Frauenschneider Gutschmidt. Otto von Gottberg
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Название: Frauenschneider Gutschmidt

Автор: Otto von Gottberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711529973

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СКАЧАТЬ doch!“

      Ein zweispänniger Wagen kam vor dem Haus zu halten. Das Knallen der Kutscherpeitsche rief nach dem Pförtner.

      „Kunze, meine Tochter kommt, ich möchte sie sprechen.“

      Nur eine Minute verging, bis Frida eintrat. Das Bild, das sie im Türrahmen bot, liess fast den Kummer über ihr verschwenderisches Geldausgeben vergessen. Für Luxus geboren und geschaffen schien das schöne Kind. Vom Chinchillamützchen auf blauschwarzem Haar bis herunter zu den Schuhen war sie gekleidet in Grau von harmonisch abgetönten Schattierungen. Als sie mit heiterem Grusswort an den Schreibtisch trat, schien der breite weisse Rahmen ihrer lachenden braunen Augen das dunkelhäutige Gesicht zu erhellen. Die Hände blieben im Muff, während sie sich zum Kuss gegen die Stirn der Mutter neigte. Dann stand sie in Erwartung, das Kinn auf hohem Hals ein wenig vorgeschoben und das linke Ohr wie in Frage nach der Mutter Wünschen geneigt. Die Lippen in dein von Winterkälte erfrischten und geröteten Gesicht schürzte wie immer ein Lächeln, das sich des Lebens, ja schon des körperlichen Daseins zu freuen schien.

      „Machen, ich gebe dir ein Stündchen, das ich eigentlich beim Tee mit Nernheims verbringen wollte. Um Sechs muss ich mich umkleiden, weil später Dernthals vorfahren und mich zum Theater mitnehmen. Sie sind seit gestern in Berlin, aber ich bat, uns keinen Besuch zu machen, weil Papa krank ist.“

      „Gut, dass du an ihn erinnerst! Kunze, lassen Sie uns allein! Gehen Sie nach oben zur Krankenschwester und berichten Sie heute abend, wie es steht!“

      Frida wartete, bis die Dienerin draussen war:

      „Du machst mich neugierig, Machen. Sonst hast du vor Kunze keine Geheimnisse.“

      Sie legte Jacke und Mütze ab und warf sie zu Muff und Boa auf das winzige Sofa dicht beim schräg ans Fenster gestellten Schreibtisch.

      Frau von Hemmern sah der Niedersitzenden wohlgefällig zu. Mit Bewegungen, weich und flüssig, obwohl weitausgreifend und lang wie die wohlgeformten Glieder, zog Frida die Handschuhe von schön gerundeten Unterarmen. Im Warten auf der Mutter Worte streichelte sie zärtlich die zarte Haut zwischen Ellbogen und Handgelenk. Es tat gut, sie mit den Fingern zu liebkosen und dann auch das weiche, warme Pelzwerk auf dem Sitz zu streicheln. Mit wirklichem Genuss fühlte sie gutes Rauchwerk oder Samt und Seide unter den Fingern. Schon jetzt freute sie sich auf das Umkleiden nach dem Gespräch mit der Mutter, denn Vergnügen war es auch, auf dem Körper das wohlige Rascheln von neugebügeltem Batist und das sanfte Reiben zarten Spitzengewebes zu spüren. Die Mutter hob den Kopf:

      „Wenn du da sitzt in dem Kleid, das wie ein Handschuh um die Hüften liegt, und ich sehe, dass zu den Perlen um deinen Hals alles passt, als wäre es eigens für dich und das graue Kostüm gemacht, verstehe ich es wohl.“

      „Verstehst du was, Machen?“

      Die Mutter legte die von Grübchen gefurchte, fleischige kleine Hand auf das Päckchen loser Blätter:

      „Dass du so viel Geld ausgibst, Frida.“

      Die Tochter beugte sich vor: „Ach die Neujahrsrechnungen, Machen. Wie du den Menschen enttäuschen kannst. Ich dachte, du wolltest mir Liebes sagen!“

      „Das möchte ich auch, Kind. Gewiss sieht alles an dir hübsch, geschmackvoll und doch einfach aus, aber du musst lernen, dich einzuschränken.“

      Frida liess den auf der Sofalehne liegenden rechten Arm fallen:

      „Will Papa nicht bezahlen?“

      „Papa wird bezahlen, aber du musst endlich begreifen, dass du später ein armes Mädchen sein wirst. Nun dein armer Bruder tot ist — am 1. Februar kommt der zweite Jahrestag — geht Herkelsbrühl an Vetter Ernst, und dir bleibt nichts oder wenig. Vom Gehalt konnte Papa als Diplomat nicht leben. Auch hatten wir doppelten Haushalt zu führen, weil meine Leiden mich hinderten, ihn ins Ausland zu begleiten. Vielleicht hätten wir auf mancherlei verzichten können, aber wer ahnte bis zu Heinrichs Tod, dass wir dich unversorgt zurücklassen müssten, armes Kind! Auch weisst du, dass unser Barvermögen in England beschlagnahmt ist.“

      Frida sprang lachend aus dem Sofa:

      „Mach’ dir keine Sorgen, Machen. Ihr beide lebt noch lange, und ehe ihr die Augen schliesst, finde ich eine gute Partie. Das Geld in England erinnert mich übrigens an ein Gespräch bei Nernheims. Vom Fürsten Blücher, dem die Engländer die Güter konfiszierten, war die Rede, und ein verwundeter Hauptmann von Sülow meinte, den Herrschaften, die sich in Friedenszeiten in der Fremde angekauft hätten, weil ihnen unser Leben nicht gut genug war, geschähe recht, wenn der Feind sie ausplündere.“

      Frau von Hemmern grollte:

      „Ja der Krieg, Kind! Zum Schaden bringt er uns noch Spott. Aber wenn du dein Vorhaben nur wahrmachen und die gute Partie suchen wolltest! Warum gehst du Vetter Ernst geflissentlich aus dem Wege? Wohlhabend genug ist er an sich und seit Heinrichs Tod Erbe von Herkelsbrühl.“

      Über den Kopf der Mutter blickte Frida auf die Gardine und runzelte die Stirn. Schon der Name des Vetters weckte Widerwillen. Im Ton eines Vorwurfs fragte sie:

      „Nanntest du ihn nicht früher ein Ekel?“

      Machen schien verlegen:

      „Möglich, aber du bist siebenundzwanzig Jahre alt und fähig, einen Mann nach deinen Wünschen zu erziehen. Ich habe mich immer als Papas Eigentum, als Ding oder Sache in seinen Händen gefühlt. Du wirst einen Mann als deine Sache oder dein Eigentum betrachten. Ausserdem gehört ihr durch das Majorat zusammen. Vergiss nicht, dass du kein Backfisch mehr bist! Heutzutage führen sie den Herren schon die ganz Jungen noch in kurzen Kleidern, wenigstens beim Tennis vor.“

      Wieder konnte Frida lachen. Sie stützte die Hände auf die schlanken Hüften und straffte den geschmeidigen Leib zu voller Höhe:

      „Die Frau, die sich zu kleiden und zu pflegen versteht, ist dafür heute noch als Vierzigerin jung. Wettbewerb fürchte ich nicht, Machen. Auch waren Herren genug da, aber keiner gefiel mir.“

      Sie hob die Hände, spielte mit den Fingern und blickte nachdenklich auf ihre Ringe:

      „Ich bin wohl auch darin zu anspruchsvoll, und die Freiheit, die heutzutage das Mädchen eigentlich mehr als die junge Frau geniesst, schien mir begehrenswerter als die Aussicht, mir befehlen zu lassen von einem der Herren, die nicht schnell genug laufen können, wenn ich sie bitte, mir Schirm oder Umhang zu holen. Sie imponieren mir nicht. Vor jedem hübschen Gesicht werden sie zu Schosshündchen, die nicht nur freudig, sondern auch dankbar apportieren. Manchmal erwarte ich sie bellen zu hören.“

      „Du gestattest dir auch der Freiheiten etwas viel, Frida.“

      „Und du sprichst als Frau einer anderen Zeit, Machen. Wie sollte ich meine Gewohnheiten ändern, ohne mich von der Welt und jedem Verkehr abzuschliessen? Papa lebte im Ausland und wäre noch Gesandter in Brüssel, wenn der Krieg ihn nicht heimgerufen hätte. Du aber kannst weder ihn in die Fremde noch mich in Gesellschaft begleiten. Also muss ich mich zu Reisen und Vergnügungen meinen Bekannten anschliessen.“

      Frau von Hemmern nickte:

      „Merkwürdig, dass sie dich so häufig einladen.“

      „Aus Menschen- oder Nächstenliebe tun sie es nicht, Machen. Sie glauben auf ihre Kosten zu kommen.“

      Wohlgefällig wieder an ihrer hochhüftigen, schlanken Gestalt СКАЧАТЬ