Kafir. Amed Sherwan
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Название: Kafir

Автор: Amed Sherwan

Издательство: Bookwire

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783960542391

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СКАЧАТЬ Fladen. Sobald er anfing Blasen zu schlagen, hob sie ihn vom Metall und legte ihn auf den Stapel links von sich, wo der Teig schnell steif wurde. Wenn wir das Brot später essen wollten, mussten wir es mit etwas Wasser besprenkeln, damit es wieder weich und geschmeidig wurde.

      »Pass auf«, sagte meine Mutter. Beim Brotbacken durfte ich ihr nicht zu nahe kommen, sie hatte Angst, dass ich etwas umstoßen und mich an dem Feuer verbrennen konnte. Ich ging dann raus, um den Block. Auf den großen Straßen fuhren die Autos im ständigen Strom, es gab keine Ampeln für Menschen. Wer rüber wollte, musste auf Gott vertrauen und sich todesmutig in den Verkehr stürzen. Das durfte ich noch nicht alleine. Also ging ich durch die ruhigen kleinen Seitenstraßen um unser Haus, grüßte den Friseur und schlenderte weiter.

      Einmal entdeckte ich dabei ein kleines schwarzes Fellknäuel neben einem Hauseingang unweit des Friseursalons. Meine Katze lag auf der Seite, ihre Augen starrten geradeaus. Ich fasste sie vorsichtig an, ihr Körper unter dem Fell war hart wie Stein. Ich sprang auf, lief zum Friseur und erzählte ihm von meinem schrecklichen Fund.

      »Wilde Tiere leben gefährlich«, sagte er, streichelte mir tröstend über den Kopf und erklärte mir, dass einige Menschen vergiftete Köder auslegten für die wilden Katzen und Hunde der Stadt. »Geh lieber schnell wieder nach Hause.«

       DER TOD

      »Ich habe kürzlich zum ersten Mal einen toten Menschen gesehen«, erzähle ich dem Trainer. »Ein Freund von mir ist überraschend gestorben.«

      »Und du hast ihn dann tot gesehen?«, fragt der Trainer verwundert.

      »Wir waren bei der Aufbahrung im Bestattungsinstitut und haben Abschied genommen.«

      »Macht man das so in Deutschland? Das wusste ich nicht.«

      »Es machen wohl nicht alle so«, gebe ich weiter, was mir meine Freundin erklärt hat. »Jedenfalls denke ich seitdem viel über den Tod nach. Es gibt viele Menschen, die ich wahrscheinlich nie wieder sehen werde. Aber es ist anders, wenn jemand stirbt und du es mit Sicherheit weißt. Ich habe immer Angst, dass meine Eltern sterben und ich sie nie wieder in die Arme schließen werde.«

      Er nickt.

      »Früher habe ich fest an ein Leben nach dem Tod geglaubt, aber seitdem mir der Glaube abhandengekommen ist, hat Sterben eine andere Bedeutung für mich«, sage ich. »Vielleicht macht der Glaube an ein Leben nach dem Tod die Leute so fahrlässig im Umgang mit Menschenleben?«

      »Ich hatte meine erste Begegnung mit dem Tod als Soldat«, sagt er.

      »Wie war das?«

      »Na, wie war das wohl?« Er macht sich sein Haargummi ab, streicht die Haare wieder glatt nach hinten und bindet sich einen Zopf.

      »Was ist denn genau passiert?«

      Er wirkt plötzlich sehr angegriffen.

      »Wir haben auf die Ankunft ganz junger neuer Rekruten gewartet. Als sie nicht wie geplant ankamen, haben wir uns auf den Weg gemacht. Und da lagen sie dann, alle tot, mehr als zwanzig junge Männer, einfach erschossen. Sie sind in einen Hinterhalt geraten. Wir mussten ihre Kleidung durchsuchen nach persönlichen Gegenständen. Ich fand ein Mobiltelefon und habe damit die Familie des Jungen angerufen. Es war furchtbar.«

      »Und danach bist du desertiert?«

      »Nein, noch nicht. Aber ich habe immer deutlicher gemerkt, dass ich das nicht kann«, seufzt er. »Ich wusste, dass der Tag kommen würde, an dem ich selber töten müsste oder sterben. Und dann bin ich geflüchtet.«

      Ich hole mein Mobiltelefon raus und lese ihm einige Kommentare unter einem Post von mir vor. »Hör dir mal an, was die geschrieben haben: ›Ach, du bist nach Deutschland geflüchtet, um nicht für dein Heimatland kämpfen zu müssen? Was bist du für ein Mann? Lässt andere für deine Heimat kämpfen und lebst solange in der Fremde ein schönes Leben. Schäm dich.‹ Oder hier: ›Ja, ich würde meinen Sohn in den Kampf schicken, wenn Deutschland angegriffen würde. Ja, ich würde auch selbst zur Waffe greifen und mein Land verteidigen. Vor allem, wenn ich ein Mann wäre, würde ich mich schämen, davonzulaufen und andere für mein Land kämpfen zu lassen.‹ Die würden sich gut mit meinem Vater verstehen.«

      »Die haben garantiert noch keinen Krieg erlebt«, sagt der Trainer. »Ich hatte viel weniger Angst vorm Sterben als vor dem Töten.«

      »Warum bist du dann überhaupt Soldat geworden? Wurdest du zum Wehrdienst eingezogen?«

      »Nein, ich habe mich freiwillig gemeldet. Und anfangs war es auch in Ordnung. Es war drei Monate nach Beginn des Bürgerkriegs und ich hatte zuerst nur ungefährliche Dienste.« Er nimmt sein Telefon. »Willst du mal sehen?« Er sucht ein bisschen und zeigt dann Fotos. Sein Gesicht mit demselben Lachen, aber mit kurzen Haaren und Sonnenbrille vor einem Panzer, im Jeep, mit Maschinengewehr, zusammen mit anderen jungen Männern, die alle so aussehen, als wäre es nur ein Spiel.

      »Der Tarnanzug stand dir doch ganz gut«, grinse ich.

      Er schüttelt den Kopf und wirft einen kleinen Zweig ins Wasser. Wir schauen zu, wie er dahintreibt. »Ich war naiv. Ich wusste nach dem Abitur nicht genau, was ich werden sollte, und dachte, dass ich mich beim Militär selber finde. Aber ich habe mich beinahe verloren. Und nun sitze ich hier nutzlos rum. Manchmal träume ich, dass alles nur ein Albtraum war. In meinem Traum wache ich auf und bin in meinem hellen Zimmer im Haus meiner Eltern. Ich gehe ans Fenster und schaue im Morgenlicht über die schöne Stadt. Und ich lache, weil ich alles nur geträumt habe. Und davon wache ich dann wirklich auf und starre an die dunkle Decke meiner düsteren Wohnung.« Er inhaliert und guckt traurig über das Meer.

      »Bereust du deine Flucht?«, frage ich ihn.

      »Nein, sonst wäre ich jetzt wahrscheinlich tot.«

      »Ich bin froh, dass du geflüchtet bist«, sage ich. »Zusammen sitzt es sich viel schöner nutzlos rum als allein.«

       DIE PRÜFUNG

      Am Tag meiner Einschulung spiegelte ich mich in den Fenstern aller Autos, an denen wir auf dem Weg zur Schule vorbeikamen. Ich war stolz auf mein weißes Hemd und die graue Hose meiner Schuluniform. Ich entdeckte erst einige Monate später, dass die Farben sehr unpraktisch waren.

      »Warum hast du Schuhabdrücke auf deiner Hose und deinem Hemd?«

      Meine Mutter sah mich ernst an, als ich von der Schule kam.

      »Wir haben gespielt«, antwortete ich und wollte an ihr vorbeigehen.

      »Beim Spielen kriegt man doch keine Fußabdrücke auf die Kleidung.«

      Im Islamunterricht war ich der Klassenbeste. Auch die Buchstaben lernte ich schnell. Ich war wissbegierig und neugierig und oft platzte mir die Antwort auf eine Frage der Lehrer einfach raus. Trotzdem war ich das Gespött der Klasse. Das Rumsitzen langweilte mich. Ich kippelte oft mit dem Stuhl, manchmal fielen meine Schulhefte dann runter. Wenn ich sie aufheben wollte, entdeckte ich etwas Interessantes unter dem Tisch. Und wenn meine Lehrer mich dann etwas fragten, wusste ich oft nicht mehr, worum es gerade ging. Dann kicherten die anderen über mich.

      Und in den Pausen lauerten sie mir auf. Sie ärgerten mich damit, dass ich eine Fehlstellung СКАЧАТЬ