Der Geselle des Knochenhauers. Frank Goyke
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Название: Der Geselle des Knochenhauers

Автор: Frank Goyke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Hansekrimi

isbn: 9783863935122

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      »Peter lieferte mir Bier«, erklärte von Alfeld. »Zehn Fuder im Frühjahr und zehn Fuder im Herbst, also vierzig Fässer pro Jahr. Zwanzig Fässer kaufte ich im Auftrag des Rates für den Ausschank im Einbeckschen Keller. Die andere Hälfte habe ich nach Braunschweig weitergehandelt.«

      »Und er brachte Euch das Bier nach Hildesheim?«

      »Natürlich nicht. Ihr wisst doch genau, Tile, dass die Einbecker Brauer normalerweise Zwischenhändler benutzen. Aber was sollen diese Fragen?«

      Tile Brandis schaute den Ratsherrn und Knochenhauer ernst an. »Mein lieber Heinrich, warum sind wir hier?«

      »Ja, natürlich. Verzeiht!« Heinrich von Alfeld fuhr sich über die Augen. »Ich habe einen Freund verloren … Doch fragt weiter, ich will Euch Rede und Antwort stehen.«

      »Danke.« Tile Brandis blickte zu den anderen Ratsherren. Consul Raven bemühte sich um eine undurchdringliche Miene, während er sich über seinen Bauch strich. Aus den Gesichtern von Hinrich Einem und Eggert Unverzagt war deutlicher Widerwille abzulesen, und das Interesse von Bürgermeister Sprenger galt vor allem den Mägden. Doch alle vier, das spürte Brandis, wären froh, wenn er die Untersuchung übernahm. Das war nicht seine Aufgabe, er war im Rat nicht für die Gerichtsangelegenheiten zuständig. Über den Mörder zu Gericht zu sitzen, wenn man seiner denn habhaft wurde, war allerdings Sache des ganzen Rates. Tile war vor allem neugierig. Und dass hier etwas faul war, lag auf der Hand.

      »Ich nehme also an, Heinrich«, er wandte sich wieder dem Knochenhauer zu, »dass Ihr nach Einbeck fuhrt, um das Bier zu holen?«

      Heinrich von Alfeld nickte. »Meine Knechte fuhren«, sagte er.

      »Wann hätten sie wieder fahren sollen?«

      »Sobald das Wetter besser ist.«

      »Ja, seht Ihr, und das verwirrt mich. Es regnet und stürmt seit Tagen …« Ratmann Brandis ließ sein Gegenüber nicht aus den Augen. »Und ausgerechnet bei diesem Unwetter macht sich Peter Groper auf den Weg nach Hildesheim, um mit Euch ein Geschäft zu besprechen?«

      Heinrich antwortete mit einem Schulterzucken.

      »Worum ging es denn?«

      »Das weiß ich nicht!« Alfeld setzte einen gequälten Ausdruck auf. »Er ist heute angekommen. Deshalb habe ich einen Abend in der Badestube vorgeschlagen: damit er sich nach der Reise so richtig durchwärmen kann. Über die Geschäfte wollten wir erst beim Essen sprechen.«

      »Wo ist sein Reisegepäck?«

      »In meinem Haus. Peter war mein Gast, also hat er auch bei mir gewohnt.«

      »Ich finde, das genügt jetzt«, mischte sich Proconsul Sprenger ein.

      Brandis vermutete, dass es den Bürgermeister zur Abendsuppe und zum Rheinwein zog, aber er überging den Einwand. »Ich möchte das Gepäck sehen.«

      »Ich bringe es aufs Rathaus«, sagte Alfeld.

      »Gut. Büttel!« Tile Brandis drehte sich abrupt um.

      »Ja, Herr?«

      »Sorge dafür, dass auch der Leichnam zum Rathaus gebracht wird«, befahl Brandis. »Dann rufe den Stadtphysikus, damit er die Wunden vermessen kann.«

      So verlangte es das Gesetz. Vom Umfang und der Tiefe der Wunden hing ab, wie hoch der Schadenersatz war, den der oder die Täter den Angehörigen des Opfers zu leisten hatten – wenn man ihn oder sie denn fand. Groper war kein Bürger Hildesheims. Dennoch hatte seine Familie Anspruch auf Rechtsbehelf durch den Hildesheimer Rat, was Brandis richtig fand. Einbeck gehörte zur Sächsischen Städtekonkordie. Deren Gründungsurkunde war im Jahr des Herrn 1384, also vor Brandis’ Geburt, von Goslar, Braunschweig, Hildesheim, Hannover, Lüneburg, Einbeck, Helmstedt, Göttingen, Halberstadt, Quedlinburg und Aschersleben besiegelt worden. Anno 1426 hatte man den Vertrag nicht nur bekräftigt, sondern ihn auch erweitert. Magdeburg, Halle an der Saale, Osterode und Nordheim waren aufgenommen worden, und man hatte sich gegenseitiger Rechtshilfe versichert. Wurde in einer der Städte ein Verbrechen begangen, oder wurde ein Bürger dieser Städte Opfer einer Untat, waren alle Städte verpflichtet, den Täter zu verfolgen. Tile Brandis hielt diesen Vertrag für ein ausgesprochen kluges und ehrenwertes Dokument, zumal er an seiner Abfassung mitgewirkt hatte.

      »So soll es sein«, sagte Harmen Sprenger. Offenbar wollte er so schnell wie möglich den Ort der Untat verlassen.

      »Bader, eines möchte ich von dir noch wissen.« Tile Brandis sprach zwar den Bademeister an, schaute aber auf Alfeld.

      »Ja, Herr?«

      »Als du Klingenbiel zur Ader ließest, war dein Knecht bei dir, nicht wahr? Warum?«

      »Er musste das ausströmende Blut in einer Schale auffangen«, entgegnete der Bader.

      »Hochwürden, ein Mord!«, sagte einer der beiden Kleriker, kaum dass sie das bischöfliche Speisezimmer betreten hatten. Der Schweiß lief ihm über das Gesicht.

      »Ein Mord?« Der Offizial richtete sich auf.

      »In der Stadt«, sagte der zweite Geistliche. Er war jünger und schwitzte nicht so stark. »Ein Holzhändler aus Einbeck … In der Badestube … erstochen.«

      »Auf städtischem Rechtsgebiet?«, erkundigte sich Domherr Friedag. Die Geistlichen nickten. Bruder Eusebius legte den Hahnenflügel zurück auf den Teller.

      »In der Badestube?« Fannemanns Mund umspielte ein kaum wahrnehmbares Lächeln. Bruder Eusebius bemerkte es und war verwundert, denn ein Mord war ein verdammenswertes Verbrechen, über das man nicht schmunzelte. Traurig blickte er zu dem Kapaun. Eine innere Stimme sagte ihm, dass der Vogel unverzehrt in die Küche wandern würde.

      »Wenn das Verbrechen auf städtischem Grund begangen wurde«, sagte der bischöfliche Offizial, »dann ist der Rat für die Verfolgung und das Gericht zuständig.«

      »Was heißt: Wenn?«, fragte Fannemann sichtlich vergnügt. »Wir wissen doch, dass die Untat dem Stadtrecht unterliegt, schließlich wurde sie in einer städtischen Badestube begangen. Sie geht uns also überhaupt nichts an.«

      »So ist es«, bestätigte Eusebius. Noch stand der Kapaun auf dem Tisch, und der Mönch hatte mittlerweile solchen Hunger, er würde ihn auch kalt verschlingen, wenn das nicht unangemessen wäre.

      »Für den Rat ist das natürlich eine unerfreuliche Angelegenheit«, meinte der Weihbischof. »Morde gibt es ja häufiger, aber stellt euch mal vor, was geschieht, wenn sich herumspricht, dass der Rat nicht in der Lage ist, Fremde innerhalb der Stadtmauern vor Übergriffen zu schützen. Danke!« Fannemann bedeutete den beiden Weltgeistlichen mit einem Fingerzeig, dass sie sofort verschwinden sollten. Sie gingen hinaus, begleitet von dem bischöflichen Beamten. Eusebius starrte nicht mehr den Kapaun, sondern seinen Ordensbruder an: Fannemann brütete offensichtlich einen hinterhältigen Gedanken aus. »Man könnte die Tat auch als Verletzung des Gastrechts sehen«, spann dieser seinen Einfall fort, nun ohne unberufene Zeugen. »Ein Zeichen des Chaos, ausgelöst von den Lutheranern. Denkt an die Einbecker. Sie haben 1529 die evangelische Konfession eingeführt, und elf Jahre später brennt die Stadt ab. Ein Strafgericht Gottes?« Fannemann hatte sich in eine Hochstimmung geredet, aber nur Eusebius bemerkte es.

      »Den Brand hat man doch aber Heinrich dem Jüngeren angelastet, und der СКАЧАТЬ