Reboot. Robert Jacobi
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Название: Reboot

Автор: Robert Jacobi

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783867746847

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СКАЧАТЬ und Freund erfahren, hängt voll und ganz von unserer Sicht der Wirklichkeit ab – abhängig von unserer Beziehung zu uns selbst.«

      Wie groß könnten die Verluste sein, die durch die Krise entstehen? Welches Szenario ist für unsere Firma realistisch, für das ganze Land, für die Welt? Expertenrunden in Talkshows überschlagen sich mit Prognosen, suchen nach Erklärungen, widersprechen sich in ihren Empfehlungen. Die Börsenkurse brechen schneller ein, als der Ticker es melden kann. »Wir haben nichts zu verlieren«, schreibt Chödrön, »als die bis in unsere Zellkerne reichende Programmierung, dass wir viel zu verlieren haben.« Sich anzufreunden »mit dem gegenwärtigen Moment, mit der Hoffnungslosigkeit, mit dem Tod, mit der Tatsache, dass Dinge enden, dass sie vorbeigehen, dass sie keine dauerhafte Substanz besitzen, dass sich alles ständig wandelt – das ist die grundlegende Botschaft.« Auch und erst recht in Zeiten von Corona.

      Leichter gesagt als getan. Vor allem, wenn die Krise so plötzlich zuschlägt. Geschah es wirklich so unerwartet?

      Gehen wir zurück in das Jahr vor Corona. Die Angst vor einer Rezession greift um sich. Nicht jeder Studienabgänger findet sofort einen Job. Ein Handelsstreit, angezettelt vom populistischen US-Präsidenten, gefährdet die Ausfuhren in andere Länder. Unternehmen beginnen, ihre Ausgaben für Forschung und Innovationen zu senken. Die Modernisierung von Strukturen und Technik, längst überfällig, steht auf einmal unter Kostenvorbehalt. Die Regierung in Berlin wirkt teils orientierungslos, immer mehr Wähler unterstützen Alternativen, die unsere gesellschaftliche Ordnung infrage stellen.

      Der Modernisierungsdruck im Land ist enorm. Nach wie vor vermögen Behörden es nicht, ihre Dienstleistung weitgehend digital anzubieten. Persönliches Bürgererscheinen ist immer noch die Regel und nicht die Ausnahme. Gleiches gilt zum Beispiel für die Universitäten: Hörsäle platzen zwar aus fast allen Nähten, dennoch schien – vor Corona – ein Studium ohne Präsenzpflicht undenkbar. Und wer auf dem Land lebt und einen Onlineshop aufsetzen will, der muss möglicherweise umziehen, weil die Datenverbindung nicht ausreicht.

      Tagesschau, im November 2019: im Bildhintergrund wieder einmal das Motiv eines voll beladenen Containerschiffs – vermeldet wird das neue Gutachten der fünf Wirtschaftsweisen: Von »gedämpfteren Tönen« im Bericht spricht der Reporter, und von der enthaltenen Botschaft, dass der Aufschwung langsam zu Ende gehe. Der dicke Bericht in blauem Einband trägt den Titel »Strukturwandel meistern«. Klingt gut. Die Infrastruktur des Landes, das ein dringender Hinweis, müsse digitalisiert werden. Wachstum sei im neuen Jahr möglich, aber maximal um ein knappes Prozent, und auch das nur wegen des »Kalendereffekts«, durch den es überdurchschnittlich viele Arbeitstage gibt. Keine rote Karte, aber eine klare Warnung. Der Sachverständigenrat kritisiert, dass die Regierung alte Strukturen bewahrt und Innovationen in der Industrie nicht stärker gefördert habe. »Ich darf Ihnen sagen, dass wir vielleicht nicht immer alles genau so machen, wie Sie es uns vorschlagen, aber dass Sie uns doch sehr inspirieren, und Sie finden viele Gedanken auch in dem, was wir getan haben, wieder«, lautet die humorvolle Reaktion der Bundeskanzlerin. Die Experten schränken auch gleich ein: Von einer tiefgreifenden Rezession sei nicht auszugehen, ein Konjunkturprogramm nicht nötig.

      Am Abend jenes Tages, an dem die Wirtschaftsweisen ihren Bericht vorlegen, sitze ich in einem der wenigen Restaurants in München, die ein postmodern-urbanes Gefühl vermitteln, wie sonst in Soho oder Berlin-Mitte. Kahle Wände, dicke Rohre an der Decke, Lampen im Industrieschick, eine offene Küche, Biowein. Die Betreiber haben ein Umspannwerk umgebaut. Mir gegenüber sitzt ein guter Bekannter, der in der Digitalabteilung eines Münchner DAX-Unternehmens arbeitet. »Die guten Zeiten sind bei uns definitiv vorbei«, sagt er.

      »Die Leute fühlen sich noch sicher. Auch meine Kollegen. Jeder denkt, er hat einen Job für die Ewigkeit. Aber wenn ich unsere Zahlen genau anschaue, bin ich mir da nicht sicher«, führt er aus. Das Problem seien die Auslandsmärkte, die zwar den meisten Umsatz beisteuern, aber immer unberechenbarer werden. Dazu der eigene Unwille, sich zu verändern. Schon vor Jahren habe sein Team intern vorhergesagt, was jetzt geschieht: Die Bedürfnisse der Kunden ändern sich, die Produkte seien nicht mehr innovativ, der Stolz auf das eigene Schaffen sei gesunken, die Motivation auch, und das genau in einer Phase, in der Ideen dringend gebraucht würden.

      Digitalisierung ist fast schon Unwort auf manchen Konzernetagen. Transformation erst recht. Es werde schon so lange darüber geredet, ohne dass sich etwas getan hätte. Die Versprechungen waren groß, doch der Umsatz kommt zum größten Teil immer noch aus dem klassischen Geschäft. Die Maßzahl, deren Veränderung die Aktionäre interessiert, sind der Gewinn pro Aktie und die Dividende. Der Indikator für langfristiges Denken und Handeln ist noch nicht erfunden.

      Auf dem Heimweg durch die nächtliche Stadt frage ich mich: Was genau läuft schief? Zu wenig Wachstum? Veraltete Strukturen? Oder geht es längst um ganz andere Krisen? Die Krise der Demokratie? Die Krise des Sozialstaats? Die Krise der Globalisierung? Die Krise der Umwelt? Ist es eine Kombination dieser Faktoren, die sich in der Stimmung bemerkbar macht, die zu kippen droht? Das System hat sich verlangsamt, nicht weil die Festplatte schon СКАЧАТЬ