Deutsche Geschichte (Band 1-3). Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte (Band 1-3)

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388348

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СКАЧАТЬ genossen. Er gab sich abwechselnd schrankenlosen Herrschaftsansprüchen und haltloser Zerknirschung hin. »Euretwegen«, rief er den aufständischen Römern zu, »habe ich mein Vaterland und meine Angehörigen verlassen. Die Liebe zu euch ließ mich meine Sachsen und alle Deutschen, mein eigen Blut verschmähen. Euretwegen habe ich die Mißgunst und den Haß aller auf mich geladen, da ich euch über alle stellte. Und für all das habt ihr euren Vater verworfen, meine Diener grausam ermordet und mich, den ihr doch nicht ausschließen könnt, ausgeschlossen!« Aber die Römer unterwarfen sich wohl einem Herrscher, der ihnen seine Kraft bewies, einen frommen Schwärmer und Barbaren, der sie mit weinerlichen Worten an sich fesseln wollte, verachteten sie.

      Als Otto III. im Jahre 1000 in Aachen war, ließ er sich die Gruft Karls des Großen öffnen. Mit drei Begleitern drang er in das vom Geruch der Verwesung erfüllte Gewölbe ein und sah den toten Kaiser, so erzählt die Überlieferung, aufrecht, als lebe er, auf seinem Stuhle sitzen. Er hatte eine Krone auf dem Haupte, und die Nägel waren durch die Handschuhe, die er trug, hindurchgewachsen, ein grauenvolles Zeichen posthumer Lebendigkeit. Der Toten Grabesruhe zu stören war von der Kirche verboten und widerstrebte dem Gefühl des Volkes. Man glaubte, der edle Geist sei dem Königs Jüngling zürnend erschienen und habe ihm ein ruhmloses Ende geweissagt. Er starb zwei Jahre später zu seinem und des Reiches Glücke: denn die Unzufriedenheit der Deutschen wäre vermutlich bald zum Ausbruch gekommen und hätte ihn jeder Grundlage beraubt.

      Von den deutschen Königen im engeren Sinne ist Otto I. der einzige, dem der Beiname der Große gegeben wurde, obwohl unter seinen Nachfolgern mancher ebenso geistvoll und tatkräftig war wie er. Es erklärt sich daraus, daß er in mancher Hinsicht wie Karl der Große ein Begründender war, daß er, indem er das Kaisertum an die Deutschen brachte, eine neue Epoche einleitete. Was für zerreißende Schicksale die Verbindung mit Italien und dem Papst auch über Deutschland brachte, sie gab ihm eine Weltstellung, sie gab ihm das Glück großer Gedanken, großer Kämpfe, einer großen Aufgabe. Nicht das ist ja das Höchste, daß eine dauernde Ordnung entsteht, die dem Volke Wohlstand und ruhiges Gedeihen gewährt, obwohl ein guter Herrscher auch das anstreben wird, sondern daß große Gedanken das Gemüt des Volkes bewegen, an denen es wachsen, für die es sich einsetzen kann. Und die Aufgabe, die Otto der Große seinem Volke bestimmte, war nichts Ausgeklügeltes, sie war in der Geschichte, in der geographischen Lage, in der Anlage und den Neigungen der deutschen Stämme vorgebildet. Es wäre nicht möglich gewesen, das deutsche Volk zum Träger des universalen Gedankens zu machen, wenn nicht viele Tatsachen ihn bestätigt hätten.

      Dennoch war es nicht die Begründung des Kaisertums allein, die Otto vor so vielen Großen groß erscheinen ließ, sondern auch das Umfassende seiner Bestrebungen und seine Persönlichkeit. Nicht nur besiegte er endgültig die Ungarn, sondern er bekämpfte auch mit Glück die Slawen und gründete, allen Widerstand überwindend, das Erzbistum Magdeburg als Ausgangspunkt der Christianisierung der Länder jenseits der Elbe. Gesandtschaften von nah und fern bewiesen, daß ihm die christlichen und die heidnischen Völker einen Ehrenplatz in der abendländischen Welt einräumten. Hat er auch auf die Kirche, die Wissenschaften und Künste nicht so entscheidend und richtunggebend gewirkt wie Karl der Große, so hat er doch die Bedeutung dieser Seite des geistigen Lebens nicht verkannt. Seine menschliche Größe geht wohl am meisten daraus hervor, daß mehrmals aus seinen Feinden Freunde wurden. Die eigene Mutter hatte ihm verschiedentlich entgegengearbeitet, teils durch Begünstigung ihres Lieblingssohnes Heinrich, teils durch allzu verschwenderische Schenkungen an die Geistlichkeit und die Armen; aber auch sie wendete schließlich ihr ganzes Herz ihm zu. Es wird erzählt, daß eines Tages in Nordhausen, Mathildens Witwensitz, nachdem Mutter und Sohn sich unter Tränen umarmt und getrennt hatten, die alte Königin niederkniete und den Boden küßte, wo Ottos Füße gestanden hatten; durch diese rührende Gebärde mochte sie, des Sohnes Größe endlich ganz begreifend, ihr früheres Verkennen abbitten wollen. Als die, die das mit angesehen hatten, dem Könige nachfolgten und es ihm erzählten, sprang er sofort vom Pferde, kehrte um und umarmte seine Mutter, indem er sagte: »Durch welchen Dienst kann ich diese Tränen vergelten?« Wie sein Vater, starb Otto I. in Memleben, wo noch ein paar Säulengänge an die Zuneigung der Sachsenkönige zu dieser Pfalz erinnern. Nachdem er wie immer bei Morgengrauen aufgestanden war, den Armen Almosen gespendet, fröhlich, wie es seine Art war, zu Mittag gespeist und am Schluß des Tages den Abendgottesdienst besucht hatte, wurde er von einem plötzlichen Übelbefinden ergriffen. Mitten aus erfülltem Leben schied der tätige Geist königlich gefaßt. Begraben wurde er, wie er gewünscht hatte, neben seiner ersten Frau, Edith, im Dome zu Magdeburg, der im Jahre 1207 abbrannte.

       Inhaltsverzeichnis

      Während der Kriege Karls des Großen mit den Sachsen schickte die altbritische Kirche Missionare an die deutsche Küste; einer von ihnen war Willehad, den Karl der Große im Jahre 787 in Worms zum Bischof machte. Zu seinem Wohnsitz wählte er ein Dorf, das Bremen hieß, wo er auch, als er zwei Jahre später starb, bestattet wurde. Erst sein Nachfolger Willerich erhielt zum Bischofstitel ein Bistum, das dem Erzbischof von Köln unterstellt wurde. In Nordalbingien, dem Niederelbeland, gab es damals zwei Kirchen, die eine war in Hamburg und gehörte zu Bremen, die andere war in Meldorf im Dithmarschen und gehörte zu Verden. Sehr, sehr langsam befestigte sich bei den Sachsen und Friesen, die die Gegend der unteren Weser und Elbe bewohnten, das Christentum; an eine weitere Ausbreitung desselben nach dem skandinavischen Norden konnte erst nach dem Tode Karls des Großen gedacht werden. Der Anlaß dazu ging von Dänemark aus, da König Harald sich mit seinem Gefolge in Mainz taufen ließ; Kaiser Ludwig selbst war sein Taufpate. Als er den Wunsch äußerte, einen Geistlichen mitzunehmen, der den Gottesdienst ausübe und das Volk bekehre, und nach einem Manne gesucht wurde, der sich dazu eignete und bereit erklärte, meldete sich der, den man an erster Stelle nennen muß, wenn man von großen Bischöfen erzählen will, Ansgar, damals Mönch im Kloster Korvey. Schon in dem Kinde, das der Vater dem Kloster Corbie dargebracht hatte, wirkte das Feuer genialer Begabung. Jungenhafte Ausgelassenheit wechselte ab mit schmerzlicher Sehnsucht nach der früh verlorenen Mutter. Einmal erschien ihm die Heilige Jungfrau und zeigte ihm die Geliebte im Chor der Seligen wandelnd; wenn er nicht fleißig und fromm werde wie sie, sagte sie, werde er nicht zu ihr kommen. In seinem 13. Jahre erfuhr er eine starke Erschütterung durch den Tod Karls des Großen. So mächtig war die Zauberkraft, die der große Kaiser ausstrahlte, daß für den im Kloster aufgewachsenen Knaben die Erde zu beben schien, die der Heros verlassen hatte. Aus der schwankenden Seele des Knaben stiegen wieder Visionen auf: Petrus und Johannes traten zu ihm und führten ihn in das himmlische Licht und dann in die undurchdringliche Finsternis des Fegefeuers, wo er drei Tage blieb, die wie drei Jahrtausende waren. Dann wieder in ein Meer unendlichen Glanzes, das die Chöre der Seligen erfüllten. »Ihn aber sah ich nicht. Und doch war Er in allen und alle in Ihm. Er umgab alle äußerlich. Er lenkte alle innerlich. Er stützte alle von oben her und stützte sie von unten. Da erging zu mir eine süße Stimme, süßer denn irgendein denkbarer Klang, die schien das All der Welt zu erfüllen, und sprach zu mir: Gehe hin, und mit der Märtyrkrone wirst du wiederkehren.« Aus diesem inneren Aufruhr ging Ansgar reif, mit dem Bewußtsein eines hohen Zieles hervor. Bald darauf wurde durch Adalhard, den Abt von Corbie, der als Sohn einer sächsischen Mutter das Christentum in Sachsen zu verbreiten suchte, das Kloster Korvey in der Wesergegend gegründet. Adalhard selbst begab sich im Jahre 823 mit einigen Mönchen, unter denen Ansgar war, in die entlegene Waldwildnis. Trotz seiner Jugend wurde Ansgar bald Vorsteher der Schule und Prediger der Gemeinde, das heißt, daß er in der Landessprache predigte.

      Als die Frage der Mission in Dänemark sich erhob, führte man Ansgar nach Ingelheim, wo der Kaiser sich aufhielt, und gab ihm zu bedenken, mit welchen Gefahren die Bekehrung des heidnischen, barbarischen Volkes verbunden sei. Während er allein in sich versunken sein Schicksal bedachte, mögen ihn abwechselnd Bilder des liebgewonnenen Lebens im Kloster und erhabene Gesichte bedrängt haben, die ihm jenseits der Wolken die Märtyrkrone zeigten. Nun sie sich auf ihn herabsenkte, sah er die blutigen Dornen, und es graute ihn. Er hatte sich eben entschlossen, als Antbert, ein Freund aus dem Kloster Corbie, zu ihm trat, ein vornehmer СКАЧАТЬ