Pforte des Todes. Willi Voss
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Pforte des Todes - Willi Voss страница 15

Название: Pforte des Todes

Автор: Willi Voss

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783967526769

isbn:

СКАЧАТЬ offensichtlich während der häufig besuchten Weihestunden indoktriniert worden waren. All das, was sie zuvor mit aus Liebe geborener Leidenschaft ausgelebt hatte, war für sie zum Albtraum geworden.

      Seinen Fragen begegnete sie mit einem bestimmten wissenden Lächeln, das, je tiefer sie sich in ihre Überzeugungen verstrickte, von höhnischen und bisweilen auch feindseligen Blicken begleitet war. Er hatte den sicheren Eindruck, als sei sie einer Gehirnwäsche unterzogen und auf seine Argumente sorgfältig vorbereitet worden. Sie befand sich in einer anderen Welt, die sie, ganz offensichtlich in der Furcht einer kommenden Strafe, hermetisch verschlossen hielt.

      Und er sah sich draußen, sah sich hilflos und unfähig, Zugang zu ihr zu finden, zu dieser Welt, die ihm nicht nur fremd, sondern unerklärlich war. Er lernte später von Psychologen und Sektenexperten, dass er alles, aber auch alles falsch gemacht hatte, aber auch, dass der Geist eines Menschen von einem Glaubenssystem in Haft genommen werden kann.

      Mit der gleichen Intensität und Bedingungslosigkeit, mit der sie ihre Sexualität gelebt hatte, stand sie zu ihrem Glauben. Insoweit, dachte er bitter, war sie sich bis zu ihrem fürchterlichen Ende an jenem so hoffnungsvollen letzten Tag des Jahres treu geblieben.

      Es war ein sonnendurchfluteter Tag mit klirrendem Frost gewesen, ein Tag, an dem schon am frühen Morgen von Kindern gezündete Knaller die Luft mit dem Geruch verbrannten Schießpulvers schwängerten und die Menschen vor den Getränkeoasen und den Kassen der Supermärkte Schlange standen, als wäre eine Krise ausgebrochen. Es war kurz nach Mittag, als seine Frau nach unten kam und ihn fragte, ob genügend Sekt für den Jahreswechsel im Hause wäre. Als er verneinte, hatte sie ihn um die Autoschlüssel gebeten. Sie war erst nach Einbruch der Dunkelheit zurückgekehrt, hatte die Flaschen in den Kühlschrank und ein Paket schwerer Böller ins Schlafzimmer geschlossen, offenbar, um zu verhindern, dass Magdalena darauf aufmerksam wurde. Sie war - da blitzte ihr früheres Wesen durch - vollkommen gelöst, als hätte es niemals einen Konflikt zwischen ihnen gegeben, hatte oft gelacht und ihn gebeten, eine der Flaschen zu öffnen.

      »Magdalena«, hatte sie gesagt, »bleibt bei den Haarmanns. Ich war drüben und habe Heidrun darum gebeten, um mit dir in Ruhe sprechen zu können, wenn du es denn über dich bringen könntest.«

      Er hatte ihr eingeschenkt, wortlos ihr schmales, zerquältes Gesicht betrachtet, die Augen, die einst so voller Feuer gewesen waren, hatte sich, von der Erinnerung an ihre explosiven Ausbrüche in höchsten Alarm versetzt, gefragt, welche Vorwürfe ihm nun wieder entgegen schlügen, bereit, sich ihnen entweder zu entziehen oder sie abzuwehren. Aber sie hatte in aller Ruhe getrunken, war dabei auf und ab gegangen, offensichtlich bemüht, die ihrem sicherlich sorgfältig vorbereitetem Konzept entsprechenden Worte zu finden, hatte schließlich von Monaten zugefügter Qualen und von ihrem Entschluss gesprochen, dieser Unerträglichkeit jetzt, da uns ein neues Jahr bevorsteht, ein Ende zu bereiten.

      Sie hatte verführerisch gelächelt, nach seiner Hand gegriffen, in den Augen jene Nachgiebigkeit, die ihn so sehr erregt hatte, wenn orgiastische Lust ihren Körper erzittern ließ. Trotz allen Verletztseins der letzten Monate hatte er ein Verlangen gespürt, dem er nicht hatte widerstehen können. Er war ihr ins Schlafzimmer gefolgt, hatte sich entkleiden lassen und sie nach einem langen Vorspiel heftig und rauschhaft geliebt, überwältigt von dem befreienden Gefühl, endlich dem zerstörerischen Albtraum entronnen zu sein.

      Sie war ermattet und wortlos liegen geblieben, hatte ihn aus großen und wie er glaubte, wieder erfüllten Augen angesehen, glücklich und ihrem Gefängnis entronnen. Vor Schwäche taumelnd war er ins Bad gegangen, hatte unter der rauschenden Dusche gestanden, als der ohrenbetäubende Doppelknall das Haus erschütterte.

      Vor Nässe triefend war er ins Schlafzimmer gerannt, hatte schon im Flur das verbrannte Sprengpulver gerochen, im beißenden Rauch das verspritzte Rot und Schwarz auf den Wänden, den Scheiben, dem Bett gesehen. Und dann seine Frau: Beide Hände zwischen den Beinen, das Gesicht vor Schmerz zerrissen, die Lippen zerbissen, die Augen qualvoll auf die Zimmerdecke gerichtet, während ihr Blut in heftigen Schüben aus ihrem Schoß auf das vom Feuer geschwärzte Laken schoss.

      Sie war vornübergefallen, in diesen See aus Blut, und in grotesker Weise wieder hoch gekommen, hatte ihn, als er nach ihr griff, trotz des unsäglichen Schmerzes triumphierend angesehen und war laut seufzend in sich zusammen gesunken.

      Er hatte nie erfahren, wer die Kollegen benachrichtigt hatte, ob er es selbst oder ein aufmerksamer Nachbar gewesen war, auch wusste er nicht mehr, was er nach dieser letzten Wahrnehmung unternommen hatte. Nur Schmerz war gewesen, in ihm, um ihn, in allem, das ihn umgab: Magdalena war die verkörperte Anklage gewesen. Und die Untersuchungen hatten zu Tage gefördert, dass seine Frau sich einen der schweren Böller in die Vagina gepresst und gezündet hatte. Um den Satan, der die Welt und mich regiert, zu besiegen, wie es in dem offenbar lange vor dem Selbstmord geschriebenen Abschiedsbrief geheißen hatte.

      Aus diesem Satz hatte der den Fall untersuchende Staatsanwalt von Vennebeck den Schluss ehelicher Spannungen gezogen und weitere Untersuchungen veranlasst. Recht eigenwillig interpretierte Aussagen von Nachbarn und besonders mehrerer Sektenmitglieder waren bis zum Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens gediehen, glücklicherweise aber vom zuständigen Gericht geradezu zerpflückt worden. Das hatte Herrn Staatsanwalt aber nicht sehr beeindruckt. Er hatte er es nie für nötig gehalten, sich für seine hanebüchene Anklage zu entschuldigen.

      Reineking ging, die entsetzlichen Bilder vor Augen, weiter. Sein Kleiderschrank befand sich aus Platzgründen im ehemaligen sogenannten Bügelzimmer des Obergeschosses, dessen übrige Fläche einschließlich des Badezimmers von Magdalena genutzt wurde. Er hatte sich unten eingerichtet, aus Kinder- und Arbeitszimmer eine eher chaotische Wohnhöhle ohne Fernseher, aber mit einer guten Musikanlage und vielen Büchern, jedoch ohne Erinnerungsstücke geschaffen.

      Der Flur lag im Dunkel, aus Magdalenas Schlafzimmer drang Lichtschein. Offenbar hatte sie vergessen, eine Lampe auszuschalten. Er ging hinein und sah, dass die Nachttischleuchte eingeschaltet war. Er ging darauf zu, griff nach dem Kabelschalter, um das Licht auszuschalten, als ihm der Satz »Der wahre Messias - das Geheimnis des Heiligen Gral« in goldener Schrift entgegen blitzte.

      Er schüttelte sich, glaubte einen Augenblick lang, durch eine von seinen düsteren Erinnerungen erzeugte Halluzination genarrt zu sein, bis er begriff, dass die jäh in sein Bewusstsein gedrungenen Worte der Titel einer auf dem Nachttisch neben Johannisbrot liegenden Broschüre waren. Wolfram und die Suche nach dem Gral, dachte er mit wehmütiger Erinnerung an die Zeit, als sie den Parsifal in der Schule nicht nur durchgenommen, sondern in Teilen auswendig gelernt hatten. Und er dachte daran, dass er jetzt in dem Alter war, in dem sein damaliger Deutschlehrer ihm den nie vergessenen Satz sagte: Wir Menschen unterliegen in der Betrachtung des Seins einem großen Irrtum, dem Irrtum der Zeit. Nicht sie vergeht, wir sind es, die vergehen.

      Auf dem Weg in sein Zimmer rezitierte Reineking laut und mit dem damals eingeübten falschen Pathos, verwundert darüber, dass er die Verse noch kannte:

       Wenn Wankelmut beim Herzen wohnt,

       Wie das mit Leid die Seele lohnt!

       Denn scheckig nach der Elstern Art

       Ist, wer die Treu mit Untreu paart,

       Mit Schmach die Ehre, Fluch mit Heil:

       An ihm hat Höll‘ und Himmel teil.

      Das Telefon klingelte. Er meldete sich.

      »Es sieht verdammt gut aus«, sagte Termöhlen, »wir haben ihn so gut wie.«

      »Ich komme СКАЧАТЬ