Wie die Zeit vergeht. Georg Markus
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Название: Wie die Zeit vergeht

Автор: Georg Markus

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783902998590

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СКАЧАТЬ – der Hinrichtung seines Bruders Maximilian von Mexiko, dem tragischen Tod seines Sohnes Rudolf, der Ermordung seiner Ehefrau Elisabeth und seines Thronfolgers Franz Ferdinand – zu tun.

      Zu seinen Lebzeiten war Franz Joseph übrigens wesentlich beliebter als »Sisi«, da er als Herrscherpersönlichkeit alles überstrahlte, während die Bevölkerung für das Luxusleben seiner Frau wenig Verständnis zeigte.

      Seiner großen Popularität entsprechend, ranken sich zahllose Episoden um die Figur des alten Kaisers. Die schönste vielleicht erzählt vom täglichen Besuch, den der Monarch frühmorgens von seinem Leibarzt Dr. Kerzl empfing. Die beiden Herren plauderten immer in angeregter Atmosphäre miteinander, meist über ganz harmlose Themen, da sich der Kaiser in den 86 Jahren seines Lebens bester Gesundheit erfreute. Nebenbei und pro forma fragte der Mediziner im Zuge seiner Visiten irgendwann nach dem Allerhöchsten Befinden. Als Dr. Kerzl eines Vormittags aber wie immer zum Kaiser wollte, wurde er von Kammerdiener Eugen Ketterl mit den Worten zurückgehalten: »Majestät bedauern lebhaft, den Herrn Doktor heute nicht empfangen zu können. Majestät fühlen sich nicht ganz wohl und bitten erst morgen wieder zu ihm zu kommen.«

      In den letzten Oktobertagen des Jahres 1916 trat beim Kaiser ein hartnäckiger Bronchialkatarrh auf, der von heftigen Fieberanfällen begleitet wurde. Außerdem konstatierte Hofarzt Kerzl eine bedenkliche Appetitlosigkeit. Mitte November sprach sich Franz Josephs schlechter Gesundheitszustand in Wien herum. Trotz des deutlichen Kräfteverfalls hielt der Monarch seinen seit fast sieben Jahrzehnten gewohnten Lebensrhythmus weiterhin bei. Er stand in aller Früh auf, unterzeichnete Akten, empfing Minister und Abordnungen. »Am Montag, den 20. November, nach einer sehr schlechten, schlaflosen Nacht, in der ihn ein krampfhafter Husten sehr gequält hatte«, notierte Flügeladjutant Albert von Margutti, »saß der Monarch wieder an seinem Schreibtisch, doch die Nacht hatte ihm so übel mitgespielt, dass er kaum atmen konnte und von dem immer noch steigenden Fieber förmlich geschüttelt wurde. Da verlangte er das Heilige Abendmahl.«

      Am selben Tag reiste die engere Familie des Kaisers an. Tags darauf saß er wieder an seinem Schreibtisch, obwohl er sich kaum noch aufrecht halten konnte. »Als Seine Majestät dann endlich zu Bett gebracht war«, hinterließ der Kammerdiener Ketterl, »fragte ich ihn um weitere Befehle. Laut und bestimmt sagte er zu mir: ›Ich bin mit der Arbeit nicht fertig geworden, morgen um halb vier Uhr wecken Sie mich wie gewöhnlich.‹«

      Fünf Minuten vor 21 Uhr am Abend des 21. November 1916 stellten die Ärzte das Ableben Kaiser Franz Joseph I. fest.

      Die Einsegnung des Leichnams fand im Stephansdom statt. Menschen aus allen Teilen der Monarchie strömten nach Wien, um von jenem Mann Abschied zu nehmen, der die Geschicke des Vielvölkerstaates länger als jeder andere gelenkt hatte.

      Eine Monarchie ohne ihn war jenseits jeder Vorstellungskraft. Folgerichtig wurde die Regentschaft seines Neffen und Nachfolgers Kaiser Karl zum Zwischenspiel, das durch die Kriegssituation keine Aussicht auf ein Weiterleben hatte. Und so verzichtete dieser am 11. November 1918 »auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften« und reiste mit seiner Familie über Schloss Eckartsau und die Schweiz nach Madeira.

      24 Stunden später erfolgte die Ausrufung der Republik. Es dauerte aber noch lange, bis die Menschen die ganze Tragweite des Geschehenen erkennen konnten: Aus einem Reich, in dem zuletzt 52 Millionen Bürger gelebt hatten, war ein Kleinstaat mit sechs Millionen geworden, der fast neunzig Prozent des Territoriums verloren hatte.

      Karl Kraus rechnete mit der Monarchie ab, als er den Text der alten Kaiserhymne veränderte: »Gott erhalte, Gott beschütze, vor dem Kaiser unser Land …«

      WOLFERL, FRANZL, SCHANI

       Musikland Österreich

      Ein Volk, das seine Komponisten beim Vornamen nennt, muss wohl eine sehr innige Beziehung zur Musik haben. Und das hat es auch, die Österreicher holten sich aus der Fülle ihrer Begabungen ein paar ganz spezielle heraus und erklärten Wolferl, Franzl und Schani zu ihren Lieblingen. An Genies gibt’s keinen Mangel.

      Mozart ist die oberste Instanz. Und das, obwohl er nie Österreicher war. Als er am 27. Jänner 1756 in Salzburg zur Welt kam, gehörte die Stadt nicht zu Österreich, sie war vielmehr ein souveränes Erzbistum und war davor noch im Herzogtum Bayern gelegen. Als Salzburg österreichisch wurde, war Mozart schon tot.

      Sein Leben zeigt, wie sehr die Menschheitsgeschichte von schicksalhaften Fügungen abhängt: Mozarts Mutter brachte sieben Kinder zur Welt, von denen fünf im Säuglingsalter starben. Eines der beiden, die überlebten, war Wolfgang Amadeus. Er lebte nur 35 Jahre, aber wäre er ein Jahr früher gestorben – wir hätten »Die Zauberflöte« nicht. Andererseits: Welche Melodien wären noch entstanden, hätte er länger gelebt.

      Schon die frühen Kompositionen zeigen das Genie des kleinen Wolfgang, der das Klavierspiel in Vollendung beherrschte, wie sein Vater bescheinigte: »Diesen Menuett und Trio hat der Wolfgangerl den 26ten January 1761 einen Tag vor seinem 5ten Geburtstag um halb 10 Uhr nachts in einer halben Stund gelernet.« Ein Jahr später wurde das Wunderkind bereits auf Konzertreisen gefeiert.

      Mozarts Vater begleitete die ersten Tourneen seines Sohnes und seiner Tochter Maria Anna, genannt Nannerl. Im Alter von sieben Jahren spielte Wolfgang Amadé, wie er sich nun nannte, vor Maria Theresia in Schönbrunn. Oft zitiert wird, wie er der leutseligen Kaiserin »auf den Schoß sprang, sie um den Hals nahm und ihr Gesicht mit Küssen bedeckte«. Weniger bekannt ist, dass Maria Theresia später ihrem Sohn Ferdinand brieflich mitteilte, Mozart gehörte »dem unnützen Volk an, das Kunst nicht als noble Freizeitpassion, sondern zum Profit betreibt«.

      Mozart fühlte sich in der späteren Mozartstadt beengt und ging nach Wien, wo er als freier Komponist arbeitete und Constanze Weber, die Schwester seiner Jugendliebe Aloysia, heiratete. Sie schenkte ihm sechs Kinder, von denen wieder nur zwei den Vater überleben sollten. In dieser Zeit entstanden einige der gewaltigsten Werke der Musikgeschichte: »Die Entführung aus dem Serail«, »Die Hochzeit des Figaro«, »Don Giovanni«, »Cosi fan tutte« … Zwar musste er die ersten Jahre seines Wien-Aufenthalts durch Klavierunterricht »an meist unbegabten Schülern« finanzieren, aber sein überragendes Talent war – zumindest in den musikinteressierten Kreisen – in der Stadt Gesprächsthema.

      Josef II., der Mozart eine Stelle als k. k. Kammerkompositeur gab, wusste, was er an ihm hatte. Als sich ein General während einer Hoftafel beim Kaiser beklagte, dass Mozart sich nicht gehörig benehme, erwiderte Josef gelassen: »Lass Er mir den Mozart in Ruhe. Einen General kann ich mir alle Tage machen, aber einen Mozart nie wieder!«

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