Gesammelte Werke. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ricarda Huch страница 128

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 4064066388829

isbn:

СКАЧАТЬ den nächsten Freunden Luthers gehörte der Maler Lukas Cranach und seine Frau; fast alle diese Beziehungen erhielten sich in gleicher Wärme und Vertrautheit durch Luthers ganzes Leben.

      An Spalatin schickte Luther im Jahre 1516 ein Büchlein, das er entdeckt hatte, und schrieb dazu: »Wenn es dich freut, eine reine, gründliche, der alten ganz ähnliche Theologie in deutscher Sprache zu lesen, so magst du dir die Predigten des Johannes Tauler vom Predigerorden verschaffen, aus dessen Ganzem ich dir hiermit etwas wie einen Auszug übersende. Denn ich habe weder in lateinischer noch in unserer Sprache eine heilsamere und mit dem Evangelium mehr übereinstimmende Theologie gesehen.« Das Buch, von dem Luther damals ein Fragment gefunden hatte, das er in Wittenberg drucken ließ und das bald darauf nochmals unter dem Titel »Theologia Teutsch« erschien, ist nicht von Tauler, sondern von einem Deutschherren aus dem Frankfurter Ordenshause, man weiß nicht wann, verfaßt. Es enthält Gedankengänge, die Luther durch Staupitz bereits vertraut geworden waren und in so glücklicher Weise auf ihn gewirkt hatten. Liest man jetzt das schlicht und warm geschriebene Buch, so staunt man immer wieder, wie sehr es sich durchweg mit den Schriften Luthers berührt. Man findet sich hier an einer der Quellen, aus denen er geschöpft hat, so tief, daß Tropfen dieses Weines bis zum Ende in seinem Becher sichtbar blieben. Das ist selbstverständlich, da ja auch Staupitz, dessen religiöse Einstellung ihn so entscheidend berührt hatte, die Schriften der Mystiker in sich aufgenommen hatte. Die Fragen, mit denen Luther während seiner ersten Klosterjahre so qualvoll gerungen hatte, wie der Mensch zu Gott komme, wurden in diesem Büchlein an Hand der Heiligen Schrift eingehend behandelt, so als ob eine leichte Hand bisher Verworrenes mit einem Male zu einfacher Klarheit löste. Es ist ganz frei von Dogmatik, es spricht vom Menschen, wie jeder ihn in sich erleben kann, und von Gott, wie er sich in der Heiligen Schrift offenbart hat. Das was den Menschen von Gott trennt ist die Sünde, die auch Teufel oder der alte Adam oder die falsche Natur genannt wird, und sie besteht in Ichheit oder Selbstheit. Solange der Mensch der Selbstsucht verhaftet ist, befindet er sich in der Hölle, je mehr er sich von der Selbstsucht löst und liebend wird, nähert er sich dem Himmelreich. Von der Selbstheit wird der Wille, dessen Art edel und frei ist, geknechtet; aus den Banden der Selbstsucht gelöst, wird er wieder frei. Die Befreiung geschieht nur durch Gnade, Werke können sie nicht erzwingen. Dies sind die Grundgedanken, wie die ›Brüder vom gemeinsamen Leben‹ sie aus der Mystik aufgenommen hatten und die nie ganz vergessen waren. Dieser Strom innerlicher Frömmigkeit, der durch die mittelalterliche Kirche rauschte, gehörte unbestritten zu ihr; Luther freute sich deshalb des Fundes, ohne einen Widerspruch zur Kirche zu fühlen, wohl aber zu einer großen Anzahl von Geistlichen und ihren Auffassungen von der Theologie. Wenn er verschollene mystische Schriften ans Licht zog, verschüttetes Gold, das einst weithin geglänzt hatte, so glaubte er als getreuer Sohn der Kirche zu handeln.

      Im selben Jahre, als Luther die Theologia Teutsch veröffentlichte, gab Erasmus das Neue Testament griechisch heraus, damit seinerseits eine verschüttete Quelle eröffnend. Luther, der anfing das Griechische zu lernen, war tief erschüttert, als er entdeckte, daß an Stelle des lateinischen Wortes poenitentia im Urtext, μετάνοια also Umwandlung, Wiedergeburt stand, ein Beweis, daß nicht irgendein gutes Werk, sondern Sinnesänderung das sei, was Gott vom Menschen verlange, zugleich das, was nur Gott geben könne. Als einem Lehrer der Universität lag es ihm nah, Schutt wegzuräumen, und zwar zunächst den, der ihn am meisten ärgerte, weil er ihm gerade an der Universität auf Schritt und Tritt begegnete, die aristotelische Wissenschaft, wie sie im allgemeinen gelehrt wurde. Sie hatte aus dem Glauben eine Reihe von Begriffen gemacht, in deren Besitz man sich durch Erlernen der Logik setzte und mit denen man mittels der Dialektik haarspalterisch hantierte. Sie nahm den Menschen als gut und seinen Willen als frei an, zerstörte also das Fundament, auf welchem Luther im Anschluß an Paulus und Augustin seine Auffassung in dem Verhältnis zwischen Gott und Menschen aufbaute. Entschlossen unternahm er im Jahre 1517 den Feldzug gegen die geheiligte Größe. Wenn er Kandidaten zum Magisterexamen vorzubereiten hatte, ließ er sie gegen Aristoteles disputieren. Franz Günther von Nordhausen war der Student, bei dessen Promotion er die Disputation contra scholasticam theologiam veranstaltete. Die Jugend hatte er für sich, sie stimmte gern in den humanistischen Kriegsruf Ad fontes, zurück zu den Quellen, ein. Die Kollegen zögerten anfangs, bald aber schlossen sich Nikolaus von Amsdorff und Karlstadt begeistert ihm an. An dem schwer gerüsteten Gegner Scholastik stählte sich Luthers kämpferische Anlage. Es dauerte nicht lange, so erfüllte das Kämpfen ihn mit Lust, wurde er zuversichtlicher und rücksichtsloser. Während er noch dabei war, seinen Ansturm gegen den toten Riesen auf andere Universitäten auszudehnen, trat ein Lebendiger auf, dem entgegenzutreten er sich verpflichtet fühlte, der Ablaßprediger Tetzel.

       Inhaltsverzeichnis

      Im Frühjahr 1517 feierte das Papsttum einen Triumph. Trotzdem Pius II. alle mit dem Bann bedroht hatte, die vom Papst an ein Konzil appellieren würden, gab es immer noch Konziliare, die im Gegensatz zu den Kurialen dafür hielten, daß das Konzil über dem Papst stehe, und die die periodische Abhaltung von Konzilien verlangten, wie die berühmte Versammlung in Konstanz es vor 100 Jahren festgesetzt hatte. Im Jahre 1482 schlug ein kühner Mann, Andreas, Bischof von Crain in Epirus, Einladungen zu einem Konzil an die Kirchentüren von Basel: er wurde gefangengenommen und starb im Kerker. Einige Jahrzehnte später schien die politische Lage dem konziliaren Gedanken günstig zu sein: Kaiser Maximilian, den ein Bündnis des Papstes Julius II. mit Venedig erbitterte, beschloß im Verein mit Frankreich ein Reformkonzil zu berufen. Fünf Kardinäle fanden sich in Pisa ein, unter denen der Spanier Carvajal der angesehenste war. Auf keine Weise konnte man den Papst mehr beunruhigen; aber Julius II. rettete sich aus der peinlichen Lage, indem er selbst ein Konzil in den Lateran berief, dadurch den Gegnern die Waffe aus der Hand windend. Es war im Jahre 1512. Bald mußten die in Pisa Versammelten sich nach Mailand flüchten, wo die französischen Waffen sie schützten, aber nur für eine Weile. Sowohl Frankreich wie Maximilian gaben ihr eigenmächtiges Konzil preis und erklärten, ebenso England, dem Laterankonzil Gehorsam. Beschicken taten sie es nicht, und so kam es, daß im Lateran fast nur Italiener saßen, die dem Papst unbedingt ergeben waren. Sie erklärten ihn für den Arzt, Hirten, Regenten und Bildner der Christenheit, stellten die Oberhoheit des Papstes über die Konzilien fest, ja sie bekräftigten und erneuerten die berüchtigte Bulle Unam sanctam, die Papst Bonifacius VIII. im Jahre 1302 erlassen hatte. Darin war zum Dogma erhoben worden, daß der Papst beide Schwerter, das geistliche und das weltliche, führe, daß der Papst von niemandem außer von Gott könne gerichtet werden, daß die päpstliche Macht göttlich sei und wer sich ihr widersetze der göttlichen Ordnung widerstehe; denn aller menschlichen Kreatur sei zu ihrem Seelenheil notwendig, daß sie dem römischen Papst Gehorsam leiste. Als am 16. März 1517 das Laterankonzil geschlossen wurde, zelebrierte Kardinal Carvajal, der das Haupt des Pisaner Konzils gewesen war, die Messe. Leo X., der im Laufe des Konzils auf den päpstlichen Stuhl erhoben war, konnte unbesorgt vor künftigen Kirchenversammlungen sich als Herrn der Christenheit fühlen.

      Um sich auch als Reformkonzil zu betätigen, hatte der Lateran einige Verordnungen zur Besserung des Klerus erlassen; von den wohlbekannten Gravamina der deutschen Nation war nicht die Rede gewesen. In diesen bezog sich ein Punkt auf die Palliengelder, und daß die Kurie sie noch über die ausbedungene Höhe zu steigern pflege. Palliengeld nannte man die Abgabe, die ein neugewählter Bischof beim Antritt seines Amtes dem Heiligen Stuhl zu zahlen hatte, wofür er das Pallium, eine vom Papst geweihte Wollbinde, das Abzeichen der Bischofswürde, erhielt, deren geringen Wert man spöttisch mit dem hohen Kaufpreis verglich. Die Summe mußte von den Untertanen des Bischofs aufgebracht werden. Das war besonders drückend, wenn, was nicht selten vorkam, mehrere Bischöfe rasch aufeinander folgten. Im Anfang des 16. Jahrhunderts war es im Erzbistum Mainz der Fall. Auf Berthold von Henneberg folgte im Jahre 1504 Jakob von Liebenstein und nach dessen frühem Tode Ulrich von Gemmingen, der 1513 starb; Albrecht von Brandenburg, der Bruder des Kurfürsten, wurde sein Nachfolger. Zweimal hintereinander mußte die sehr große Summe von 20 000 Gulden ersteuert werden, wozu noch kam, daß Albrecht, pracht- und kunstliebend, seine Person viel brauchte und daß er außerdem die Erlaubnis, mehrere СКАЧАТЬ