schutzengelchen verspunnt, daß sie sie ihm hüten!

      »Und dabei schlägt er mit der Faust den obern Deckel der Tonnen ein, der nur ganz lose eingesetzt war, und heraussteigen mit blutrotem Gesicht und wütenden Mienen die beiden verspunnten Schutzengel des Abts.

      »Richtig, so ist es! sagt der Pater Kellner ganz ruhig. Daß aber die andern Konventsherren auch nicht weit waren, könnt ihr euch denken, und wie sie herbeistürzten und welchen Skandal es gab!«

      Spielberend lachte, auch der Deserteur ließ ein Lächeln über seine ernsten Züge gleiten.

      »War es dazumal, daß ihr beiden aus dem Kloster weggejagt wurdet?« fragte der Spielmann dann.

      »O noch lange nicht,« versetzte der Lügenschuster. »Wir sind noch lange dageblieben und haben noch lange in der Klosterschule gelernt, bis wir endlich eben zuviel wußten und um die Ecke gebracht wurden. Nicht wahr, Fettzünsler, wir haben noch mehr erfahren?« setzte er lachend hinzu.

      Claus Fettzünsler bestätigte des Lügenschusters Versicherung mit einem wiederholten lebhaften Kopfnicken, und während er an seinen Töpfen tätig blieb, ließ er allerlei einzelne Worte fallen, welche ebensoviele Andeutungen an alte gemeinsam erlebte Geschichten waren und jedesmal den Schuster hell auflachen machten. Weniger anziehend war diese hieroglyphische Art der Unterhaltung für den Spielmann und den Deserteur, welcher letztere namentlich es bedeutend vorgezogen haben würde, wenn das Gespräch eine Wendung genommen hätte, die ihm erlaubte, sich über den Ort, wo er sich befand und über die Verhältnisse der jungen Dame zu unterrichten, welche seine Helferin geworden.

      »Und seit Euch um all der Späße wegen, davon Ihr redet, die Mönche weggeschickt haben,« sagte er endlich zu dem Schuster gewendet, »seid Ihr hier in diesem alten Kastell Hofschuster geworden?«

      »So etwas,« antwortete Matthis. »Ich komme alle Vierteljahr einmal, um zu sehen, was bei Freund Claus neu zu besohlen ist.«

      »Ihr wandert also aufs Handwerk?«

      »Nach Landesbrauch.«

      »Und wenn das der Matthis nicht könnte, wie hielt er’s dann aus,« fiel der Spielmann ein, »wenn er nicht seine Geschichten von Haus zu Haus tragen könnte, so wüßte er ja nicht zu bleiben damit!«

      »Weiß er denn, wenn er solch ein Geschichtenerzähler ist, nicht auch eine Geschichte von diesem Hause hier?« fragte Johannes. »Es sieht wohl danach aus, als ob etwas drin vorgefallen sein könnte!«

      »Es ist auch schon mancherlei drin vorgefallen,« versetzte der Schuster, »aber das gehört in Spielberends Fach mehr als in meins. Ich habe die lustigen Geschichten lieber, und er die, wobei’s einem die Gänsehaut zusammenzieht.«

      »Und solche Geschichten sind hier vorgefallen?«

      »Er lügt wieder, der Schuster,« versetzte der Spielmann, »er lügt eben alles, was er sagt. Er hat noch von der Pfalzgrafenzeit her ein Privilegium darauf.«

      »Wem aber gehört es denn, das alte Kastell hier, und weshalb ist’s so verfallen und verlassen?« fuhr der Deserteur fort.

      »Ja, wem gehört’s! Claus Fettzünsler, weißt du’s?«

      Claus Fettzünsler schüttelte den Kopf.

      »Den Herren Franzosen wird’s wohl gehören,« sagte er, »denen gehört ja jetzt alles, was sie gebrauchen können.«

      »Soviel ist wenigstens gewiß, wenn’s denen nicht gehörte, so würde es dem Herrn Ritterhausen oder der Mamsell Sibylle gehören,« sagte der Schuster, »Sie sollen gewaltig darüber ausgewesen sein, es zu kaufen, als der alte Herr von Huckarde den Hals gebrochen hatte und sein Sohn so plötzlich verschwunden war.«

      »Den Hals gebrochen – plötzlich verschwunden,« fiel der Deserteur ein, »könnt Ihr denn nicht erzählen, wie das zugegangen ist? Mir deucht, es ist ebenso unterhaltend, wie Eure alten Klostergeschichten.«

      »Wie es zugegangen ist – ja, Kamerad, um das zu erzählen, müßte man’s eben wissen,« sagte Fettzünsler.

      »Und wißt Ihr’s auch nicht?« wandte sich Johannes an den Spielmann.

      »Was ich davon weiß, will ich Euch sagen,« antwortete dieser. »Seht, es war ein alter Herr von Huckarde hier im Lande, der hatte hübsche Güter gehabt, und es waren immer angesehene, vornehme Leute gewesen, die Huckarde. Aber sie hatten wohl in alten Zeiten, schon zu Kurfürst Johann Wilhelms Tagen, immer mehr Geld gebraucht, als sie einnahmen, und waren auf diese Art in ihrem Wesen zurückgekommen. Unser Herr von Huckarde hatte dazu auch schlechte Zeiten erlebt, viel Mißwachs und Hagelschlag auf seinen Feldern und eine kränkliche Frau, die sich der Wirtschaft nicht annehmen konnte, und so war er immer tiefer hineingeraten und hatte endlich alle seine andern Güter verkauft, um herauszukommen, und nur die Rheider Burg, wo seine Voreltern seit undenklichen Jahren darauf gesessen, die hatte er behalten. Da wohnte er nun still und ruhig, wie er denn ein in sich gekehrter Mann war, der von Welt und Menschen nicht viel hielt und zufrieden war, wenn man ihn in Frieden ließ. Seine Frau starb hier in der Burg, und er war nun ganz allein mit seinem einzigen Sohne Robert, der ein wilder, kecker Junge war und ihm viel Geld kostete, solange er ihn auf Schulen und auf Reisen draußen hatte. Das ging aber nicht lange so fort! der Robert mußte heimkehren und schlug nun unserm Herrgott die liebe Zeit tot, hier bei dem Alten auf der Burg.

      »Nun liegt dort unten am Wasser der Hammer, den Ihr wohl gesehen habt, der Rheider Hammer, der dem Herrn Ritterhausen gehört, und der Hammer ist gebaut auf Grund und Boden der Burg, in alten Zeiten schon. Der Hammer mußte auch alljährlich an den Herrn von Huckarde einen Kanon zahlen oder Grundgeld, wie man auch sagt, zehn Taler bergisch Geld.

      »Als nun der Ritterhausen einmal hier oben bei dem alten Herrn ist, um seinen Kanon zu bezahlen, sagt ihm der von Huckarde: Mein lieber Ritterhausen, wie werden wir es nun halten, wenn die Hammerbesitzung, die Sie von uns in Erbpacht haben, mit Ablauf der nächsten Jahre pachtlos wird und an mich zurückfällt?

      »Pachtlos wird? Zurückfällt? antwortet Ritterhausen verwundert. Sie irren sich, Herr von Huckarde, der Hammer ist mein und hat seit undenklichen Jahren meiner Familie gehört. Aber weil er in Olims Zeiten auf herrschaftlichem Grund und Boden erbaut ist, so zahlt er ein Grundgeld an die Burg, das ist alles.

      »Der alte Herr aber schüttelt den Kopf und sagt: Nicht also, mein lieber Nachbar, ich kann Ihnen aus meinen Papieren beweisen, daß vor nunmehr beinahe hundert Jahren der Hammer den Ritterhausen in Pacht auf hundert Jahre gegeben ist. Ist die Zeit abgelaufen, so trete ich wieder in meine vollen Eigentumsrechte ein. Es versteht sich, daß ich Ihnen nicht die Besitzung zu entziehen gedenke, wir werden uns schon einigen darüber. Nur gedenke ich eine Pacht auf kurze Zeit eintreten zu lassen, und zehn Taler bergisch sind heutzutage kein billiger Satz für eine solche Besitzung mehr; dem werden Sie nicht widersprechen.

      »Ueber diese Worte des Herrn aber wird mein Ritterhausen ganz rot vor Zorn im Gesicht und wehrt sich aus Leibeskräften dawider, daß sein Haus und Hof und Hammerwerk nicht sein eigen sein СКАЧАТЬ