Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke
Автор: Guy de Maupassant
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962817695
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Das dauerte lange, lange. Ich hatte immer noch das Mundstück meiner Ätherflasche vor dem Munde. Plötzlich merkte ich, dass sie leer war, und eine unglaubliche Traurigkeit überfiel mich.
– Doktor, schrien die vier Herren wie aus einer Kehle, schnell ein Rezept für ein Liter Äther.
Aber der Arzt setzte seinen Hut auf und ging.
– Das… nein! versetzte er. Gehen Sie zu anderen, um sich vergiften zu lassen.
*
Nun, wie wäre es damit, meine Herrschaften? Haben Sie keine Lust darauf?…
*
Eine Beichte
Sie baten mich, mein Freund, Ihnen die lebhaftesten Erinnerungen meines Daseins zu erzählen. Ich bin sehr alt und habe weder Verwandte noch Kinder; ich fühle mich also frei genug, mich Ihnen anzuvertrauen. Versprechen Sie mir nur, meinen Namen nicht preiszugeben.
Ich bin viel geliebt worden, das wissen Sie, und oft habe ich mich selbst geliebt. Ich war sehr schön, was ich heute unverhohlen sagen kann, da nichts mehr davon übrig ist. Die Liebe gab meiner Seele Leben, wie die Luft dem Körper Leben gibt. Ich wäre lieber gestorben, als ohne Zärtlichkeitsbeweise, ohne jemanden, der an mich dachte, zu leben. Die Frauen behaupten oft, dass sie nur einmal mit ganzer Seele liebten. Mir ist es oft so ergangen, dass ich so heiß liebte, dass ich das Ende meiner Leidenschaft für unmöglich hielt. Und doch verlosch sie allemal, wie ein Feuer, dem es an Holz mangelt.
Ich will Ihnen heute mein erstes Abenteuer erzählen, an dem ich sehr unschuldig war, das aber die anderen nach sich zog. Die furchtbare Rache des Apothekers Du Pecq gemahnt mich wieder an das erschütternde Drama, dem ich sehr wider Willen beiwohnte.
Ich war damals seit einem Jahre verheiratet. Mein Mann war ein Großgrundbesitzer, Graf Hervé de K…, ein Bretone von altem Adel, den ich – wohlverstanden – garnicht liebte. Die wahre Liebe bedarf, so glaube ich wenigstens, der Freiheit und der Hindernisse zugleich. Die gebotene, durch das Gesetz geheiligte, vom Priester geweihte Liebe – ist das überhaupt noch Liebe? Ein erlaubter Kuss – ist er einen geraubten wert?
Mein Mann war von hoher Statur, von elegantem Äußern und in seinem Auftreten ein wahrer Grandseigneur. Er sprach scharf und hart; seine Worte waren wie schneidende Klingen. Man merkte, dass dieser Geist ganz aus fertigen Gedanken bestand, die sein Vater und seine Mutter ihm eingeimpft – und ihrerseits wieder von ihren Voreltern überkommen hatten. Er zögerte nie mit seiner Meinungsäußerung, fällte über alles ein unbedingtes, borniertes Urteil ohne irgendwelche Einschränkung, und ohne zu begreifen, dass es auch eine andere Anschauung geben könnte. Man begriff, dass dieser Kopf verschlossen war, dass kein Gedanke aus und ein ging, der seinen Geist wieder verjüngte und erneuerte, wie der Wind durch ein Haus fährt, dessen Fenster und Türen offen stehen.
Das Schloss, das wir bewohnten, lag mitten im offenen Lande verloren. Es war ein großes, düsteres Gebäude mit riesigen Bäumen ringsum. Ihr langes Moos gemahnte mich immer an die weißen Bärte der Greise. Der Park, ein wahrer Wald, war von einem tiefen Graben umgeben, welcher der »Wolfssprung« hieß, und ganz am Ende, nach der Haide zu, hatten wir zwei große Teiche voller Schilf und schwimmender Wasserpflanzen. Zwischen beiden hatte mein Mann am Rande des kleinen Baches, der sie verband, eine kleine Hütte errichtet, um wilde Enten zu schießen.
Wir hatten außer unsern gewöhnlichen Dienstboten noch einen Wächter, der meinem Manne auf Tod und Leben ergeben war, und ich eine Zofe, fast eine Freundin, die für mich durchs Feuer ging. Ich hatte sie vor fünf Jahren aus Spanien mitgebracht. Sie war ein verlassenes Kind. Man hätte sie für eine Zigeunerin halten können, so dunkel war ihre Haut und ihre Augen, so schwarz ihr Haar, das dicht wie ein Wald ihr kraus und störrisch die Stirne umrahmte. Sie war damals sechzehn Jahre alt, sah aber aus wie zwanzig.
Als es herbstete, wurde viel gejagt, und zwar bald bei uns, bald in der Nachbarschaft, wobei mir ein junger Mann, Baron von C… besonders auffiel. Seine Besuche auf dem Schloss wurden merkwürdig häufig, dann hörten sie plötzlich ganz auf, und ich dachte nicht mehr daran; aber ich merkte sehr bald, dass mein Gatte sein Benehmen gegen mich änderte.
Er schien frostig und kalt und küsste mich nicht mehr. Und trotzdem er nie in mein Zimmer kam – ich hatte mein eigenes Zimmer für mich verlangt, um ungestört allein sein zu können – hörte ich nachts oft leise Schritte bis zu meiner Tür kommen und dann wieder verhallen.
Da mein Fenster im Erdgeschoss war, glaubte ich auch oft im Schatten um das Schloss herum etwas schweifen zu hören. Als ich es meinem Gatten sagte, blickte er mich einen Augenblick fest an und erwiderte dann: »Es ist nichts, es ist der Wächter.«
*
Eines Abends nun nach dem Essen schien Hervé besonders aufgeräumt, aber von heimtückischer Heiterkeit. »Würde es dir Spaß machen«, fragte er mich, »ein paar Stunden mit mir auf den Anstand zu gehen, um einen Fuchs zu schießen, der mir jeden Abend meine Hühner wegschnappt?« Ich war überrascht und zögerte; da er mich aber mit seltsamer Beharrlichkeit anblickte, sagte ich schließlich: »Aber selbstredend, mein Lieber!«
Ich muss hinzufügen, dass ich damals Wolf und Eber jagte, wie ein Mann. Sein Anerbieten hatte also nichts Unnatürliches.
Indessen schien mein Mann plötzlich von merkwürdiger Nervosität befallen, er war den ganzen Abend über sehr unruhig und stand in einem fort fieberhaft auf, um sich wieder zu setzen.
Gegen zehn Uhr sagte er plötzlich zu mir:
»Bist du bereit?« Ich stand auf, und als er mir selbst meine Flinte brachte, fragte ich: »Soll ich mit Kugel oder Schrot laden?« Er war verblüfft, dann antwortete er: »Oh, nur mit Schrot, das ist genug, verlass dich drauf!« Und nach einigen Minuten setzte er in eigentümlichem Tone hinzu: »Mit deiner СКАЧАТЬ