Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser - Alfred Bekker страница 15

СКАЧАТЬ um sich zu akklimatisieren, extra eine Woche früher nach Deutschland gekommen. Dadurch fand sie Gelegenheit, sich ein bisschen umzuschauen und sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Als sie den Fürsten am nächsten Vormittag um ein Pferd bat, wurde es ihr bewilligt.

      »Brich dir aber nicht die Knochen!«, ermahnte er sie. »Sonst macht mir deine Mutter die Hölle heiß. Nichts mag ich weniger als das Gezänk aufgeregter Weiber.«

      »Keine Angst, Onkelchen«, erwiderte Jenny lachend. »Bei uns in Texas lernt man eher reiten als laufen.«

      »Schön und gut«, meinte der Fürst, »aber du kennst dich hier noch nicht aus. Deshalb möchte ich, dass Wildhirt dich begleitet und dir die Gegend zeigt. Ich hoffe, du hast nichts dagegen?«

      »Was sollte ich dagegen haben?«, versetzte sie. »Thomas scheint ein netter Kerl zu sein.«

      »Thomas?« Der Fürst runzelte die Stirn. »Du nennst ihn schon beim Vornamen?«

      Jenny erklärte auch ihm, dass es in ihrer Heimat durchaus üblich war, sich mit dem Vornamen anzusprechen.

      »Na schön«, erwiderte der Fürst. »Wenn es dabei bleibt.«

      »Wie meinst du das, Onkelchen?«

      »Kannst du nicht dieses blöde Onkelchen unterlassen?«, raunzte sie der Fürst an. »Ich komme mir bei dieser Anrede fast schon senil vor.«

      »Ich werde es mir merken, Onkelchen ... äh ... Onkel«, versprach Jenny. »Trotzdem möchte ich immer noch wissen, wie du das eben gemeint hast?«

      »Was denn?«

      »Du hast gesagt: Wenn es dabei bleibt. Das klang wie eine Warnung.«

      »Das sollte auch so etwas wie eine Warnung sein«, räumte Fürst Boris ein. »Ich möchte nämlich nicht, dass du dich mit Wildhirt auf ein Techtelmechtel einlässt.«

      »Aber Onkel Boris!«, entrüstete sich Jenny. »Wie kommst du denn auf diese Schnapsidee? Ich bin so gut wie verlobt.«

      »Dann vergiss es nicht!«, ermahnte sie der Fürst. »Eigentlich sollte ich euch gar nicht gestatten, allein in der Gegend herumzutraben. Aber was soll ich machen? Ich selbst habe keine Zeit, dich zu begleiten. Karl kann nicht reiten. Ich sehe außer Wildhirt keine andere Möglichkeit.«

      »Darüber musst du dir wirklich nicht den Kopf zerbrechen«, meinte Jenny. »Dein Verwalter bedeutet keine Gefahr für mich.«

      Wirklich nicht?, fragte sie sich im Stillen. Und wieso hast du dann die halbe Nacht von ihm geträumt und nicht von Ted? Du hast Thomas im Traum sogar geküsst, und wenn der verdammte Hahn nicht gekräht hätte, wer weiß, was noch passiert wäre ...

      »Warum lächelst du jetzt wie eine verliebte Makrele?«, erkundigte sich Fürst Boris und sah sie misstrauisch an. »Gibt es vielleicht doch etwas, das mich davon abbringen könnte, dir Wildhirt als Begleiter zuzuteilen?«

      »Nein, Onkelchen ... äh ... Onkel Boris, da gibt es gar nichts«, beruhigte ihn Jenny. »Warum auch? Schließlich kenne ich Thomas kaum.«

      »Dann sorge dafür, dass es so bleibt!«, knurrte der Fürst.

      Jenny lachte. »Aber wie soll ich denn das anstellen? Es kann doch gar nicht ausbleiben, dass ich Thomas im Laufe der Zeit besser kennenlerne.«

      »Ich denke, dass du verstanden hast, was ich damit ausdrücken wollte«, entgegnete Fürst Boris. »Das gilt übrigens auch für andere Männer. Ich möchte deiner Mutter nicht mitteilen müssen, dass du schwanger bist.«

      »Aber Onkel!«, rief Jenny verärgert. »Für wen oder was hältst du mich? Ich bin nicht nach Deutschland gekommen, um die hiesige Männerwelt auszuprobieren, sondern um zu studieren. Und ich wiederhole es auch gern noch einmal: Ich bin so gut wie verlobt. Genügt das jetzt endlich, um dich von meinen moralischen Absichten zu überzeugen? Ich möchte weder deinen Verwalter verführen, noch sonst jemanden. Mein Ted genügt mir voll und ganz.«

      »Nun reg dich nicht auf!«, grummelte der Fürst. »Diese Sache musste ja von Anfang an zwischen uns geklärt werden. Schließlich hat mir deine Mutter eine gewisse Aufsichtspflicht für dich auferlegt.«

      »Auf mich muss niemand aufpassen«, stellte Jenny klar. »Ich bin alt genug, um es selbst zu tun. Gibt es sonst noch etwas?«

      »Nein«, erwiderte Fürst Boris. »Das soll für heute genügen.«

      »Das waren ja auch genügend Verhaltensregeln«, meinte Jenny. »Wie komme ich jetzt zu einem Pferd? Sagst du Thomas Bescheid?«

      »Ja, ich werde ihn informieren, dass er für dich und sich selbst ein Pferd satteln lässt und dich begleitet«, bestätigte der Fürst. »Sieh zu, dass du pünktlich zurück bist. Wir essen um zwölf Uhr zu Mittag.«

      Damit war sie entlassen und begab sich in ihr Zimmer, um sich für den Ausritt mit Thomas umzuziehen. Als sie zu den Stallungen kam, wurde sie bereits erwartet.

      »Guten Morgen, Jenny«, empfing Alexander sie mit einem vergnügten Lächeln. »Ich hoffe, du hast trotz des Theaters gestern Abend gut geschlafen?«

      »Wie ein Bär im Winter«, entgegnete sie. Von ihren Träumen erzählte sie ihm nichts. »Vielen Dank übrigens, dass du dir Zeit für mich nimmst.«

      »Nichts zu danken. Es geschieht auf allerhöchsten Befehl.«

      »Nur deshalb?« Jenny wirkte ein wenig enttäuscht. »Und ich dachte, du würdest gern mitkommen.«

      »So ist es ja auch. Nur hätte ich es von mir aus nie gewagt, dir meine Begleitung anzubieten, weil Seine Hoheit mich dann wahrscheinlich wieder gerügt hätte.«

      »Wieso das denn?«

      »Weil ein biederer Verwalter es sich nicht erlauben darf, sich an die blaublütige Verwandte eines Fürsten annähern zu wollen«, klärte Alexander das Mädchen mit den Worten seines Brötchengebers auf. »Denn genau so hätte es in seinen Augen vermutlich ausgesehen, wenn ich vorgeschlagen hätte, mit dir auszureiten. Zum Glück ist er jetzt selbst auf diese glorreiche Idee gekommen. Was mich wiederum wundert, weil er mir den Umgang mit dir praktisch verboten hat.«

      »Bei mir hat er gerade ähnlich geredet«, berichtete Jenny.

      »Über mich?«

      »Über dich und über andere Männer. Ihm wäre es offensichtlich am liebsten, wenn er mich unter eine große Glasglocke stecken könnte, damit ich mit niemandem in Berührung komme. Aber lassen wir das jetzt. Sehen wir uns lieber ein bisschen die Gegend an. Welches Pferd ist für mich gedacht?«

      »Der braune Hengst«, antwortete Alexander. »Er heißt Attila und ist ein braves Tier. Du wirst nicht viel Mühe mit ihm haben.«

      »Mit anderen Worten - er ist eine lahme Ente«, spöttelte Jenny.

      Alexander hob die Schultern. »Auch das ist eine Anweisung Seiner Majestät. >Geben Sie ihr Attila<, hat er befohlen. >Mit dem kann ihr nicht viel passieren.< Also gebe ich dir Attila. Und setz bitte auch diese Schutzkappe auf!«

      »Ich möchte aber lieber die schwarze Stute da reiten.«

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