Die Zuckermeister (2). Die verlorene Rezeptur. tanja Voosen
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Читать онлайн книгу Die Zuckermeister (2). Die verlorene Rezeptur - tanja Voosen страница 12

СКАЧАТЬ Er werkelte an etwas herum, das wie ein Fernglas aussah, und blickte nun gemächlich auf und in ihre Richtung. »Ich traue meinen Augen kaum! Wie ist das möglich?« Vor Schreck wurde der Mann käsebleich. »Emil, bist du es wirklich?« Er umrundete den Tresen und starrte Herrn Schnotter überwältigt an. »Nun sag doch was, Emil!«

      »Hallo, Mortimer«, brummte Herr Schnotter.

      Mortimer wirkte völlig geschockt. »Das ist alles? Kriege ich nicht mal ein vernünftiges ›Hallo‹? Ich habe dich bestimmt seit dreißig, ach, was sage ich, vierzig Jahren nicht gesehen! Dachte schon, du wärst klammheimlich gestorben!« Mortimer kniff die Augen zusammen. »Ein Wunder, dass ich dich überhaupt wiederkenne, aber dieses miesepetrige Gesicht gibt es eben nur einmal auf der Welt!« Er lachte über seine Worte, als seien sie ein Witz. »Und wer sind diese Kinder? Was ist hier los?«

      Das würde Elina auch gerne wissen! Was sollte das heißen? Hatte Mortimer etwa nicht gewusst, dass Herr Schnotter im Exil lebte? Natürlich war sein Exil eine Bestrafung gewesen, aber sie hatte immer gedacht, dass es kein großes Geheimnis gewesen war, dass er aus der Gemeinschaft der Süßigkeitenwerker ausgeschlossen worden war. Hatte er etwa gar keinen Kontakt zu anderen Süßigkeitenwerkern mehr haben dürfen? Doch wieso hatte Frau Bonet ihm dann die Zuckerkreide gegeben?

      »Ist eine lange Geschichte«, antwortete Herr Schnotter.

      »Das glaube ich dir nur zu gern«, sagte Mortimer.

      Elina sah Charlie und Robin an, dass auch sie durcheinander waren.

      »Die drei sind … Schüler von mir«, log Herr Schnotter.

      Mortimer runzelte die Stirn. »Du bildest Süßigkeitenwerker aus?«

      »Nicht direkt«, sagte Herr Schnotter vage.

      »Lass mich raten: Auch das ist eine lange Geschichte?«

      Herr Schnotter trat näher zu Mortimer. »Wir brauchen deine Hilfe.«

      Die Stimmung war kurz so angespannt, dass Elina nicht daran glaubte, dass Mortimer ihnen weiter zuhören würde, doch dann lächelte er.

      »Du hast dich kein Stück verändert! Hattest schon immer deine Geheimnisse, warst lieber für dich und hast niemanden an dich herangelassen. Bis auf Maggie natürlich. Aber nach all den Jahren hier unangekündigt aufzutauchen und ohne Erklärung um meine Hilfe zu bitten, ist schon etwas … überwältigend.«

      Elina beobachtete, wie Herrn Schnotters Finger sich so fest um seinen Gehstock schlossen, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Er war eindeutig angespannt und Elina wurde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte.

      Doch dann tat Herr Schnotter etwas wirklich Un-Schnotterhaftes. Er streckte einen Arm aus, klopfte Mortimer freundschaftlich auf die Schulter und lächelte ihn fröhlich an. »Du hast dich auch nicht verändert, Mortimer. Regst dich über jede Kleinigkeit auf und bist lieber unter Apparaten als Menschen.«

      Mortimers Miene wurde weicher. »Es ist wirklich schön, dich zu sehen, Emil.«

      »Es ist auch schön, dich zu sehen«, erwiderte Herr Schnotter. »Ich wünschte, es wäre unter anderen Umständen, aber nun bin ich hier und brauche deine Hilfe.«

      »Das sagtest du bereits. Worum geht es?«

      Herr Schnotter drehte sich zu ihnen um. Er winkte Robin heran. »Das Pon des Jungen ist kaputt. Kannst du es dir ansehen und reparieren?«, fragte er Mortimer.

      »Na, dann lass mich mal einen Blick darauf werfen.«

      Alle standen um den Tresen herum. Mortimer hatte eine seltsame Brille aufgesetzt, die mit ihren zig Gläsern anscheinend Dinge vergrößern konnte. Er begutachtete Robins Pon schon seit einigen Minuten, drehte es hin und her und gab dabei öfter ein langes »Hm« von sich, als würde er eine besonders schwierige Diagnose aufstellen.

      Robin machte das so nervös, dass er kaum stillstehen konnte.

      Elina beugte sich über den Tresen, als sie es nicht länger aushielt. »Kriegen Sie das wieder hin?«

      Mortimer stoppte seine Untersuchung und sah sie eindringlich an. »Du bist eine von der neugierigen Sorte, was? Wie heißt du?«

      In ihrem Kopf schrillten Alarmglocken. Einem Fremden ihren Namen zu nennen, war nicht klug. Vor allem nicht an einem Ort wie diesem. Sie hatte Herrn Schnotters Warnung nicht vergessen.

      »Kannst du es reparieren?«, ging Herr Schnotter dazwischen.

      Mortimer ließ Elina jedoch nicht aus den Augen. während er antwortete: »Natürlich kann ich es reparieren, was für eine Frage. Ich bin der beste Erfinder des Emporiums.«

      »Sehr gut«, sagte Herr Schnotter. »Wie lange wird es dauern?«

      Mortimer legte Robins Pon auf dem Tresen ab. »Ein paar Stunden. Komm kurz mit nach oben, dann besprechen wir die Details.«

      »Ihr bleibt hier. Und rührt nichts an«, sagte Herr Schnotter ernst.

      Dann folgte er Mortimer die Stufen hinauf. Elina wartete, bis die Schritte der beiden und das Geräusch des Gehstocks ganz leise waren, ehe sie sich ihren Freunden zuwandte. Robin schien erleichtert, aber Charlie wirkte skeptisch.

      »Der komische Kauz hat dich echt lange angestarrt«, meinte sie.

      »Ein bisschen unheimlich war das schon«, sagte Robin.

      Elina zog die Nase kraus. »Immerhin kann er uns helfen. Ich fand dieses Wiedersehen von ihm und Herrn Schnotter viel schräger«, murmelte sie, woraufhin ihre Freunde ein zustimmendes Murmeln von sich gaben. Schräg war echt kein Ausdruck dafür!

      »Was glaubt ihr, worüber die reden?«, fragte Charlie.

      »Mortimer will sicher irgendeine Gegenleistung«, meinte Elina.

      »Herr Schnotter bezahlt ihn bloß und lässt uns die Summe hinterher in seinem Haus abarbeiten«, sagte Robin. »Ich werde bestimmt bis an mein Lebensende wie ein Hauself versklavt, weil so eine Reparatur sicher teuer ist.«

      »Vielleicht kannst du dich dann ja selbst befreien, wenn du den Stinkesocken-Tee nur lang genug trinkst«, sagte Charlie und musste über ihren eigenen Witz lachen.

      Elina grinste, dann deutete sie auf die Orgelmaschine. »Was ist das eigentlich?«

      »Gute Frage«, meinte Robin. »Hier gibt’s echt eine Menge Krams.«

      Die drei begannen, sich ein wenig umzusehen. Elina entdeckte rechts von der Orgelmaschine eine Tür, deren goldener Knauf wieder aussah wie ein Schraubenschlüssel. Irgendetwas dahinter rumpelte leise, als würde etwas umfallen.

      Ehe sie nachsehen konnte, erregten Stimmen ihre Aufmerksamkeit.

      Sie kamen von der oberen Etage, wo Herr Schnotter und Mortimer verschwunden waren. Sofort zog es Elina und die anderen zur Treppe. Elina sah besorgt hinauf.

      »Klingt, als würden die streiten«, bemerkte Charlie.

      »Sollen wir nachsehen?«, fragte Elina unsicher.

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