Название: Im Sonnenwinkel Classic 40 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Im Sonnenwinkel Classic
isbn: 9783740906016
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»Es wird am besten sein, wenn Sie die Aufzeichnung von Frau Landell lesen«, meinte Dr. Rückert nach kurzem Überlegen.
Er fühlte sich außerstande, diesem gradlinigen Mann davon zu sprechen, was Florence Landell tatsächlich zu ihrer Trennung veranlasst hatte.
Daniel brauchte einige Zeit, bis er alles gelesen hatte. Es ging ihm arg zu Herzen. Dr. Rückert hatte ihn glücklicherweise allein gelassen, sodass er seinen Empfindungen mit einem Stöhnen freien Lauf lassen konnte.
Diese Frau, diese Florence, hatte er geliebt? Herrgott, konnte es denn möglich sein, dass man sich so sehr in einem Menschen täuschte? Dass sie ihn im Stich gelassen hatte, gut! Er hatte sich hundertmal gesagt, dass sie zu jung gewesen sei, um eine solche Bürde mit ihm zu tragen. Er hatte ihr Verhalten immer zu entschuldigen versucht. Dass sie aber diesem Kind gegenüber so hartherzig sein konnte, wollte ihm nicht in den Sinn.
Es war schon kurz vor ein Uhr, als er sich so weit wieder gefasst hatte, dass er noch ein paar Worte mit Dr. Rückert wechseln konnte.
Er wollte Eddy sehen, und dann musste er Pläne machen für eine Zukunft mit dem Kind. Die Zweifel mussten schweigen. Eddy musste wenigstens einen Vater haben.
*
Er kam mit einer Viertelstunde Verspätung in den »Tessiner Stuben« an. Fast hätte er die Verabredung mit Patricia ganz vergessen, doch sie wartete geduldig und winkte lächelnd ab, als er sich überstürzt entschuldigte. Dass er dann aber keinerlei Appetit zeigte, befremdete sie doch.
»Sorgen?«, fragte sie spontan.
»Mächtige Sorgen«, erwiderte er. »Ich werde meinen Sohn zu mir nehmen müssen, weiß aber nicht, wie ich das bewerkstelligen soll und mit meinem Beruf in Einklang bringen kann.«
Er hatte einen Sohn! Patricia war verblüfft, hatte sich aber so unter Kontrolle, dass sie ihr Befremden nicht zeigte.
»Wie alt ist er denn?«, fragte sie beiläufig.
»Sechs Jahre«, antwortete Daniel gedankenverloren. »Ich werde ihn heute Nachmittag besuchen.«
Patricias Gedanken überstürzten sich.
Daniel Batton hatte sich erkundigt, wo Hohenborn liegt.
Also hatte er bis zu diesem Tag keine Ahnung gehabt, in welcher Gegend sein Sohn sich aufhielt.
Es war alles ein bisschen merkwürdig, aber schließlich war das nicht ihre Angelegenheit.
»Ich habe bis vor ein paar Tagen nicht gewusst, dass ich einen Sohn habe«, erklärte Daniel nun, die Serviette in seiner Hand zerknüllend »Verzeihen Sie mein merkwürdiges Benehmen, Fräulein Rendek.«
»Sie brauchen sich nicht dauernd zu entschuldigen«, sagte Patricia verständnisvoll.
»Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Mein Gott, welche Vorstellung muss dieses Kind von seinem Vater haben.«
Es war wohl mehr ein Selbstgespräch, das er führte, und er sah so hilflos aus, dass ein warmes Mitgefühl Patricia ergriff.
»Ich kenne die Zusammenhänge nicht«, bemerkte sie, »aber nun wird Ihr Sohn sich ja bald eine Vorstellung von Ihnen machen können.«
»Ich habe nichts von ihm gewusst«, äußerte er wieder geistesabwesend. »Ich habe ihn nie gesehen. Was sagt man zu einem Kind, das allein ist auf der Welt? Tut mir leid, dass ich erst jetzt komme und mich um dich kümmere, aber man hat mir gerade erst mitgeteilt, dass es dich gibt?«
»Nein, das werden Sie gewiss nicht sagen«, meinte Patricia.
»Aber wie soll man es ihm denn erklären? Liebe Güte, wieso sage ich Ihnen dies alles?«
Ernsthaft sah Patricia ihn an.
»Wollten Sie nicht schon gestern Abend darüber sprechen? Dann hat Sie wohl der Mut verlassen. Ich kann mir vorstellen, dass man sich nicht gleich in eine solche Situation hineinfinden kann, aber die erste Überlegung sollte doch dahin gehen, ob Sie das Kind überhaupt mögen?«
»Ob es mich mögen wird?«, fragte Daniel heiser.
»Zumindest kann er doch mit seinem Vater ganz zufrieden sein«, sagte Patricia aufmunternd.
Daniel starrte sie an.
»Meinen Sie das ehrlich?«
Sie errötete unwillkürlich. »Aber gewiss.«
»Ich bin für ihn ein Fremder«, fuhr Daniel mit schwerer Stimme fort. »Er hat keine Ahnung, wer seine Eltern sind. Ich werde Ihnen das später vielleicht doch erklären. Ich muss einfach mit einem Menschen darüber sprechen, der mich kennt. Sie halten mich doch wohl nicht für einen gewissenlosen Lumpen?«
»Nein«, erwiderte Patricia mit fester Stimme. »Wenn Sie es unbedingt hören wollen, Herr Batton, ich halte Sie für einen Gentleman.«
Er ergriff ihre Hand und zog sie an seine Lippen.
»Danke«, sagte er rau.
*
Dr. Rückert hatte Margret Pahl angerufen und sie verständigt, dass Daniel Batton am frühen Nachmittag kommen würde. Er hatte ihr gesagt, dass er einen guten Eindruck von ihm hätte, Batton aber ziemlich mitgenommen sei. Es wäre vielleicht doch besser, Eddy auf seinen Vater vorzubereiten.
Das war für Margret nun auch nicht so einfach. Eigentlich hatte sie nicht viel Hoffnung gehabt, dass Daniel Batton Interesse für das Kind zeigen würde. Bestenfalls, so hatte sie gemeint, würde er sich zu Unterhaltszahlungen bereit erklären. Nun kam er höchstpersönlich und schon so bald.
Eddy war im Garten und spielte mit den beiden kleinen Kätzchen, die Astrid ihm vom Gut herübergebracht hatte. Margret hörte, wie er zärtlich mit ihnen sprach, und es tat ihr leid, ihn nun aus diesem besinnlichen Spiel herausreißen zu müssen.
»Bin ich zu laut, Tante Margret, oder stören die Kätzlein?«, fragte er sofort.
»Beides nicht, Eddy. Ich muss etwas mit dir besprechen. Das heißt, ich muss dir etwas erzählen«, berichtigte sie sich rasch.
»Etwas Schönes?«, fragte er erwartungsvoll. »Darf ich Bambi besuchen?«
»Nein, es ist etwas anderes. Du bekommst Besuch.«
Seine Augen weiteten sich staunend.
»Ich bekomme Besuch? Von wem denn?«
Sie legte ihren Arm um die schmalen Kinderschultern. Was sollte sie lange herumreden. Auch Umschreibungen konnten die Tatsachen nicht verändern oder abschwächen. Es würde so oder so ein einschneidender Augenblick in seinem Leben sein, der Freude oder Widerstand herausforderte.
»Dein Vater kommt«, sagte sie leise.
Eddy hielt den Atem an. Man spürte es. Er machte sich ganz steif.
»Habe ich denn einen Vater?«, fragte er nach endlos scheinenden Sekunden.
»Einen Vater hat jedes Kind, Eddy«, СКАЧАТЬ