Название: C'est la vie
Автор: Peter Turrini
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783902998163
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13.
Nach dem Kriege
roch es in unserer Baracke
nach Omo und Urin.
Der Klokübel stand in der Küche
aber nur der Vater
durfte ihn benutzen.
Die Kinder
können ja hinaus in den Hof gehen.
Sie müssen sogar in den Hof gehen
wenn der Vater auf den Kübel gehen muß.
14.
In der Volksschule änderte sich die Situation. Der Umgang mit der Sprache, die Bildung, bekam einen Wert, weil sie vom Lehrer gefordert wurde. Ich half meinen Mitschülern, variierte das Aufsatzthema »Mein schönstes Ferienerlebnis« immer wieder, sagte ein, wenn ein Mitschüler auf die Frage des Lehrers keine Antwort wußte. Ich tat dies mit der Bösartigkeit des Vorzugsschülers, der so laut einsagt, daß der Lehrer wohl merkt, wer hier eigentlich der Wissende ist. Es war eine hilflose Rache, die mir wenig einbrachte. Die Klassenkollegen brauchten mich, aber sie verachteten mich, den Besserwisser.
15.
Unser Nachbar
Herr Hudelitz
erschoß sich
mit einem
Schlachtschußapparat.
Der Gemeindesekretär
Herr Fischer
erhängte sich
neben einem
Hitlerbild.
Auf meine Fragen
antwortete meine Mutter
ich sei noch zu klein
um das zu verstehen.
Monatelang
hatte ich Angst
daß sich meine Mutter
und mein Vater
demnächst erhängen
und erschießen
würden.
16.
In der Schule
beim Bauchaufzug
hing ich am Reck
mit angehaltenem Atem
hochrotem Gesicht
und brachte die Füße
nicht über die Stange.
Ich sah aus
wie ein Frosch
oder ein Sack Kartoffeln.
Unter dem ironischen Blick des Turnlehrers
hatte mein schwerer Körper
nichts mehr
mit mir
zu tun.
17.
In der Pubertät macht man seine ersten Erfahrungen am Liebesmarkt, und die waren für mich nicht sehr günstig. Die Dorfmädchen redeten mit mir, aber eingelassen haben sie sich mit den anderen. Das war die Geburtsstunde meines lyrischen Schaffens. Ich schrieb Liebesgedichte für Bauernmädchen, aber ich hatte nicht den Mut, ihnen diese zu geben.
18.
Ich will dich halten,
bis die Kehle einer Blume
hell von dunkel trennt.
Des Mondes Silberhauch
soll mich kühlen
und die Trauer meines Herzens
mir verwehn.
Nacht
soll aus dem Himmel tropfen
auf ein kußgewebtes Meer.
Freudentränen
will ich weinen,
wenn die Welt
im Takte lebt.
Ich will dich halten,
bis die Kehle einer Blume
hell von dunkel trennt.
19.
Mein älterer Bruder
stand in der Früh
mit einem riesigen Steifen
unter dem Pyjama auf.
Es sah aus
als wäre ein gestreiftes Zelt
über einen langen Mast
gespannt worden.
Er ging nicht aufs Klo
er wartete nicht ab
er СКАЧАТЬ