Название: Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden (ab 600) Box
isbn: 9783740929251
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»Es ist doch erstaunlich, wie klein die Welt ist. Überall läuft man irgendwelchen Leuten über den Weg«, sagte sie.
Sie konnte auch sehr von oben herab sein, es war die Retourkutsche auf Daisys herablassendes Lächeln.
Die andere Verkäuferin, später erfuhr Antonia, daß sie die Geschäftsführerin war, hatte die impertinente Kundin abgefertigt und anscheinend gehört, was Daisy gesagt hatte.
»Du kannst jetzt Pause machen, Daisy, ich werde mich um die Kunden kümmern«, sagte sie.
»Ich brauche keine Pause«, sagte Daisy.
»Dann räum’ die Kleider ein.« Das war im Befehlston gesagt, und mit einem liebenswürdigen Lächeln fragte die Geschäftsführerin nach Antonias Wünschen.
»Ich interessiere mich für das Kleid im Fenster. Wenn Sie etwas Ähnliches in einer anderen Farbe haben, blau zum Beispiel, würde ich es gern sehen.«
»Wir haben eine größere Anzahl an Kleidern für solchen Anlaß. Grün würde Ihnen auch gutstehen, wenn ich das bemerken darf. Bitte, folgen Sie mir doch.«
Antonia zwinkerte Niklas zu. »Du kannst ja inzwischen Daisys Neugierde befriedigen«, raunte sie ihm zu.
»Ich denke nicht dran«, erwiderte er, aber als er zurückblieb, während Antonia mit Madame José in einen anderen Raum verschwand, war Daisy gleich zur Stelle.
»Wir können uns später treffen«, flüsterte sie, »wir haben uns viel zu erzählen.«
»Und wir haben keine Zeit«, erwiderte er. »Ich habe keine Heimlichkeiten vor Antonia, wir werden bald heiraten.«
»Das kann ich nicht glauben!« stieß sie heftig hervor. »Du wirst Olivia niemals vergessen. Denk daran, was du ihr angetan hast.«
»Denk du lieber daran, was sie anderen angetan hat. Willst du das plötzlich vergessen, nur um mir eins auszuwischen? Olivia war krank, sie hätte in eine Therapie gehört, dann würde Josh noch leben.«
»Erinnere mich nicht daran.«
»Erinnere mich nicht an Olivia. Ich liebe Antonia, sie weiß alles von mir.«
»Warum bist du hier?« wechselte Daisy das Thema.
»Komm doch bitte mal, Niklas, ich kann mich nicht entscheiden, und außerdem soll dir das Kleid auch gefallen«, rief da Antonia.
Er konnte sich auch nicht entscheiden zwischen dem blauen und dem grünen. In beiden sah Antonia bezaubernd aus.
»Nimm sie beide, wir werden noch mehrere Feste feiern«, sagte er.
Antonia wählte außerdem noch einen Mantel und ein Kostüm, und Daisys Gesicht verzerrte sich, als sie Madame sagen hörte, daß die Sachen wie für sie geschneidert wären, aber sie hätte eben auch die passende Figur dafür.
Antonia zahlte mit der Kreditkarte, die Dr. Harrison ihr ausgehändigt hatte.
»Madame Aldamare«, sagte Madame José staunend, »Sie sind mit dem verstorbenen Mr. Aldamare verwandt?«
»Er war mein Vater«, erwiderte Antonia. Es bereitete ihr diebische Freude, als sie Daisys fassungsloses Gesicht sah.
Die Sachen würden selbstverständlich ins Hotel geschickt, sagte Madame José, und sie würde sich freuen, Antonia öfter zu sehen.
»Kann man sich denn einfach Aldamare nennen?« fragte Antonia, die noch gar nicht bemerkt hatte, daß die Karte auf diesen Namen ausgestellt war.
»Wenn man Aldamare heißt, stehen wohl alle Türen offen, auch die zu den Behörden«, meinte Niklas. »Jedenfalls war es für Daisy ein Schock. Eigentlich ist sie eine arme Haut, hat sie doch mal gedacht, Olivia zu beerben, aber dann war kaum noch was da. Außerdem hat Olivia den Tod ihres Freundes Josh verschuldet, was ich leider auch erst später erfahren habe.«
»Wieso das?«
»Er hat sie beim Kauf eines Sportwagens beraten, und bei der Probefahrt raste sie gegen eine Mauer. Er starb an seinen Verletzungen, sie war nur leicht verletzt.«
»Ich habe gedacht, du könntest Olivia nicht vergessen, weil du sie sehr geliebt hast«, sagte Antonia leise.
»Inzwischen müßtest du eigentlich wissen, daß ich dich sehr liebe«, erwiderte er.
»Olivia war in gewisser Weise faszinierend, solange man ihr Wesen nicht durchschaute, aber dann wurde sie zum Alptraum. Für Daisy wird sich in der Erinnerung wohl einiges verschieben. Wir hatten uns nur flüchtig kennengelernt. Sie braucht nicht so zu tun, als wären wir die besten Freunde gewesen.«
»Hast du Angst gehabt, daß ich eifersüchtig wäre?« fragte Niklas neckend.
»Du lieber Himmel, du stellst sie doch allemal in den Schatten.«
»Da ist ein Herrengeschäft«, sagte Antonia. Sie wurde auf andere Gedanken gebracht, aber bevor sie eintraten, meinte Niklas, daß sie jetzt hoffentlich nicht einen früheren Bekannten von Antonia treffen würden.
»Keine Bange, die paar Männer, die ich kenne, arbeiten jetzt in unserer Firma, und München ist weit.«
Es war auch für sie in weite Ferne gerückt. Sie lebte jetzt in einer anderen Welt, und wovon andere so gern träumten, war für sie Wirklichkeit geworden.
*
Fee Norden hatte auch von Antonia geträumt, was aber kein Wunder war, denn sie beschäftigte sich intensiv mit ihr, seit sie die große Neuigkeit erfahren hatte.
Merkwürdig war das schon, daß sie erst als erwachsene junge Frau von dem Mann erfahren hatte, der ihr Vater war, und das erst, als er nicht mehr lebte. Öfter hatte Fee in der letzten Zeit in den Zeitungen gelesen, daß sich Geschwister oder Verwandte im hohen Lebensalter wiederfanden, da sie im Krieg auseinandergerissen worden waren. Es hatte erschütternde Wiedersehen gegeben. Aber Antonia war kein Kriegskind, sie war in einer Zeit geboren, in der es den meisten Menschen gutging, und ihre Mutter hatte auch nicht zu den Sozialfällen gezählt, die Tante Erni schon gar nicht. Fee hatte die alte Dame gut gekannt, und sie fand es schon sehr verwunderlich, daß nicht einmal sie etwas von dem fremden Vater gewußt haben sollte. Lebe man doch in einer modernen Welt, in der viele Frauen ihre Kinder allein aufzogen.
Nun wußten sie, daß Antonias Vater ein Ausländer gewesen war, der in Deutschland nicht richtig hatte Fuß fassen können. Wer weiß, was da alles mitgespielt hat, dachte Fee, aber sie freute sich für Antonia, daß es für sie ein Happy-End gab und hoffte, daß sie diesmal, nach ihrer ersten Enttäuschung, einen Mann gefunden hatte, dem sie vertrauen konnte.
»Ob uns Antonia mal eine Ansichtskarte schickt, Mami?« fragte Anneka, denn Ansichtskarten aus aller Welt sammelten alle Kinder. »Aber vielleicht hat sie uns längst vergessen.«
»So ganz wird sie uns sicher nicht vergessen, Anneka«, meinte Fee, »aber sie erlebt jetzt viel Neues.«
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