Название: Ein Buch für Keinen
Автор: Stefan Gruber
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Афоризмы и цитаты
isbn: 9783347043282
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Besonders veranschaulichen lässt sich das am Beispiel der Globalisierung und dem hernach folgenden Imperialismus. Je größer das Staatsgebiet wird, um neue Besteuerungsbasen zu finden (Globalisierung) bzw. andere Staaten ökonomisch auszubeuten (Imperialismus), desto kleiner wird der monetäre Nutzen relativ zur Größe des Reichs. Nicht nur die Angliederung oder Eroberung selbst kostet Geld – zedierte oder annektierte Gebiete müssen verwaltet oder militärisch unter Kontrolle gehalten werden, um die Loyalität bzw. die Unterwerfung zu sichern, es müssen komplizierte bilateriale Verträge ausgearbeitet werden, oppositionelle Bewegungen (Globalisierungsgegner bzw. Rebellen) müssen niedergehalten werden usw. All das verursacht Kosten bei stetig sinkendem Ertrag. Komplexität lässt sich aber nicht einfach so rückabwickeln bis zu dem Punkt, an dem sie wieder leistbar ist. Es liegt im Wesen der Komplexität, dass sie zu weiten Teilen irreduzibel ist, dass also eine Komplexitätsreduktion, ob bewusst eingeleitet oder durch ein Steigen der Grenzkosten ausgelöst, andere Strukturen und entstandene Subsysteme ungewollt wie Dominosteine mitreißt. Deshalb bleibt eine Komplexitätsreduktion auch nicht auf halber Strecke stehen, sondern ein Zahnrad greift ins nächste und das betreffende Reich desintegriert über Jahrzehnte und Jahrhunderte, oder wie Joseph Tainter sein Werk zusammenfasst: »Ein Problem kommt, man löst es. Dann kommt das nächste, und man löst es auch. Alle diese Probleme treten auf und sie werden schrittweise gelöst, eines nach dem anderen. In der Zwischenzeit steigen die Gesamkosten, sie schleichen sich immer weiter an einen heran, bis man einen Punkt erreicht, wo man es sich mehr leisten kann, die Art Gesellschaft zu sein, die man geworden ist. Das ist so mit einigen antiken Gesellschaften geschehen und man muss darüber beunruhigt sein, dass wir denselben Weg gehen.«1
Hat sich der paläolithische Nomaden-Stamm noch mit den Unwägbarkeiten des Lebens abgefunden und der neolithische Bauernstamm kleine Anpassungen über einen Zeitraum von mehreren Generationen vorgenommen, wird die Problemlösung in einem Machtsystem zur Staatsräson und schließlich im Endstadium einer Kultur, der Demokratie, zum alles bestimmenden Merkmal. In keiner anderen Organisationsform wächst die Komplexität einer Gesellschaft rascher als in der Demokratie, weil dort der Staat zum Vehikel des Volkes für kurzfristige Problemlösungsstrategien wird und sich dieser auch als solcher anbieten muss, um der Demokratie ihre Existenzberechtigung zu geben. Das Zusammenspiel des debitistischen Bedürfnisgenerators (Schuldendruck), der Demokratie als Werkzeug der Problembehebung und Bedürfniserfüllung und der Medien als Verstärker und Skandalisierer des gesellschaftlichen Unbehagens, führt zu einem regelrechten Wettkampf der Parteien, die führende Rolle als Interessensvertreter des Volkes bzw. einer bestimmten Bevölkerungsschicht zu erringen. Dieser Schauplatz der öffentlichen Erregung, Debatte und Problemlösungsstrategie ist aber für den Staat grundsätzlich willkommen, um von den wirklich wichtigen Entscheidungen (Geopolitik, Außenpolitik, Ökonomie), die vom demokratischen Prozess ausgenommen sind, abzulenken.
Jeder demokratisch legitemierte Staatseingriff, der notwendigerweise die Eigenverantwortung aushebelt, führt auf längere Sicht zwingend zu einem neuen Eingriff, da Staatseingriffe in einem dynamischen System immer und ausnahmslos duale Auswirkungen haben.1 So führen beispielsweise prekäre Bedingungen am Arbeitsmarkt zu gewerkschaftlichen Maßnahmen wie dem Kündigungsschutz und den Kollektivlöhnen. Diese wiederum sorgen dafür, dass in Zeiten ökonomischer Stagnation die Arbeitslosigkeit stärker steigt, weil Firmen länger zögern, jemanden einzustellen, wenn sie ihn vielleicht ein Jahr später nicht mehr brauchen. Mehr Arbeitslose benötigen wiederum mehr Arbeitslosenunterstützung und einen größeren Beamtenapparat, was durch Staatsverschuldung (= zukünftige Ausbeutung der Mittelschicht und des mittelständischen Unternehmertums – die wirklich Reichen greift man aufgrund von Parteispenden, Bestechungsgeldern und Lobbys ungern an) finanziert wird. Mehr Arbeitslose schaffen wiederum ein Wählerpotential, auf das die demokratischen Parteien angewiesen sind, sodass diese gezwungen sind, der nichtarbeitenden Schicht weitere Zugeständnisse zu machen. Das wiederum führt zu Missbrauch im System, der zur Unterbindung nach weiterer gesetzlicher Reglementierung schreit. Das verlangt nach einer Aufstockung des Verwaltungsapparates, was die Beamtenschicht vergrößert, die wiederum eine Wählerklientel darstellen, auf das der demokratische Staat Rücksicht nehmen muss. Die darauf folgende höhere Besteuerung der Mittelschicht zur Finanzierung des Sozialstaates ruft in Folge die Gewerkschaft für die Lohnerhöhungen auf den Plan. Das führt in der Folge zu einer vermehrten Abwanderung von Unternehmen in billiger produzierendere Länder und wenn der Staat dann merkt, dass ihm die Steuereinnahmen einbrechen, muss er sich über den Volkswillen hinwegsetzen und Einsparungen im Sozialstaat vornehmen und die Steuern für den Mittelschicht weiter erhöhen. Damit bricht aber der Konsum ein, der zuvor vom Staat, indirekt durch nicht eingehobene Steuern oder direkt durch Zahlungen an sozial Bedürftige, gewährleistet wurde. Um ein weiteres Abrutschen des Prekariats in die Armut zu unterbinden, werden Antidiskriminierungsgesetze, Mieterschutzgesetze etc. eingeführt. Das sorgt dafür, dass sich Vermieter in Zukunft ganz genau ansehen, an wen sie ihr Eigentum vermieten und sie werden dieses bevorzugt an Mieter der Mittelschicht vermieten. Ebenso werden Unternehmen versuchen, sich möglichst wenig juristische Probleme einzuhandeln und Arbeitsplätze eher an gutbürgerliche Bewerber vergeben. Darauf reagiert der Staat wiederum mit Quotenregelungen, die vom Unternehmen auf Punkt und Komma erfüllt werden, um die Gesetze einzuhalten. Das mag auf der einen Seite zu Chancen für tatsächlich diskriminierte, aber qualifizierte Bewerber führen, ebenso wie zu Risiken einer inkompetenten Führungsriege auf der anderen Seite. Sobald die Quoten erfüllt sind, handeln die Unternehmen bei der Auswahl ihrer Angestellten genauso wie zuvor. Das führt zu subjektiv empfundenen Ungerechtigkeiten und diesen folgen komplizierte und polemisch geführte Rechtsstreite, die niemals gerecht gelöst werden können, da niemand in die Gedankenwelt eines Arbeitgebers sehen kann, um zu erkennen, ob er Person A eine freie Stelle gab, weil dieser kompetenter auf ihn wirkte oder weil er B »diskriminieren« wollte.1 Am Ende, wenn alle Rezepte nichts fruchten, folgt der Sparpolitik eine keynesiansische Wirtschaftspolitik und die Probleme beginnen, angereichert durch neue Probleme, wieder vorne – die bis dahin aufgebaute Komplexität aber bleibt bestehen2. Weil die Früchte der Sozialpolitik aus ökonomischer Perspektive immer einem Markteingriff entsprechen, werden sie auch vom Markt korrigiert, was weitere Probleme nach sich zieht, die der Lösung harren. Dasselbe gilt für Reichensteuer, höhere Unternehmenssteuern usw. – all das sorgt auf der einen Seite zwar für mehr Verteilungsgerechtigkeit, führt aber auf der anderen Seite zu komplizierten Konstruktionen zur Steuervermeidung, Verlust von Arbeitsplätzen bzw. zu einem teilweisen Abwandern von Unternehmen bzw. Auslagern von Unternehmenssparten. Das Gleiche gilt für alle (!) Versuche, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Kluft zwischen Unterpriviligierten СКАЧАТЬ