Fundstücke. Georg Markus
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Название: Fundstücke

Автор: Georg Markus

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783903083813

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СКАЧАТЬ und kulturellen Leben der Donaumetropole teil, geriet durch Romeo Seligmann in den Kreis um die Dichter Franz Grillparzer, Eduard von Bauernfeld, Ernst von Feuchtersleben und den einstigen Schubert-Freund Franz von Schober. Vor allem faszinierte sie die Leichtlebigkeit der Stadt, in der sie stets hoffte, neue Eroberungen zu machen. Glücklich ist Goethes Schwiegertochter mit ihren rasch wechselnden Begleitern nie geworden. »Mit einem wilden, angeborenen Freiheitstrieb«, schrieb sie einer Freundin, »war ich doch immer vollkommen Sklavin, wo ich liebte.«

       »Die großen, strahlend braunen Goethe-Augen«

      Alma hatte trotz ihrer nicht unkomplizierten Kindheit ein sonniges Naturell, sie war eine begabte Schülerin, sprachlich gewandt, nahm teils in Weimar, teils in Wien Mal- und Zeichenunterricht, tanzte und spielte Klavier. Nach ihrer Konfirmation durch einen protestantischen Pfarrer in Wien hatte sie bei ihrer Rückkehr nach Weimar die Reife erlangt, an den Fürstenhof geladen zu werden. Anlässlich eines glänzenden Hofballs, bei dem der Erbgroßherzog Karl Alexander und seine Cousine Prinzessin Sophie der Niederlande ihre Vermählung feierten, forderte sie der hochgeborene Bräutigam zum Tanz zur Melodie des populären Sternenwalzers auf – und das war wohl der gesellschaftliche Höhepunkt in Alma von Goethes kurzem Leben. Die Ballgäste waren von ihrem offenen Wesen angetan und priesen »ihr frisches Lachen, ihre energischen Bewegungen und die großen, strahlend braunen Goethe-Augen«, wie man sie auch an ihrem Großvater so geschätzt hatte.

      Alma schloss sich in Weimar einem Wohltätigkeitsverein an, in dem junge Damen Gewänder für notleidende und kranke Kinder nähten. Weimar war auch der Ort, den sie als ihr Zuhause sah. Mit der ihr zunehmend peinlich werdenden, liebestollen Mutter auf Reisen zu gehen, gefiel ihr weit weniger, auch weil sie in Weimar einen großen Freundeskreis hatte, dem nun schon zwei Verehrer angehörten. Hugo von Schmeling hieß der eine, seines Zeichens Fähnrich des Gardebataillons zu Potsdam, der andere war ein Herr von Boynburg, »ein sehr hübscher Mensch, welcher eine süperbe Figur hatte und prächtig tanzte«.

       »Über Deinen Brief konnte ich wohl nur außer mir sein«

      Alma hatte den innigen Wunsch, nach Beendigung ihrer Schulstudien die Stelle einer Hofdame im Hause Sachsen-Weimar anzutreten, was ihre Mutter brüsk ablehnte, weil sie vermutete, dass dies nur ein Vorwand ihrer Tochter wäre, sich von ihr loszusagen. »Liebe gute Mutter«, antwortete Alma, »über Deinen Brief konnte ich wohl nur außer mir sein, ich habe so geweint, dass ich nicht Zeichenstunden nehmen konnte. Ich hätte nicht gedacht, dass Du so an meiner Liebe zweifeln kannst … es ist töricht von mir gewesen, den Wunsch Hoffräulein zu werden, zu haben.« Nur ihrem Bruder Walther gestand sie in einem anderen Schreiben, dass sie ihren Traum noch nicht ausgeträumt hätte: »Es umarmt Dich Deine sehr gern Hoffräulein werden möchtende Schwester Alma.«

       Ottilie behandelt Alma, als wäre sie ihr Eigentum

      Ottilie von Goethe behandelte Alma mit zunehmendem Alter und abnehmender Anzahl ihrer Liebhaber, als wäre sie ihr Eigentum, und wenn ihr danach war, musste das Töchterchen mit ihr reisen. Wie unerfreulich das sein konnte, erfuhr Alma im Sommer 1842, als sie in einem Landgasthof abstiegen, von dem aus Ottilie ihrem Sohn Walther brieflich von einem »Reiseabenteuer« berichtete. »Drei englische Gentlemen« hätten sich vor ihrer Zimmertür laut miteinander unterhalten, worauf sie »ohne Schuh und Strümpfe« die Tür geöffnet und eine »kleine Flirtation« mit den Herren begonnen hätte, um – wie sie kokett hinzufügte – »nicht aus der Übung zu kommen«. Ottilie bedauerte, nicht auch noch am Abend in der Gaststube mit den Engländern geflirtet zu haben, aber sie hätte eingesehen, dass dies »für eine Lady unschicklich« gewesen wäre.

       Alle drei Goethe-Enkel lehnen das lasterhafte Leben ihrer Mutter ab

      Die krankhaften Protzereien mit irrealen Romanzen im Beisein seiner 15-jährigen Schwester versetzten den 24-jährigen Walther in Wut. »Ich finde Deine Abenteuerlust«, schrieb er an seine Mutter, »nicht sehr günstig für Alma und wollte, Du bliebst immer als Lady oben in Deiner Stube; überhaupt sehe ich für Alma die größten Gefahren, da Du viel zu sehr mit Dir beschäftigt bist, um sie immer zu hüten.«

      Alle drei Goethe-Enkel lehnten das lasterhafte Leben ihrer Mutter ab, bei Walther schlugen sich die erotischen Eskapaden auch aufs Gemüt, und er hatte sein Leben lang Angst davor, mit der weiblichen Sexualität in Berührung zu kommen.

       Almas letzte Reise führt nach Wien

      Im Sommer 1844 treibt es Ottilie einmal mehr nach Wien, und Alma muss wieder mit dabei sein, so wollte es ihr unbarmherziges Schicksal. »Ich freue mich ungeheuer auf Weimar«, schreibt sie aus Wien voller Heimweh an ihre Großmutter, »ach, wie viele Bälle wird es im Winter dort geben«.

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       Sie musste, ohne es zu wollen, mit ihrer Mutter nach Wien reisen: Alma von Goethe in ihrem letzten Lebensjahr

       Niemand ahnt, dass dies ihr letzter Auftritt sein würde

      Doch es gibt keinen Winter mehr. Von der Mutter alleingelassen, baut sich Alma in Wien ihren eigenen Freundeskreis auf. Als der berühmte Botaniker und Goethe-Verehrer Stephan Endlicher, Direktor des Botanischen Gartens der Universität Wien, von Almas Anwesenheit erfährt, gibt er ihr zu Ehren am 27. September 1844 ein Gartenfest mit Tanz, das als Huldigung für die prominente Enkelin gedacht ist. Schüchtern und fast hilflos nimmt Alma, in einem rosafarbenen Moirékleid glänzend, den Applaus und die Verbeugungen der Gäste entgegen und zeigt sich glücklich über den freundlichen Empfang. Keiner der Anwesenden ahnt, dass dies ihr letzter Auftritt sein sollte.

      Strahlend vergnügt kommt Alma heim zu ihrer Mutter, beginnt aber bald darauf über Kopfschmerzen zu klagen. Nach einer unruhigen Nacht stellen sich Symptome einer ernsten Erkrankung ein. Das Mädchen liegt den ganzen Tag über auf dem Sofa, Ottilie weicht nicht von ihrer Seite und liest aus einem Buch vor. Am Abend richtet sich Alma plötzlich auf, schlingt die Arme um den Hals ihrer Mutter und ruft: »Mein Mütterchen, Mamachen!« Als sie am nächsten Morgen erwacht, geht hohes Fieber mit einer Bewusstseinstrübung einher. Die befreundeten Ärzte Romeo Seligmann und Ernst von Feuchtersleben – letzterer auch Lyriker und ein Bewunderer Goethes – werden gerufen und stellen eine Typhuserkrankung fest. Verschmutztes Trinkwasser hat in Wien zu einer Epidemie, die viele Todesopfer fordert, geführt.

       Der Tod ereilt Alma auf der Mölker Bastei Nr. 87

      Alma stirbt noch am selben Tag, dem 29. September 1844, einen Monat vor ihrem siebzehnten Geburtstag, in der von ihrer Mutter gemieteten Wohnung an der Mölker Bastei Nr. 87.

      Die Enkelin des Dichters wurde zwei Tage nach ihrem Tod auf dem Ortsfriedhof Währing – dem heutigen Schubertpark – beigesetzt. Mehr als vierzig Jahre später, inzwischen ist auch ihre Mutter schon verstorben, wurden Almas Gebeine auf Initiative der Familie Henckel von Donnersmarck nach Weimar überführt, wo sie zu Füßen des geliebten und verehrten Großvaters ruhen.

       Ein Wiener Brunnen erinnert an Goethes Enkelin

      Alma hatte bei ihrem letzten Wien-Besuch aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Lebensfreude und ihres einnehmenden Wesens in kurzer Zeit Aufsehen erregt. Der Münchner Bildhauer Ludwig Schwanthaler arbeitete in diesen Tagen am Standbild der Austria, die Österreich personifizieren und den von ihm entworfenen Austriabrunnen krönen sollte. Kurz vor ihrem Tod war Alma ihm für diese Figur Modell gestanden. Der Brunnen befindet sich heute auf der Wiener Freyung.

       Grillparzers Nachruf auf Alma von Goethe

      Franz Grillparzer, der Goethe einst in Weimer besucht und zu Ottilies Wiener Freundeskreis gezählt СКАЧАТЬ