Название: Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman
Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Al Capone Staffel
isbn: 9783863775209
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Wo war Harry Lubber?
»Was ist denn passiert?« hörte Eliot die flotte Cory noch einmal das Mädchen in der Küche fragen.
»Nichts Besonderes. Er ist nur weggegangen.«
»Was, Harry? Wohin denn?«
»Ich weiß es nicht, er hat seinen Hut und seinen Mantel mitgenommen.«
»Aber das ist doch nicht Ihr Ernst!«
»Doch.«
»Vielleicht holt er noch Zigaretten.«
»Da stehen Zigaretten, vier Stangen.«
»Oder vielleicht fehlt sonst irgend etwas.«
»Es fehlt nichts, er hat ja alles aus der Stadt geholt.«
Da wandte sich Eliot um und griff nach seinem Hut. In dem Augenblick, in dem er seinen Mantel von der Garderobe nehmen wollte, hörte er die Haustür gehen.
Im schwachen Schein der kleinen Türlampe erkannte er die Konturen des Malers.
»Nanu, Sie wollen schon weg?«
Eliot blickte ihn ruhig an. »Ich hab’ noch einen Besuch zu machen.«
»Bei wem?«
Da nahm der Inspektor den Mantel über den Arm und hatte den Revolver darunter schußbereit in der Faust.
»Sagen sie, Harry, wie geht’s eigentlich Ihrem Freund Sillot?«
Der Mann in der Tür rührte sich nicht. Er hatte die Linke in die Hüfte gestemmt, den rechten Fuß etwas vorgesetzt, und seine rechte Hand schien in einer Manteltasche zu stecken.
Erst nach einer Ewigkeit kam seine Antwort.
»Sillot? Was ist mit ihm?«
»Das wollte ich ja gerade von Ihnen wissen.«
Niemand achtete auf die beiden Männer, die da in einer Distanz von fünf Schritt einander gegenüberstanden. Der eine in der offenen Tür, der andere neben der Garderobe.
Cory hätte darauf achten können, die kleine vollbusige Cory Gardener, aber sie war schon leicht beschwipst und hatte sich über ihren »Hemingway« geärgert, der ihre Frage nicht beantwortet hatte.
Drinnen im Wohnzimmer jaulte ein Beat, der Jahrzehnte alt zu sein schien und in den Ohren schmerzte. Links von Eliot an der bis zur halben Höhe getäfelten Wand stand eine große Uhr, die jetzt mit blechernem Schlag eine halbe Stunde anzeigte; der Glockenschlag zitterte sekundenlang in der Spirale nach.
Die Spannung riß dem FBI-man an den Nerven. Er hatte eine lange, harte Schule hinter sich und war bei etlichen Einsätzen dabeigewesen. Aber bis zu dieser Stunde hatte er niemals eine solche Situation erlebt. Dennoch hatte er sie bereits auf die Art angefaßt, die einmal in der Story der Polizei der USA Geschichte machen sollte. Er deutete mit der Rechten auf einen beigefarbenen Sessel mit abgeschabter Sitzfläche und sagte mit seiner ruhigen, monotonen Stimme:
»Setzen Sie sich bitte, Mr. Lubber.«
Der verharrte noch immer auf der Stelle und blickte den Inspektor aus ausdruckslosen Augen an. Dann kam plötzlich Leben in seine Gestalt. Er ging vorwärts und ließ sich wie eine Marionette in den Sessel nieder.
»Was wollen Sie?«
»Ich habe nach Ihrem Freund Sillot gefragt.«
Als Lubber keine Antwort gab und ihn wortlos anstarrte, hörte Eliot Ness sich selbst plötzlich mit einer ganz fremden Stimme sagen:
»Und es würde mich interessieren, was Manuel Snyder Ihnen gestern geschrieben hat.« Daß ihm der Gedanke nicht früher gekommen war!
Da sank Lubbers Kopf zwei Inches nach unten. Sein Kinn rutschte auf die Brust.
»Polizei – also«, kam es krächzend durch seine riesigen gelben Zähne.
»Ja«, entgegnete der Inspektor trocken.
Ganz langsam, wie ein volltrunkener Greis, nickte der Mann auf dem Sessel, und dann stützte er sich mit beiden Händen auf.
»Wieviel wissen Sie?«
»Alles!« Es war nur ein einziges Wort. Ein Bluff!
Oder schon perfektes Wissen um die wirklichen Zusammenhänge.
Die nächste Frage, die von den Lippen des FBI-Mannes kommen würde, war entscheidend. Harry Lubber wußte es genau. Deshalb sprach er kein Wort. Aber der Maler vom Renwick Lake hatte sich in dem »Norweger« verrechnet. Die Stille, die zwischen ihnen eintrat, vermochte selbst durch den infernalischen Lärm, der aus der halboffenen Wohnzimmertür in den Flur drang, nicht ausgelöscht zu werden.
Da stieß sich Cory vom Rahmen der Küchentür ab und kam zwischen den beiden Männern hindurch, blieb neben dem Inspektor stehen und wandte den Kopf.
»Du willst mir also nicht sagen, wo wir uns wiedertreffen können?«
»Sie müssen einen Augenblick Geduld haben, Miß Cory«, sagte der Inspektor, »ich werde es Ihnen heute noch sagen.«
»Daß du mir aber ja nicht verschwindest, Hemingway«, sagte sie und ging mit einem Hüftschwung davon, der selbst die selige Monroe hätte erblassen lassen. Die Wohnzimmertür fiel hinter ihr ins Schloß.
Es wäre jetzt im Flur dunkel gewesen, wenn nicht aus der halboffenen Küchentür noch Licht gefallen wäre, das den Inspektor voll traf. Der Mann vor ihm im Sessel aber saß im Dunkel.
Plötzlich stand Lubber auf. Er schob sich mit der Rechten den Hut vom Kopf, kratzte sich in seinem schütteren Haar und schüttelte den Kopf.
»Ich begreife es nicht.«
Ness schwieg.
Da wandte der Maler dem Inspektor das Gesicht zu. Es war mit einer Schweißperlenschicht bedeckt, die an Ornamentglas erinnerte.
»So sagen Sie doch endlich etwas!« stieß er mit bebender Stimme hervor.
Wie aus Stein gehauen war das Gesicht des Polizeioffiziers. Reglos stand er da und hatte seinen Blick in die flackernden Augen Lubbers gesenkt.
Der vermochte dem Blick nicht standzuhalten und sagte auf einmal mit einer Stimme, die unendlich mutlos klang:
»Er war jahrelang mit mir befreundet…«
»Sillot?«
»Ja.«
»Und Snyder?«
Wie ein Rülpser kam das Lachen aus Lubbers Kehle.
»Snyder? Er ist mein Halbbruder.«
»Was СКАЧАТЬ