Название: Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 1 – Familienroman
Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Der neue Sonnenwinkel
isbn: 9783740927844
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Sandra lachte.
»Das kann unsere Babette ohne einen Anlass dafür zu haben. Es ist ein großes Glück, dass Manuel ein so gutmütiger Junge ist und ihr nachsichtig alles durchgehen lässt. Wäre es nicht so, da hätten wir ständig Radau im Haus.«
Inge stimmte in das Lachen mit ein.
»Ja, sie weiß, was sie will, eure kleine Prinzessin, aber sie sieht auch allerliebst aus, und das weiß sie auch.«
Die beiden Freundinnen verabschiedeten sich voneinander, Sandra stieg in ihr Auto, hupte, winkte, dann brauste sie davon.
Inge sah ihr erst nach, dann ging sie nach Hause.
Noch mal gut gegangen!
Aber es war ein Zeichen gewesen, ein Zeichen dafür, dass sie Bambi endlich die Wahrheit sagen mussten.
Ach, wenn es doch bloß nicht so schwer wäre. Und sie hatte das Gefühl, dass es von Tag zu Tag schwerer wurde, die Last immer größer.
Inge Auerbach war ein gläubiger Mensch, aber auf ein Wunder konnte sie in diesem Fall nicht hoffen.
*
Wie sehr ihre Mutter sich mit einem schlechten Gewissen quälte, davon hatte Bambi Auerbach nicht die geringste Ahnung.
Sie genoss das Beisammensein, und sie genoss den riesigen Eisbecher »Tutti-Frutti«, den sie bewusst gewählt hatte, um sich vor ihrer Mutter rechtfertigen zu können, indem sie ihr sagen würde, dass der größte Teil aus verschiedenen Obstsorten bestand.
Manuel hatte sich lieber für einen Nuss-Karamell-Becher entschieden, mit so ganz ordentlich viel Sahne.
Nachdem Manuel den verlangenden Blick Bambis bemerkt hatte, sagte er: »Du kannst probieren, und wenn du willst, dann können wir auch tauschen.«
Bambi bekam glänzende Augen. »Manuel, das würdest du wirklich tun?«, erkundigte sie sich, nachdem sie mehr als nur einmal probiert hatte.
Manuel war liebenswert, gutmütig, hilfsbereit, und er und Bambi waren seit ihrer frühesten Kindheit, seit er mit seinem Vater in die Dependance gezogen war, allerbeste Freunde.
Er war damals ein durch seine schreckliche Tante eingeschüchterter Junge gewesen, und Bambi hatte sich, obwohl sehr viel jünger, seiner liebevoll angenommen.
Das war der Grundstein für ihre Freundschaft gewesen, die mittlerweile schon so manchen Sturm überdauert hatte.
Als Bambi wieder in seinen Becher langen wollte, tauschte er die Eisbecher einfach um.
Er hätte sich niemals für diesen Obstbecher entschieden, doch was tat man nicht aus lauter Freundschaft.
Bambi war ein sehr spontanes Mädchen, sie quietschte nicht nur vor lauter Begeisterung, sondern umarmte Manuel auch ganz stürmisch, was zur Folge hatte, dass er anlief wie eine überreife Tomate.
Er hatte nichts gegen die Umarmungen seiner Freundin, aber doch nicht hier, ausgerechnet im Palatini, wo sich die Schüler trafen, in den Freistunden oder vor oder nach der Schule.
»Du bist der Beste, Manuel«, sagte sie, »und wenn ich noch mal was bestelle, was ich eigentlich nicht mag, dann erinnere mich daran und lasse es nicht zu. Aber weißt du, ich habe eine so liebe Mami, und die möchte ich nicht enttäuschen … Sie mag es nicht, wenn ich mich mit Süßem vollstopfe, aber sie meckert auch nicht wirklich, weil sie mich viel zu lieb hat. Mir geht es ganz schön gut. Ich habe tolle Eltern, tolle Geschwister, und nachdem die aus dem Haus sind, bin ich die Prinzessin auf der Erbse. Da ist ein Mädchen aus unserer Klasse ganz schön arm dran. Sie ist neu bei uns, und ich habe mitbekommen, wie zwei Lehrerinnen sich unterhalten haben, dass sie ein schweres Leben in Kinderheimen hinter sich hat und jetzt von Leuten adoptiert wurde. Die Frau Wieland hat gesagt, dass es ein Glück für das Mädchen ist. Das finde ich nicht. Es geht doch nichts über eigene Eltern.«
Manuel schob in seinem Eisbecher das Zitroneneis beiseite, das er überhaupt nicht mochte.
»Bambi, das darfst du nicht so eng sehen, nicht alle Adoptiveltern sind so böse, wie man das manchmal in Büchern liest. Sieh mal, meine Mama hat nur die Babette als leibliches Kind, meine Mama ist gestorben, als ich noch ein Baby war, deswegen weiß ich nicht genau, wie das mit ihr gewesen wäre. Aber ich glaube ganz bestimmt, nicht anders als mit meiner Sandra-Mama, die ist das Beste, was es gibt, ich liebe sie über alles, und sie liebt mich. Kein bisschen anders als Babette. Vielleicht hat das Mädchen aus deiner Klasse ja auch Glück, und die Leute, die sie adoptiert haben, sind nett.«
Bambi musste erst mal ein wenig von ihrem Eis essen, dann verdrehte sie genüsslich die Augen, brauchte noch etwas davon, ehe sie die Achseln zuckte und sagte: »Ach, weißt du, Manuel, ich möchte jetzt nicht mehr darüber sprechen. Ich wünsche es Melanie, aber ich danke dem lieben Gott, dass ich in die richtige Familie hineingeboren wurde, mit Mama, Papa und mit Ricky, Jörg und Hannes. Der fehlt mir am meisten, und ich kann mir nur wünschen, dass er nicht nach Amerika gehen wird, um dort zu studieren.«
»Das ist doch cool«, bemerkte Manuel und schob seinen Eisbecher, von dem er kaum etwas gegessen hatte, beiseite, »dann kannst du ihn dort besuchen.«
»Ach nö, ich hätte ihn lieber hier. Ich werde, wenn ich Abitur habe, nirgendwohin gehen, ich bleibe für immer hier in unserem Sonnenwinkel, bei Mami, Papi, bei den Großeltern, aber auch bei euch, ganz besonders bei dir.«
Ach, die Bambi!
Manchmal war sie noch so richtig klein, wie gerade jetzt.
»Die Oma Marianne sagt immer, dass alles seine Zeit hat, dass man nichts festhalten kann. Ich werde ganz gewiss nicht für immer hierbleiben, wenn ich das Abi habe, dann gehe ich weg, studiere auf jeden Fall ganz weit entfernt oder im Ausland, so wie Hannes es plant, fände ich auch cool. Kann aber auch sein, dass ich mir, genau wie dein Bruder, erst mal den Wind um die Nase wehen lasse und als Backpacker quer durch die Welt reise.«
»Und eure Fabrik?«, erinnerte Bambi ihn.
Er zuckte die Achseln. »Das ist Papas Fabrik, das ist sein Ding. Kann sein, dass ich mal bei ihm einsteige, kann aber auch sein, dass ich etwas ganz anderes machen werde. Papa sagt, dass er mir keine Steine in den Weg legen wird, und der Meinung ist auch Mama.«
Solche Gespräche führte Bambi nicht gern, natürlich wusste sie, dass auch ihre Kindheit im Sonnenwinkel einmal vorüber sein würde, sie war es ja beinahe schon. Und natürlich würde sie weggehen, zumindest, um zu studieren. Aber nein, reden wollte sie jetzt darüber nicht.
Es ging auch überhaupt nicht, denn draußen wurde gehupt.
Felix Münster war genommen, um seinen Sohn und Bambi abzuholen und sie mit nach Hause zu nehmen.
Bambi hatte ihren Eisbecher ausgelöffelt, als sie sah, dass »Tutti-Frutti« fast unberührt war und man es beinahe schon trinken konnte, weil das Eis geschmolzen war, bekam sie ein schlechtes Gewissen.
»Manuel, tut mir leid. Es war ganz schön egoistisch von mir, dein Eis zu essen. Ich hab nicht drüber nachgedacht, dass dir Fruchteis und Obst nicht schmecken könnten.«
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