Название: Monsieur Violet's Reisen und Abenteuer in Californien, Sonora und dem Westen von Texas
Автор: Фредерик Марриет
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788711447680
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Einige unter den Indianern erhalten durch ihre Tugenden und ihre regelwässige Lebensweise das Privilegium, sich unmittelbar an den Schöpfer zu wenden, und werden dann in den Bund eingeführt, an dessen Spitze die Ceremonienmeister und die Vorsteher der geheiligten Hütten stehen, welche Novizen aufnehmen und Würden ertheilen können. Ihr Ritus ist geheim, und nur die Mitglieder können Zugang finden. Diese Priester sind, wie vordem die der Isis und Osiris, sehr gelehrt und besitzen erstaunliche Kenntnisse von der Naturgeschichte; desgleichen verstehen sie sich gut auf Astronomie und Botanik, bewahren die Ueberlieferungen und grossen Ereignisse der Stämme auf und bedienen sich gewisser Hieroglyphen, die sie in die geheiligten Hütten malen — eine Zeichenschrift, welche ausser den Angehörigen ihrer Kaste Niemand zu entziffern vermag. Die Wenigen, welche auf ihren Wanderungen von einer Schlange „geträumt“ und sie zu ihrem „Geiste“ gemacht haben, werden unabänderlich „Aerzte“. Die Indianer fürchten dieses Gewürm und bringen es mit dem bösen Geiste in Verbindung, obgleich es in den westlichen Thälern, mit Ausnahme der Gebirge an dem Columbia-Flusse, wo man auf eine Menge Klapperschlangen trifft, keine giftigen Arten gibt. Als „Kishe Manito“ (der gute Gott), in der Gestalt eines Büffels auf die Erde kam, um die Leiden der rothen Menschen zu erleichtern, wurde er von dem bösen Geiste, „Kinebec“ (Schlange) bekämpft. Dieser Theil ihres Glaubensbekenntnisses ist fast ausschliesslich im Stande, den Braminenursprung zu beweisen.
Der „Arzt“ flösst den Indianern Ehrfurcht und Schrecken ein; er ist zwar geachtet, hat aber weder Freunde, noch Weiber oder Kinder. Er verkehrt mit dem bösen Geiste, ist der Mann der dunkeln Thaten, holt seine Kenntnisse von der Erde und aus den Felsklüften, weiss Gifte zu mischen, und ist der einzige, der den „Anim Teki“ (Donner), nicht fürchtet. Mit seinen Zauberformeln kann er Krankheiten heilen, aber auch tödten. Sein Blick ist der Blick der Schlange; er macht das Gras welken, bannt Vögel und Thiere, verwirrt das Gehirn des Menschen und schleudert Furcht und Düster in dessen Herz.
Die Weiber der Shoshonen, der Apachen und Arrapahoes, wie überhaupt aller, die der Shoshonenrace angehören, sind in Betreff ihres Körperbaus den Squaws der östlichen Indianer weit überlegen. Ich kann sie nicht besser schildern, als wenn ich sage, dass sie mit den Araberweibern die grösste Aehnlichkeit haben. Von Person und in ihrem Hauswesen sind sie sehr reinlich, und da alle ihre Stämme sowohl männliche als weibliche Sklaven haben, so wird der Wuchs eines Shoshonenweibes nicht durch schwere Arbeit verkümmert, wie dies bei den Squaws der östlichen Stämme der Fall ist. Gegen ihre Gatten sind sie sehr treu, und ich glaube zuversichtlich, dass jeder Angriff auf ihre Keuschheit vergeblich seyn würde. Sie reiten so rüstig als die Männer und sind in dem Gebrauch der Bogen und Pfeile gut erfahren. Ich war einmal Zeuge, wie ein sehr schönes, zehnjähriges Shoshonen-Mädchen, die Tochter eines Häuptlings, während ihr Pferd in vollem Galopp einherjagte, mit ihrem Geschosse im Laufe von ein paar Minuten neun wilde Truthühner tödtete, auf welche sie Jagd machte.
Ihr Anzug ist eben so geschmackvoll, als züchtig. Er besteht aus einem weiten Hemde von weicher Hirschhaut, mit knapp anliegenden Aermeln, das fast immer blau ader roth gefärbt ist; darüber befindet sich vom Gürtel an ein anderes Gewand, das vier oder sechs Zoll über das Knie hinunterfällt und aus Schwanenflaum, Seide oder Wolle gefertigt ist. Sie tragen Beinkleider von dem nämlichen Materiale, aus welchem das Hemd besteht, und bedecken ihre zierlichen, kleinen Füsse mit schön gearbeiteten Moccasfins. Ausserdem tragen sie noch eine Schärpe von reichem Gewebe und lassen ihre weichen, langen Rabenhaare, die sie gewöhnlich mit Blumen, bisweilen aber auch mit sehr werthvollen Juwelen zieren, in üppiger Fülle über die Schultern niederwallen. Ihre Hand- und Fussgelenke sind von Spangen umgeben, und wenn man einem dieser jungen und anmuthigen Geschöpfe begegnet, wie es mit leuchtenden Augen und aufgeregtem Gesichte der Jagd obliegt, so wird man unwillkürlich an die Schilderungen erinnert, die uns Ovid von den Nymphen der Diana gibt10).
Obgleich die Weiber an den tieferen Mysterien der Religion keinen Theil nehmen, so wird es doch einigen gestattet, sich der Gottheit zu weihen und ein Keuschheitsgelübde abzulegen, wie die Vestalinnen des Heidenthums oder die Nonnen in den katholischen Klöstern. Sie kleiden sich wie die Männer von Kopf bis zu Fuss in Leder und malen ein Bild der Sonne auf ihre Brust. Diese Weiber sind Kriegerinnen, ziehen aber nie in’s Feld, sondern bleiben immer zurück, um die Dörfer zu beschützen. Sie leben einsam und sind gefürchtet, werden aber nicht geliebt; denn der Indianer hasst Alles, was sich eine ungebührliche Gewalt anmasst, die von der Natur angewiesenen Schranken überschreitet oder die ihm angewiesene Bestimmung nicht erfüllt.
Die schönen Sommerabende verwenden die jungen Indianer auf Liebeswerbung. Hat einer seine Wahl getroffen, so gibt er seinen Eltern davon Kunde, welche sofort das Weitere auf sich nehmen. Man bringt Geschenke vor die Thüre der Schönen; werden sie nicht angenommen, so ist die Sache abgethan und der junge Mann muss sich irgendwo anders umsehen; im andern Falle folgen Gegengeschenke zum Zeichen des Einverständnisses. Letztere bestehen in der Regel aus weiblichen Arbeiten, Hosenbändern, Gürteln, Moccasins. Dann findet eine Zusammenkunft zwischen den Eltern statt; sie schliesst mit einer Rede des Brautvaters, welcher seine „Taube“, „Lilie“, „Flüsterstimme des Windes“ oder wie fie sonst heissen mag, lobt. Sie ist eine gute Tochter gewesen, und wird deshalb auch ein gehorsames Weib seyn; ihr Blut ist das eines Kriegers — sie wird ihrem Gatten edle Kinder gebähren und ihnen singen von seinen grossen Thaten u. s. w. u. s. w. Endlich kommt der Vermählungstag heran. Ein Mahl aus Wurzeln und Früchten wird bereitet, und alle Verwandten sind gegenwärtig, den Bräutigam ausgenommen, dessen Waffen, Sättel und sonstige Habe hinter der Schönen aufgestellt siud. Die Thüre der Hütte ist offen und die Schwelle mit Blumen geschmückt. Um Sonnenuntergang stellt sich der junge Mann mit grosser Würde in seinem Benehmen ein. Hat er neben dem Mädchen Platz genommen, so fangen die Gäste an zu essen, ohne zu sprechen; sobald jedoch von den Müttern ein Zeichen gegeben wird, stehen sie auf, um sich zu entfernen. Nun kreuzt das Brautpaar die Hände, und der Bräutigam redet jetzt zum erstenmale, indem er fragt: — „Treu der Hütte, treu dem Vater, treu seinen Kindern?“ Sie antwortet leise: „Treu, stets treu, in Freude und Leid, im Leben und im Tode“ — „Penir, penir-asha, sartir nú cohta, lebeck nú tanim.“ Dies ist die letzte Formel und die Ceremonie jetzt beendigt. Sie mag sehr einfach und vielleicht lächerlich erscheinen, mir aber kam sie beinahe erhaben vor. Die Ansichten sind Früchte der Erziehung und der Gewohnheiten.
Der Gatte bleibt ein ganzes Jahr bei seinem Schwiegervater, an den er seine Jagdbeute, sowohl Häute, als Wildpret abtragen muss. Nach Ablauf dieser Periode ist seine Dienstzeit vorüber, und er kann dann mit seiner Gattin entweder zu seinem eigenen Vater zurückkehren, oder sich eine Hütte bauen. Der Jäger bringt sein Wild nach Hause, wenn es nicht zu schwer ist, und damit ist sein Geschäft zu Ende; das Weib zieht die Haut ab, trocknet sie und salzt das Fleisch ein. Ist übrigens der Gatte ein Jäger ersten Ranges und somit seine Zeit kostbar, so ziehen das Weib selbst oder weibliche Verwandte von ihr aus, um die Beute an Ort und Stelle aufzusuchen. Wenn ein Mann stirbt, trauert die Wittwe zwei bis vier Jahre; ein Gleiches thut der Mann, wenn seine Gattin stirbt, nur ist er hiezu nicht so streng verpflichtet, als das Weib, und es trifft sich oft, dass er nach Ablauf von zwei Jahren seine Schwägerin heirathet. Die Indianer halten dies für natürlich und sind der Meinung, ein Weib werde sorgfältiger gegen die Kinder ihrer Schwester seyn, als gegen die Kinder einer Fremden. Unter den bessern Klassen verlobt man die Kinder schon in einem Alter von einigen Monaten; dergleichen Zusagen sind heilig und werd en nie gebrochen.
Gegen den Mord haben die Indianer im Allgemeinen sehr strenge Gesetze, die sich unter den Stämmen so ziemlich gleich verhalten. Sie zerfallen in zwei gesonderte Abtheilungen — Mord, begangen von einem Angehörigen des Volkes, und Mord, begangen von einem Fremden.
Begeht ein Einheimischer einen Mord an einem Stammesgenossen, so entweicht oder er überliefert sich der Gerechtigkeit. Im letzteren Falle tödtet ihn der nächste Verwandte des Erschlagenen öffentlich und in Gegenwart aller Krieger. Hat sich der Mörder geflüchtet, so wird er nicht verfolgt, sondern sein nächster Verwandter hat für die That einzustehen und muss die Strafe derselben СКАЧАТЬ