Название: Das fehlende Glied in der Kette
Автор: Agatha Christie
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Ужасы и Мистика
isbn: 9783455170559
isbn:
Ein erstickter Aufschrei vom Bett ließ mich zusammenzucken. Eine neuer Anfall hatte die unglückliche alte Dame gepackt. Die Krämpfe waren von schrecklicher Heftigkeit. Alle im Zimmer rannten wild durcheinander. Wir drängten uns um sie, unfähig zu helfen oder die Schmerzen zu lindern. Ein letzter Krampf hob sie vom Bett, bis es schien, als stütze sie sich nur auf ihren Kopf und ihre Fersen, ihr ganzer Körper bog sich auf schier unvorstellbare Weise. Vergeblich versuchten John und Mary, ihr mehr Kognak einzuflößen. Die Zeit raste. Wieder krümmte sich der Körper so schrecklich.
In diesem Augenblick bahnte sich Dr. Bauerstein gebieterisch seinen Weg in das Zimmer. Einen Augenblick lang blieb er wie angewurzelt stehen und starrte auf die Gestalt auf dem Bett, und genau da schrie Mrs Inglethorp mit erstickter Stimme, die Augen auf den Arzt gerichtet: »Alfred – Alfred –« Dann fiel sie in die Kissen zurück und regte sich nicht mehr.
Mit einem großen Schritt war der Arzt am Bett, ergriff ihre Arme und bewegte sie rhythmisch auf und ab, er wandte, wie ich wusste, künstliche Beatmung an. Er gab den Dienstboten ein paar knappe Anweisungen und scheuchte uns alle mit einer herrischen Geste zur Tür. Wir sahen ihm fasziniert zu, obwohl ich glaube, im tiefsten Herzen wussten wir alle, dass es zu spät war und man jetzt nichts mehr tun konnte. Der Gesichtsausdruck des Arztes verriet mir, dass auch er wenig Hoffnung hatte.
Schließlich ließ er davon ab und schüttelte ernst den Kopf. In diesem Augenblick hörten wir draußen Schritte und Dr. Wilkins, Mrs Inglethorps korpulenter, übereifriger Hausarzt, kam hereingeeilt.
In wenigen Worten erklärte Dr. Bauerstein, dass er gerade das Parktor passierte, als das Auto herauskam und er dann, so schnell er konnte, zum Haus hoch gelaufen war, während man mit dem Auto Dr. Wilkins holen fuhr. Mit einer matten Handbewegung wies er auf die Gestalt auf dem Bett.
»Sehr traurig. Sehr traurig«, murmelte Dr. Wilkins. »Arme alte Dame. Immer hat sie zu viel gearbeitet – viel zu viel – gegen meinen Rat. Ich habe sie gewarnt. Lassen – Sie – es – leichter – angehen. Aber nein – ihr Einsatz für die gute Sache war zu groß. Die Natur hat sich gewehrt. Hat sich gewehrt.«
Ich bemerkte, dass Dr. Bauerstein den Hausarzt scharf beobachtete. Auch als er sprach, hielt er die Augen auf ihn gerichtet.
»Die Krämpfe waren von einer sonderbaren Heftigkeit, Dr. Wilkins. Ich bedaure, dass Sie sie nicht mit eigenen Augen sehen konnten. Sie waren ähnlich wie beim Tetanus.«
»Ach!« Dr. Wilkins setzte eine wissende Miene auf.
»Ich würde gern unter vier Augen mit Ihnen reden«, sagte Dr. Bauerstein. Er drehte sich zu John um. »Sie haben doch nichts dagegen?«
»Nein, selbstverständlich nicht.«
Wir gingen alle hinaus in den Flur und ließen die beiden Ärzte allein. Ich hörte, wie sich hinter uns der Schlüssel im Schloss drehte.
Langsam gingen wir die Treppe hinunter. Ich war völlig aufgewühlt. Ich besitze eine gewisse Begabung für logische Schlussfolgerungen und Dr. Bauersteins Verhalten hatte in meinem Kopf die wildesten Theorien ausgelöst. Mrs Cavendish legte ihre Hand auf meinen Arm.
»Was ist los? Warum benahm sich Dr. Bauerstein so – sonderbar?«
Ich schaute sie an. »Wissen Sie, was ich denke?«
»Was?«
»Hören Sie!« Ich sah mich um, die anderen waren außer Hörweite. Ich senkte meine Stimme zu einem Flüstern. »Ich glaube, sie wurde vergiftet! Ich bin sicher, dass Dr. Bauerstein denselben Verdacht hat.«
»Was?« Sie wich zur Wand zurück, die Pupillen ihrer Augen weiteten sich vor Entsetzen. Dann stieß sie plötzlich einen Schrei aus, der mich zusammenfahren ließ, und rief laut: »Nein, nein – das nicht – das nicht!« Sie rannte von mir weg die Treppe hoch. Ich folgte ihr, weil ich fürchtete, sie würde in Ohnmacht fallen. Als ich sie einholte, lehnte sie totenbleich am Geländer. Ungeduldig winkte sie mir wegzugehen.
»Nein, nein – lassen Sie mich allein. Lassen Sie mich einfach ein paar Minuten in Ruhe. Gehen Sie runter zu den anderen.«
Zögernd gehorchte ich ihr. John und Lawrence waren im Esszimmer und ich gesellte mich zu ihnen. Wir schwiegen, aber ich denke, ich sprach für uns alle, als ich schließlich das Schweigen brach. »Wo ist Mr Inglethorp?«
John schüttelte den Kopf. »Er ist nicht im Haus.«
Unsere Blicke trafen sich. Wo war Alfred Inglethorp? Seine Abwesenheit war rätselhaft und unerklärlich. Mir fielen Mrs Inglethorps letzte Worte ein. Was bedeuteten sie? Was hätte sie uns noch sagen können, wenn sie die Zeit gehabt hätte?
Schließlich hörten wir die beiden Ärzte die Treppe herunterkommen. Dr. Wilkins sah wichtig und aufgeregt aus und bemühte sich, seine innere Erregung hinter geziemend ruhigem Verhalten zu verbergen. Dr. Bauerstein blieb im Hintergrund, sein ernstes bärtiges Gesicht blieb unverändert. Dr. Wilkins sprach für beide. Er wandte sich an John: »Mr Cavendish, ich hätte gern Ihre Zustimmung zu einer Obduktion.«
»Ist das notwendig?«, fragte John eindringlich. Ein schmerzliches Zucken flog über sein Gesicht.
»Unbedingt«, sagte Dr. Bauerstein.
»Sie wollen damit sagen …?«
»Dass weder Dr. Wilkins noch ich unter diesen Umständen einen Totenschein ausstellen können.«
John neigte den Kopf.
»In diesem Fall bleibt mir nichts übrig als zuzustimmen.«
»Vielen Dank«, sagte Dr. Wilkins rasch. »Wir schlagen vor, dass sie morgen Abend stattfindet – vielmehr heute Abend.« Er warf einen Blick zum Fenster. »Unter diesen Umständen lässt sich eine gerichtliche Untersuchung der Todesursache kaum vermeiden. Diese Formalitäten sind nötig, aber ich bitte Sie, machen Sie sich deshalb keine Sorgen.«
Es gab eine Pause, dann zog Dr. Bauerstein zwei Schlüssel aus seiner Tasche und reichte sie John.
»Das sind die Schlüssel zu den zwei Zimmern. Ich habe sie abgeschlossen und meiner Ansicht nach sollten sie momentan auch verschlossen bleiben.«
Die Ärzte verabschiedeten sich und gingen.
Mir war eine Idee gekommen und ich fand, dass nun die Zeit gekommen war, darüber zu sprechen. Ich zögerte dennoch etwas, denn ich wusste, dass John jede Art von Publicity verabscheute. Er war ein unbekümmerter Optimist, der allen Scherereien möglichst aus dem Weg ging. Es könnte also schwierig werden, ihn von der Vernünftigkeit meines Plans zu überzeugen. Da Lawrence der weniger Konventionelle und Phantasievollere war, meinte ich mit ihm als Verbündeten rechnen zu können. Zweifellos war jetzt der Augenblick gekommen, wo ich die Führung übernehmen musste.
»John, ich möchte dich etwas fragen.«
»Ja?«
»Erinnerst du dich, dass ich dir mal von meinem Freund Poirot erzählt habe? Der Belgier, der hier wohnt? Er war vor dem Krieg ein außerordentlich berühmter Detektiv.«
»Und?«
»Ich möchte, dass du mir gestattest, СКАЧАТЬ