Halt. Michael Donkor
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Название: Halt

Автор: Michael Donkor

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783960541998

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СКАЧАТЬ lag. Unter ihrem Arm klemmte ein hölzerner Stock. Auch Belinda ließ die Aussicht auf sich wirken. Mary stöhnte und stürmte mit der Minikamera davon, die Aunty ihnen geliehen hatte. Der Zoo war schön, aus unzähligen dunklen Sträuchern schossen Orchideen hervor wie beflissene Hände und reicherten die Luft mit ihrem süßen Duft an. Überall standen Cashewbäume, beladen mit ledrigen Früchten. Selbst die Eidechsen wirkten hier anders, ihre Streifen farbintensiver. Bäche zogen sich durch die Landschaft, in denen unbekannte Fische aufblitzten. Von Zeit zu Zeit drang aus den Baumwipfeln viel Geschrei.

      »Die Strauße?«, fragte Mary beharrlich.

      »Wenn du dir den Aushang in Erinnerung rufst, der dir am Eingang begegnet ist, wird du dich entsinnen, dass wir diese Strauße zu unserem Bedauern nicht mehr zeigen können. Infolge von Budgetkürzungen wurden sie unserer Obhut entzogen. Ich dürfte dir das eigentlich gar nicht verraten. Ich soll nämlich verkünden, dass diese Strauße dem Zoo von Washington als Leihgabe überlassen wurden, in den Vereinigten Staaten von Amerika, das verleiht uns Prestige und dich macht es stolz, dass der Zoo-oh deines Landes seine Tiere dem Westen zur Verfügung stellt.« Die Hostess strich sich ein paar verschwitzte Strähnen aus den Augen. »Stimmt aber nicht. Tut mir leid. Wir haben unsere Strauße verkauft. Ja, verkauft. Denn wie soll man so große majestätische Vögel in einem Land wie dem unsren halten, wenn hier so viele Menschen immer noch nicht lesen und schreiben können?«

      »Kro-ko-dile! Da!« Mary zeigte auf die Beschriftung eines ausgeblichenen Schilds. Belindas Arm schwang hin und her, als Mary sich von ihr losmachte und einen Pfad entlangrannte.

      »Vorsicht! Er kommt aus dem Norden – und wir haben ihn seit rund vier Tagen nicht mehr gefüttert – die Budgetkürzungen!« Die Hostess eilte Mary hinterher.

      Belinda folgte, bahnte sich einen Weg durch das Blattwerk und biss an ihren Fingernägeln, spuckte den roten Lack aus, der an ihrer Zunge haften blieb. Sie wollte einen passenden Ort, etwas versteckt, einen Ort, an dem sie unter sich wären, für den Augenblick der Wahrheit. Aber sämtliche Plätze, an denen der Pfad vorbeiführte, waren von Besuchern besetzt, die mit sich selbst beschäftigt waren. Ein indisches Paar mit Baseballkappen im Partnerlook, beide mit Fernglas um den Hals, saß auf einer Bank. Bei den Stachelschweinen öffnete ein Familienvater seine Aktentasche vor den Augen von drei erwartungsvollen Kindern. Die drei Krankenschwestern vom Eingang hakten sich voneinander los, eine blieb stehen, um sich die Hüfte zu reiben. Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, musste Belinda, weil ihr Kleid keine Taschen hatte, die restlichen Cedis in ihren BH stopfen, nachdem sie Mary einen großzügigen Anteil des Gelds, das für diesen Tag bestimmt war, überlassen hatte, sodass ihre Brust monströs aussah und unangenehm drückte. Die Stöckelschuhe, die Belindas Füße laut Aunty und Nana »feminin« erscheinen ließen, zwängten ihre Zehen ein und schmerzten sogar mehr als Magenkrämpfe.

      »Ich muss mit den schlimmstmöglichen Maßregelungen rechnen, wenn das Mädchen verlorengeht. Akwada bone! Wo wein?« Die Hostess machte einen Hüpfer, sah sich nach allen Seiten um, brüllte in die Richtung, die Mary so blitzschnell eingeschlagen hatte. »Dieses Krokodil hat nichts, aber auch gar nichts im Magen, Kindchen. Es wird sich auf dich stürzen und nach deinen Knöcheln schnappen, auch wenn da kein bisschen Fleisch dran ist. Du musst allergrößte Vorsicht walten lassen!«

      Mary sprang hinter einem Baum hervor. Vor Schreck tat Belinda einen Satz.

      »Was hat eine so schlechte Beschilderung mit Budgetkürzungen zu tun?«, fragte Mary die Hostess. »Wir gehen und gehen und wie viele Kro-ko-dile habe ich gesehen? Kein einziges, Madam. Kein einziges hat nach meinem Füßchen geschnapppt.«

      »Was hast du nur für eine große Klappe!« Die Hostess ließ sich auf das Spiel ein, streckte Mary die Hand entgegen.

      »Führen Sie mich hin?«

      »Ich führe dich hin.«

      Mary fragte die Hostess nach ihrem Namen, dann wollte sie wissen, ob sie verheiratet sei und wie sie das finde. Hinter den beiden kämpfte Belinda mit den Lagen ihres langen, goldenen Kleids und dachte daran, wie manche Frauen von ihren pausbäckigen Babys behaupteten, die man von einem Verwandten zum nächsten weiterreichen konnte, ohne dass sie weinten: »Ach, er ist so ein lieber Junge – ihm ist jeder recht!« Auch wenn Mary diesen Vergleich gehasst hätte, war sie ebenso unbekümmert. Belinda wischte sich etwas Klebriges vom Hals, das aus dem Laubwerk über ihr gefallen war. Sie könnte ja zunächst betonen, dass es kein schwerer Verlust wäre. Bestimmt gäbe es bald eine neue Belinda. Ein weiteres unscheinbares Mädchen aus irgendeinem Buschdorf, das kommen würde, um die piekfeine Ruhestandsvilla von Aunty und Uncle hübsch sauber zu halten. Mary müsste sich dann nur höflich vorstellen, dem neuen Hausmädchen zeigen, wo die Handtücher und alle anderen Sachen waren, und dann könnten sie gleich loslegen. Es würde Mary leichtfallen, auf diese neue Belinda zuzugehen. Es würde ihr sogar guttun. Ja. Belinda wusste aber, dass Mary fragen würde, ob man sie auch so leicht ersetzen könne, ob eine neue Mary so einfach zu finden sei. Belinda durfte auf keinen Fall Amma erwähnen.

      Weiter vorn, hinter dem Hitzeflimmer, erhob »Priscilla«, die Hostess, ihren Stock, schob einen Laubvorhang beiseite und ließ Mary vorgehen. Belinda stolperte weiter. Ein baufälliger Zaun und welkende Gräser hegten den Sumpf ein. Libellen und Gnitzen bewegten sich im Dunst auf und ab. Zerbrochenes Holz und etwas Langes, Gewundenes, das aussah wie ein verdrecktes Seil, trieben an der Oberfläche dahin, und Belinda konnte ihre Trägheit verstehen. Aus dem Wasser ragten Schlammkuppen. Ein Tröpfeln brachte Unruhe in die stille Luft und das fahle Licht.

      »Meine Damen und Keine-Herren, darf ich vorstellen … Reginald!«

      Mary klatschte, aber kurz darauf sah Belinda, wie sich ihr Gesicht verzerrte, als klar wurde, dass der Applaus ungehört verhallt war. Sie saß im Schneidersitz auf dem feuchten Boden, als Priscilla sich zu ihr gesellte, und sagte: »Reginald gefällt mir nicht, als Name für ein Krokodil. Sag mir, seinen Namen von hier. An – an welchem Tag ist er geboren?«

      »Er ist vor ungefähr drei Jahren hier angekommen. Starke Männer haben ihn mit einem Laster aus Bolgatanga den ganzen weiten Weg hierhergebracht.«

      »An. Welchem. Tag. Bitte?«

      »Ich glaube, die Lieferung kam an einem Dienstag, dann –«

      »Dann nehmen wir das. Lasst uns nach Kwabena rufen. Los.« Belinda arbeitete sich zu ihnen vor, verfluchte ihre Schuhe, setzte sich wie die beiden anderen auf den Boden und klatschte in Richtung Wasser. »Kwabena?! Aba! He? Zierst du dich etwa? Adɛn

      Nichts. Nichts außer Stille.

      »Ähm, wir haben auch Taranteln, die ich dir zeigen könnte. Wie wär’s damit?«

      »Ich hasse Spinnen. Und die hab ich sowieso, bei mir zu Hause, bei Aunty und Uncle zu Hause, wo ich putze, wo wir putzen, ino be so, Belinda? Die, die kommen ins Bad. Vor Kakerlaken haben sie keine Angst. Wir auch nicht.« Mary blickte vage zwischen Belinda und Priscilla hin und her, dann wurde sie sehr bestimmt. »Sie sind übrigens nicht unsere richtige Tante und richtiger Onkel. Aber Sie wissen ja, Tradition und Respekt gebieten, die Älteren so anzureden, und ich bin ein hundertprozentig respektvolles Kind.«

      Belinda fragte sich, welche Art von Gefährtin sie für sich selbst ausgesucht hätte, wenn sie sich eine hätte aussuchen dürfen. Als der Fahrer sie vor sechs Monaten aus Adurubaa und von Mutter weggeholt und dann diesen unerwarteten Zwischenhalt in der Nähe von Baniekrom eingelegt hatte – wie wäre wohl alles gekommen, wenn irgendein anderes Mädchen ins Auto gestiegen wäre und sich freundlich vorgestellt hätte?

      Das Wasser teilte sich. Sie wichen alle drei zurück. Diamanten sprühten und spritzten, als Kwabena vorpreschte. Er schnappte nach СКАЧАТЬ