Wie die Zeit vergeht. Georg Markus
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Название: Wie die Zeit vergeht

Автор: Georg Markus

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783902998590

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СКАЧАТЬ Mozart lebte auf großem Fuß, hatte meist geräumige Wohnungen mit Personal, besaß ein Reitpferd und andere Luxusartikel. Doch der wahre Grund der Finanznot lag in seiner krankhaften Leidenschaft fürs Glücksspiel. »Er spielte hoch, ganze Nächte hindurch, er war sehr leichtsinnig«, vermerkte sein Zeitgenosse, der Kapellmeister Destouches. Karten und Billard wären ihm wichtiger gewesen als das Klavierspiel: »Wenn ein berühmter Billardspieler in Wien ankam, hat’s ihn mehr interessiert als ein berühmter Musiker.« Mozart dürfte den größten Teil seines Vermögens verspielt haben.

      Aber er war ein treu sorgender Familienvater, seine Ehe mit Constanze galt als glücklich, von den vielen Liebschaften, die ihm unterstellt werden, ist keine nachweisbar.

      Zeitgenossen beschrieben ihn als aufbrausend, ungestüm und im Umgang mit Musikerkollegen alles andere als diplomatisch. Er hat seine Meinung immer offen ausgesprochen und sich damit Gegner und Neider geschaffen. In seiner Arbeit hektisch, aber diszipliniert, hielt Mozart bestimmte Tageszeiten ein, in denen er komponierte.

      Im Jahre 1790 ging es dem sonst eher fröhlichen Gemüt psychisch schlecht. Österreich steckte in einer Krise, die zur Folge hatte, dass der Besuch seiner Konzerte nachließ. Von den vielen Spekulationen, die seine Person betreffen, lässt sich die um seinen Tod am wenigsten aus der Welt schaffen. Da die wirkliche Ursache für sein Ableben nie nachgewiesen werden konnte, gelangten Medizinhistoriker, die Mozarts Krankheiten beschrieben, zu widersprüchlichen Ergebnissen.

      Die absurde Version, sein Rivale Antonio Salieri hätte ihn ermordet, hält keiner Überprüfung stand. Salieri empfand Mozart nicht als Konkurrenz, er war als Hofkapellmeister in einer wesentlich besseren Position als er. Abgesehen davon, standen die beiden in Mozarts letzten Lebensjahren in gutem Verhältnis zueinander.

      Mozart wurde am 7. Dezember 1791 in einem der damals üblichen »Schachtgräber« am St. Marxer Friedhof beerdigt. Diese waren auf Initiative Josefs II. entstanden, der die Meinung vertrat, dass »bei Toten der einzige Zweck die Verwesung ist«. Deshalb wurden die sterblichen Überreste der meisten Menschen würdelos in ein für mehrere Personen bestimmtes Erdloch geworfen. Die Wiener protestierten dagegen, weil man ihnen mit dieser neuen Bestimmung ihre »schöne Leich« nahm, sodass die Einführung der Schachtgräber zu jenen Maßnahmen Josefs zählte, die wieder zurückgenommen wurden.

      Sie ist jedenfalls der Grund dafür, dass Mozarts Gebeine für alle Zeiten verschwunden sind.

      Mozart war ein in gebildeten Kreisen bekannter Mann, aber keineswegs so populär, dass ihn jeder auf der Straße erkannt hätte. Wirklich berühmt wurde er nach seinem Tod, als der Erfolg der »Zauberflöte« seinen Namen in alle Welt trug.

      Erst als er tot war, wusste jeder, wer Mozart gewesen ist.

      Dass Österreich weltweit als das Musikland schlechthin gilt, hat viel mit Mozart zu tun – aber nicht nur. Erste Hinweise für musikalisches Treiben im Gebiet der heutigen Alpenrepublik finden sich in Instrumenten aus der Altsteinzeit. Im Frühmittelalter zugewanderte Völker übten Einfluss auf die musikalische Entwicklung aus, und ab dem Hochmittelalter kann von einem eigenständigen österreichischen Musikleben gesprochen werden.

      Den »komponierenden Barockkaisern« Ferdinand III., Leopold I., Joseph I. und Karl VI. ist es zu danken, dass die Wiener Hofkapelle im 17. und 18. Jahrhundert zu einem Ensemble von Weltruf wurde. Später begründete die »Wiener Klassik« Wiens Ruf als Weltstadt der Musik, von der sich große Komponisten angezogen fühlten.

      Der bedeutendste neben Mozart war Beethoven. Dessen Vater, selbst Musiker, war vom kleinen Amadeus dermaßen beeindruckt, dass er es sich zum Ziel setzte, auch aus seinem Sohn ein »Wunderkind« zu machen. Ludwig begann in seiner Geburtsstadt Bonn früh zu musizieren, er wurde Bratschist in der Bonner Hofkapelle, ehe er sich als 17-Jähriger entschloss, nach Wien zu reisen, um bei Mozart studieren zu können. 1787 kam es zur ersten und einzigen Begegnung der beiden Giganten. Mozart war von dem um 14 Jahre Jüngeren angetan, lehnte es jedoch ab, ihm Unterricht zu erteilen, da er gerade am »Don Giovanni« arbeitete.

      Beethoven kehrte enttäuscht nach Bonn zurück, um fünf Jahre später neuerlich nach Wien zu kommen. Mozart war inzwischen verstorben, also wandte er sich jetzt an Haydn und Salieri, die ihn beide als Schüler aufnahmen. Von dieser, seiner zweiten Studienreise, kehrte Beethoven nie wieder zurück, er blieb für den Rest seines Lebens in Wien.

      Beethoven erregte schon durch seine ersten Auftritte in der österreichischen Residenzstadt als Komponist wie als Virtuose Aufsehen. Besonders beeindruckten seine Improvisationen am Klavier, deren Höhepunkt er erreichte, als er den berühmten Abbé Gelinek bei einem Wettspiel besiegte. Angeblich stellte Beethoven kurz vor Beginn eines Konzerts fest, dass der Flügel einen Halbton zu tief gestimmt war, worauf er – da die Zeit nicht mehr reichte, um das Instrument neu zu stimmen – sein Erstes Klavierkonzert in C-Dur kurzerhand in Cis-Dur spielte.

      Um das Jahr 1795 bemerkte er, dass sein Gehör stetig nachließ – vermutlich als Folge einer in der Kindheit übergangenen Mittelohrentzündung. »Ich kann sagen, ich bringe mein Leben elend zu«, schrieb der 31-Jährige seinem Freund Franz Georg Wegeler, »seit zwei Jahren fast meide ich alle Gesellschaften, weil’s mir nun nicht möglich ist, den Leuten zu sagen: Ich bin taub. Hätte ich irgendein anderes Fach, so ging’s noch eher; aber in meinem Fach ist das ein schrecklicher Zustand.«

      Bei aller Tristesse blitzen Spuren von Humor durch. So etwa am 2. September 1812, als Beethoven mit Goethe zusammentraf. Beide waren auf Kur in Karlsbad und beschlossen, eine gemeinsame Spazierfahrt zu unternehmen. Die Leute, die den Wagen mit den beiden Männern vorbeifahren sahen, blieben stehen und grüßten ehrfürchtig.

      »Es langweilt mich, so berühmt zu sein«, sagte Goethe, »schon deshalb, weil mich alle Leute grüßen!«

      »Eure Exzellenz brauchen sich nichts daraus zu machen«, erwiderte Beethoven, »vielleicht bin ich es, den die Leute grüßen.«

      Beethoven musste seine Konzertreisen und Auftritte als Klaviervirtuose einstellen und widmete sich seinen Kompositionen. Er litt an Magen- und Darmbeschwerden, deren Ursprung vermutlich eine Bleivergiftung war. Ab dem Jahre 1819 vollkommen taub, komponierte er unaufhörlich weiter. »Es fehlte wenig, und ich entledigte selbst mein Leben«, schrieb er in seinem berühmten Heiligenstädter Testament. »Nur sie, die Kunst, sie hielt mich zurück, ach es dünkte mir unmöglich, die Welt eher zu verlassen, bis ich das alles hervorgebracht … und so friste ich dieses elende Leben.«

      Als Beethoven am 7. Mai 1824 im Wiener Kärntnertortheater die kurz davor fertig gestellte Neunte Symphonie op. 125 dirigierte, stand er mit dem Rücken zum Publikum und las die Worte der Sänger von ihrem Munde ab. Es wurde ihm als Zeichen von Arroganz ausgelegt, dass er dem frenetisch applaudierenden Publikum weiterhin den Rücken zuwandte. Die Sängerin Caroline Unger begriff, dass der taube Komponist den Jubel nicht hören konnte, sie ging auf ihn zu, nahm Beethoven an den Schultern und zwang ihn, sich mit dem Gesicht den Menschen im Konzertsaal zuzuwenden. Erst jetzt merkte er, welch triumphalen Erfolg er errungen hatte, und verbeugte sich tief bewegt.

      Die Folgen der Taubheit prägten Persönlichkeit und Erscheinungsbild des in jungen Jahren geselligen Beethoven, der sich nun völlig zurückzog und dem Alkohol hingab. Er führte ein unstetes Leben, bezog in seinen 35 Wiener Jahren 35 Wohnungen.

      Er hat alles versucht, das Fortschreiten seiner Schwerhörigkeit zu beenden, doch die langwierigen Badekuren halfen ebenso wenig wie die oft propagierten neuen Hörrohrsysteme aus Holz, Stein und Metall, in die er so viel Hoffnung gesetzt hatte.

      1822 stattete ihm sein großer italienischer Kollege Gioacchino Rossini anlässlich seines Wien-Aufenthalts einen Besuch ab. Rossinis Schilderung gibt Zeugnis über die Lebensumstände des Giganten. »Ich stieg die Treppen zu der ärmlichen Wohnung Beethovens hinauf«, erinnerte СКАЧАТЬ