Das fehlende Glied in der Kette. Agatha Christie
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Название: Das fehlende Glied in der Kette

Автор: Agatha Christie

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Ужасы и Мистика

Серия:

isbn: 9783455170559

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СКАЧАТЬ dass dieser seltsame geschniegelte kleine Mann jetzt stark hinkte, er, der doch zu seiner Zeit einer der berühmtesten Mitarbeiter der belgischen Kriminalpolizei gewesen war. Für einen Detektiv hatte er ein außergewöhnliches Flair bewiesen, und er hatte Triumphe gefeiert, als er einige der rätselhaftesten Fälle seiner Zeit gelöst hatte.

      Er wies auf das kleine Haus, das er zusammen mit seinen Landsleuten bewohnte, und ich versprach, ihn so bald wie möglich zu besuchen. Dann lüftete er Cynthia gegenüber schwungvoll seinen Hut und wir fuhren weiter.

      »Er ist ein reizender kleiner Mann«, sagte Cynthia, »ich hatte keine Ahnung, dass Sie ihn kennen.«

      »Sie hatten eine Berühmtheit zu Gast und waren sich dessen nicht bewusst«, erwiderte ich.

      Dann erzählte ich ihnen auf dem Rest des Heimwegs von den verschiedenen Heldentaten und Triumphen Hercule Poirots.

      In bester Stimmung kehrten wir heim. Als wir die Eingangshalle betraten, kam gerade Mrs Inglethorp aus ihrem Boudoir. Ihr Gesicht war gerötet und sie sah aufgebracht aus.

      »Ach, ihr seid es«, sagte sie.

      »Stimmt irgendetwas nicht, Tante Emily?«, fragte Cynthia.

      »Nein, alles ist bestens«, erwiderte Mrs Inglethorp scharf. »Was sollte nicht stimmen?« Dann sah sie das Stubenmädchen Dorcas, die eben ins Esszimmer gehen wollte, und rief ihr zu, sie möge ihr ein paar Briefmarken in ihr Boudoir bringen.

      »Sehr wohl, gnädige Frau.« Das alte Dienstmädchen zögerte, dann fügte sie zaghaft hinzu: »Sollten Sie nicht lieber zu Bett gehen? Sie sehen sehr müde aus.«

      »Vielleicht hast du recht, Dorcas, ja – nein – noch nicht. Ich muss noch einige Briefe beenden, damit sie rechtzeitig zur Post kommen. Hast du in meinem Zimmer das Kaminfeuer angezündet, wie ich es dir gesagt habe?«

      »Ja, gnädige Frau.«

      »Dann werde ich gleich nach dem Abendessen zu Bett gehen.«

      Sie verschwand wieder in ihrem Boudoir und Cynthia starrte ihr nach.

      »Ach, du liebe Güte! Ich möchte nur wissen, was wieder los ist!«, sagte sie zu Lawrence.

      Anscheinend hatte er sie nicht gehört, denn er drehte sich wortlos auf dem Absatz um und verließ das Haus.

      Ich schlug ein kurzes Tennismatch vor dem Abendessen vor, Cynthia stimmte zu und ich rannte nach oben, um meinen Schläger zu holen.

      Auf der Treppe begegnete ich Mrs Cavendish. Vielleicht bildete ich es mir ein, aber auch sie machte einen seltsam verstörten Eindruck.

      »Hatten Sie einen angenehmen Spaziergang mit Doctor Bauerstein?«, erkundigte ich mich und versuchte möglichst gleichgültig zu wirken.

      »Ich bin nicht weggegangen«, erwiderte sie knapp. »Wo ist Mrs Inglethorp?«

      »In ihrem Boudoir.«

      Ihre Hand umklammerte das Geländer, dann schien sie sich für eine Begegnung stark genug zu fühlen und schritt rasch an mir vorbei nach unten, durchquerte die Halle bis zur Tür des Boudoirs und schloss sie hinter sich.

      Als ich kurz darauf zum Tennisplatz lief, musste ich am geöffneten Fenster des Boudoirs vorbei und konnte nicht verhindern, dass ich den folgenden Gesprächsfetzen auffing. Mrs Cavendish sagte mit der Stimme einer Frau, die sich verzweifelt um Selbstkontrolle bemüht: »Du willst es mir also nicht zeigen?«

      Worauf Mrs Inglethorp erwiderte: »Meine liebe Mary, das hat mit der Sache überhaupt nichts zu tun.«

      »Dann zeig es mir doch.«

      »Ich habe dir doch schon gesagt, es ist nicht das, was du denkst. Es betrifft dich nicht im Geringsten.«

      Mrs Cavendish entgegnete mit wachsender Verbitterung: »Natürlich. Ich hätte mir ja denken können, dass du ihn in Schutz nehmen würdest.«

      Cynthia wartete schon auf mich und begrüßte mich eifrig: »Also so was! Es hat einen fürchterlichen Krach gegeben! Dorcas hat mir alles erzählt.«

      »Was für einen Krach?«

      »Zwischen Tante Emily und ihm. Ich kann nur hoffen, dass sie ihm endlich auf die Schliche gekommen ist!«

      »War Dorcas denn dabei?«

      »Natürlich nicht. Sie war nur zufällig nah an der Tür. Es war ein richtiger mordsmäßiger Stunk. Ach, ich wünschte, ich wüsste, worum es dabei ging.«

      Ich dachte an Mrs Raikes’ hübsches Gesicht und an Evelyn Howards Warnung, aber ich beschloss klugerweise, mich da herauszuhalten, während Cynthia alle nur denkbaren Hypothesen durchspielte und fröhlich der Hoffnung Ausdruck verlieh: »Tante Emily wird ihn wegschicken und nie wieder mit ihm reden.«

      Ich hätte gern John zu fassen bekommen, aber er war nirgendwo zu sehen. Offensichtlich hatte sich heute Nachmittag etwas Folgenschweres ereignet. Ich versuchte die wenigen Worte zu vergessen, die ich zufällig mit angehört hatte, aber sosehr ich mich auch anstrengte, ich konnte sie nicht aus meinem Gedächtnis löschen. Was hatte Mrs Cavendish mit der Angelegenheit zu schaffen?

      Als ich zum Essen herunterkam, war Mr Inglethorp im Salon. Sein Gesicht war so verschlossen wie immer, und wieder fiel mir auf, wie seltsam unecht der Mann aussah.

      Mrs Inglethorp kam als Letzte nach unten. Sie wirkte immer noch aufgewühlt, und während der Mahlzeit herrschte ein sonderbar angespanntes Schweigen. Mr Inglethorp war ungewöhnlich schweigsam. Sonst umgab er seine Frau immer mit kleinen Aufmerksamkeiten, brachte ihr ein Kissen als Rückenstütze und spielte insgesamt die Rolle des ergebenen Gatten. Gleich nach dem Essen zog sich Mrs Inglethorp wieder in ihr Boudoir zurück.

      »Lass mir den Kaffee hier servieren, Mary«, rief sie. »Ich habe nur noch fünf Minuten, bis die Post abgeholt wird.«

      Cynthia und ich setzten uns an das offene Fenster des Salons. Mrs Cavendish brachte uns unseren Kaffee. Sie wirkte aufgeregt.

      »Wollt ihr jungen Leute etwas Licht oder genießt ihr das Zwielicht?«, fragte sie. »Bringst du Mrs Inglethorp ihren Kaffee, Cynthia? Ich schenke ihn schon mal ein.«

      »Bemühe dich nicht, Mary«, sagte Mr Inglethorp. »Ich werde ihn Emily bringen.« Er goss eine Tasse ein und trug sie vorsichtig aus dem Zimmer.

      Lawrence folgte ihm und Mrs Cavendish gesellte sich zu uns.

      Eine Zeit lang saßen wir schweigend beisammen. Es war eine herrliche Nacht, warm und still. Mrs Cavendish fächelte sich mit einem Palmwedel frische Luft zu. »Es ist fast zu heiß«, murmelte sie. »Wir werden ein Gewitter bekommen.«

      Ach, leider sind solche Zeiten der Harmonie immer nur von kurzer Dauer! Mein Paradies wurde durch den Klang einer wohl bekannten und herzlich verhassten Stimme aus der Eingangshalle brutal zerstört.

      »Doctor Bauerstein!«, rief Cynthia aus. »Was für eine seltsame Zeit für einen Besuch.«

      Ich sah eifersüchtig kurz zu Mrs Cavendish hinüber, aber sie schien völlig unbeeindruckt und die zarte Blässe ihrer Wangen veränderte sich nicht.

      Einige Augenblicke später führte СКАЧАТЬ