Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 21

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

isbn:

СКАЧАТЬ neu­en, selt­sa­men, un­wi­der­leg­li­chen Lo­gik. Grün­de, Ver­nunft­schlüs­se, Be­wei­se ström­ten mir in Men­ge zu, um gleich dar­auf durch stär­ke­re Grün­de und Be­wei­se wie­der um­ge­sto­ßen zu wer­den. Mein Kopf war zum Schlacht­feld von Ide­en ge­wor­den. Ich war ein hö­he­res We­sen mit un­über­wind­li­cher In­tel­li­genz, und ich hat­te einen wun­der­ba­ren Ge­nuss dar­an, mei­ne Macht zu kon­sta­tie­ren…

      Das dau­er­te lan­ge, lan­ge. Ich hat­te im­mer noch das Mund­stück mei­ner Äther­fla­sche vor dem Mun­de. Plötz­lich merk­te ich, dass sie leer war, und eine un­glaub­li­che Trau­rig­keit über­fiel mich.

      – Dok­tor, schri­en die vier Her­ren wie aus ei­ner Keh­le, schnell ein Re­zept für ein Li­ter Äther.

      Aber der Arzt setz­te sei­nen Hut auf und ging.

      – Das… nein! ver­setz­te er. Ge­hen Sie zu an­de­ren, um sich ver­gif­ten zu las­sen.

      *

      Nun, wie wäre es da­mit, mei­ne Herr­schaf­ten? Ha­ben Sie kei­ne Lust dar­auf?…

      *

      Sie ba­ten mich, mein Freund, Ih­nen die leb­haf­tes­ten Erin­ne­run­gen mei­nes Da­seins zu er­zäh­len. Ich bin sehr alt und habe we­der Ver­wand­te noch Kin­der; ich füh­le mich also frei ge­nug, mich Ih­nen an­zu­ver­trau­en. Ver­spre­chen Sie mir nur, mei­nen Na­men nicht preis­zu­ge­ben.

      Ich bin viel ge­liebt wor­den, das wis­sen Sie, und oft habe ich mich selbst ge­liebt. Ich war sehr schön, was ich heu­te un­ver­hoh­len sa­gen kann, da nichts mehr da­von üb­rig ist. Die Lie­be gab mei­ner See­le Le­ben, wie die Luft dem Kör­per Le­ben gibt. Ich wäre lie­ber ge­stor­ben, als ohne Zärt­lich­keits­be­wei­se, ohne je­man­den, der an mich dach­te, zu le­ben. Die Frau­en be­haup­ten oft, dass sie nur ein­mal mit gan­zer See­le lieb­ten. Mir ist es oft so er­gan­gen, dass ich so heiß lieb­te, dass ich das Ende mei­ner Lei­den­schaft für un­mög­lich hielt. Und doch ver­losch sie al­le­mal, wie ein Feu­er, dem es an Holz man­gelt.

      Ich will Ih­nen heu­te mein ers­tes Aben­teu­er er­zäh­len, an dem ich sehr un­schul­dig war, das aber die an­de­ren nach sich zog. Die furcht­ba­re Ra­che des Apo­the­kers Du Pecq ge­mahnt mich wie­der an das er­schüt­tern­de Dra­ma, dem ich sehr wi­der Wil­len bei­wohn­te.

      Ich war da­mals seit ei­nem Jah­re ver­hei­ra­tet. Mein Mann war ein Groß­grund­be­sit­zer, Graf Her­vé de K…, ein Bre­to­ne von al­tem Adel, den ich – wohl­ver­stan­den – gar­nicht lieb­te. Die wah­re Lie­be be­darf, so glau­be ich we­nigs­tens, der Frei­heit und der Hin­der­nis­se zu­gleich. Die ge­bo­te­ne, durch das Ge­setz ge­hei­lig­te, vom Pries­ter ge­weih­te Lie­be – ist das über­haupt noch Lie­be? Ein er­laub­ter Kuss – ist er einen ge­raub­ten wert?

      Mein Mann war von ho­her Sta­tur, von ele­gan­tem Äu­ßern und in sei­nem Auf­tre­ten ein wah­rer Grands­eigneur. Er sprach scharf und hart; sei­ne Wor­te wa­ren wie schnei­den­de Klin­gen. Man merk­te, dass die­ser Geist ganz aus fer­ti­gen Ge­dan­ken be­stand, die sein Va­ter und sei­ne Mut­ter ihm ein­ge­impft – und ih­rer­seits wie­der von ih­ren Vor­el­tern über­kom­men hat­ten. Er zö­ger­te nie mit sei­ner Mei­nungs­äu­ße­rung, fäll­te über al­les ein un­be­ding­tes, bor­nier­tes Ur­teil ohne ir­gend­wel­che Ein­schrän­kung, und ohne zu be­grei­fen, dass es auch eine an­de­re An­schau­ung ge­ben könn­te. Man be­griff, dass die­ser Kopf ver­schlos­sen war, dass kein Ge­dan­ke aus und ein ging, der sei­nen Geist wie­der ver­jüng­te und er­neu­er­te, wie der Wind durch ein Haus fährt, des­sen Fens­ter und Tü­ren of­fen ste­hen.

      Das Schloss, das wir be­wohn­ten, lag mit­ten im of­fe­nen Lan­de ver­lo­ren. Es war ein großes, düs­te­res Ge­bäu­de mit rie­si­gen Bäu­men rings­um. Ihr lan­ges Moos ge­mahn­te mich im­mer an die wei­ßen Bär­te der Grei­se. Der Park, ein wah­rer Wald, war von ei­nem tie­fen Gra­ben um­ge­ben, wel­cher der »Wolfss­prung« hieß, und ganz am Ende, nach der Hai­de zu, hat­ten wir zwei große Tei­che vol­ler Schilf und schwim­men­der Was­ser­pflan­zen. Zwi­schen bei­den hat­te mein Mann am Ran­de des klei­nen Ba­ches, der sie ver­band, eine klei­ne Hüt­te er­rich­tet, um wil­de En­ten zu schie­ßen.

      Wir hat­ten au­ßer un­sern ge­wöhn­li­chen Dienst­bo­ten noch einen Wäch­ter, der mei­nem Man­ne auf Tod und Le­ben er­ge­ben war, und ich eine Zofe, fast eine Freun­din, die für mich durchs Feu­er ging. Ich hat­te sie vor fünf Jah­ren aus Spa­ni­en mit­ge­bracht. Sie war ein ver­las­se­nes Kind. Man hät­te sie für eine Zi­geu­ne­rin hal­ten kön­nen, so dun­kel war ihre Haut und ihre Au­gen, so schwarz ihr Haar, das dicht wie ein Wald ihr kraus und stör­risch die Stir­ne um­rahm­te. Sie war da­mals sech­zehn Jah­re alt, sah aber aus wie zwan­zig.

      Als es herbs­te­te, wur­de viel ge­jagt, und zwar bald bei uns, bald in der Nach­bar­schaft, wo­bei mir ein jun­ger Mann, Baron von C… be­son­ders auf­fiel. Sei­ne Be­su­che auf dem Schloss wur­den merk­wür­dig häu­fig, dann hör­ten sie plötz­lich ganz auf, und ich dach­te nicht mehr dar­an; aber ich merk­te sehr bald, dass mein Gat­te sein Be­neh­men ge­gen mich än­der­te.

      Er schi­en fros­tig und kalt und küss­te mich nicht mehr. Und trotz­dem er nie in mein Zim­mer kam – ich hat­te mein ei­ge­nes Zim­mer für mich ver­langt, um un­ge­stört al­lein sein zu kön­nen – hör­te ich nachts oft lei­se Schrit­te bis zu mei­ner Tür kom­men und dann wie­der ver­hal­len.

      Da mein Fens­ter im Erd­ge­schoss war, glaub­te ich auch oft im Schat­ten um das Schloss her­um et­was schwei­fen zu hö­ren. Als ich es mei­nem Gat­ten sag­te, blick­te er mich einen Au­gen­blick fest an und er­wi­der­te dann: »Es ist nichts, es ist der Wäch­ter.«

      *

      Ei­nes Abends nun nach dem Es­sen schi­en Her­vé be­son­ders auf­ge­räumt, aber von heim­tücki­scher Hei­ter­keit. »Wür­de es dir Spaß ma­chen«, frag­te er mich, »ein paar Stun­den mit mir auf den An­stand zu ge­hen, um einen Fuchs zu schie­ßen, der mir je­den Abend mei­ne Hüh­ner weg­schnappt?« Ich war über­rascht und zö­ger­te; da er mich aber mit selt­sa­mer Be­harr­lich­keit an­blick­te, sag­te ich schließ­lich: »Aber selbst­re­dend, mein Lie­ber!«

      Ich muss hin­zu­fü­gen, dass ich da­mals Wolf und Eber jag­te, wie ein Mann. Sein Aner­bie­ten hat­te also nichts Un­na­tür­li­ches.

      In­des­sen schi­en mein Mann plötz­lich von merk­wür­di­ger Ner­vo­si­tät be­fal­len, er war den gan­zen Abend über sehr un­ru­hig und stand in ei­nem fort fie­ber­haft auf, um sich wie­der zu set­zen.

      Ge­gen zehn Uhr sag­te er plötz­lich zu mir:

      »Bist du be­reit?« Ich stand auf, und als er mir selbst mei­ne Flin­te brach­te, frag­te ich: »Soll ich mit Ku­gel oder Schrot la­den?« Er war ver­blüfft, dann ant­wor­te­te er: »Oh, nur mit Schrot, das ist ge­nug, ver­lass dich drauf!« Und nach ei­ni­gen Mi­nu­ten setz­te er in ei­gen­tüm­li­chem Tone hin­zu: »Mit dei­ner СКАЧАТЬ