Название: Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 1 – Familienroman
Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Der neue Sonnenwinkel
isbn: 9783740927844
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Bambi kam aus dem Staunen nicht heraus. Also, das musste sie jetzt noch einmal lesen. Das alles konnte ja nun überhaupt nicht wahr sein. Doch wieso unbekannte Frau – wusste derjenige, der das Foto gemacht hatte, nicht, dass es sich dabei um die neue Ärztin des Sonnenwinkels handelte? Das wusste mittlerweile ja wohl jeder.
Als Bambi den Artikel mehr als nur einmal gelesen hatte, rannte sie ins Haus, zu ihren Eltern, die längst am Frühstückstisch saßen.
Ihrem Vater war anzusehen, dass er ungeduldig auf die Zeitung wartete.
»Wo warst du, mein Kind? Musste die Zeitung erst noch gedruckt werden?«, neckte er sie.
Bambi hing an ihrem Vater, sie und er waren ein Herz und eine Seele. Sie umarmte ihn, drückte ihm ein kleines Küsschen auf die Wange.
»Nein, Papi. Ich musste erst einmal einen Blick in die Zeitung werfen, und dann war ich fix und fertig und musste es ein zweites und ein drittes Mal lesen. Es ist nicht zu glauben, es zieht einem die Schuhe aus.«
Bambi war jetzt in einem Alter, in dem es einem gefiel, »cool« zu sagen oder eben »es zieht einem die Schuhe aus«, aus Erfahrung wussten die Auerbachs, dass sich das schnell änderte. Wenn sie hier und da glaubten, ihrer Tochter mit einem solchen Ausspruch einen Gefallen zu tun, verdrehte Bambi nur die Augen, weil das alles längst Schnee von gestern war.
Inge Auerbach lachte.
»Was ist los, Bambi? Du bist ja reinweg aus dem Häuschen.«
»Die Frau Doktor hat ein Kind vor dem Ertrinken gerettet, und das hat zufällig ein Landschaftsfotograf mitbekommen und es im Bild festgehalten. Die Frau Doktor ist jetzt berühmt.«
»Gib her«, rief der Professor und riss seiner Jüngsten die Zeitung förmlich aus der Hand.
Und auch Inge platzte vor lauter Neugier, was sonst nicht ihre Art war. Sie stand auf, ging um den Tisch herum, dann zog sie sich einen Stuhl heran, setzte sich neben ihren Mann und rief: »Werner, leg die Zeitung bitte so auf den Tisch, dass ich gleich mitlesen kann.«
Werner Auerbach tat seiner Frau den Gefallen, und gemeinsam lasen sie, was Bambi ihnen vorab erzählt hatte.
Bambi trank derweil ganz genüsslich ihren Kakao, den sie noch immer über alles liebte, wo sie doch eigentlich schon beinahe erwachsen sein wollte. Und sie tauchte ihr Croissant mitten hinein, um es sich dann voller Hingabe in den Mund zu schieben. Dass die aufgeweichte Masse teilweise zurück in den Kakaobecher plumpste, bekam ihre Mutter zum Glück nicht mit.
Inge ließ ihrer Tochter so manches durchgehen. Was die Tischmanieren anging, da war sie streng. Und das war auch so bei ihren großen Kindern gewesen.
Der Landschaftsfotograf war wegen einer Auftragsarbeit in den Sonnenwinkel gekommen, und als Profi hatte er sich diese Chance, auf die erste Seite zu kommen, natürlich nicht entgehen lassen. Er hatte auch Fotos von exzellenter Qualität gemacht.
Die Rettung des Kindes sah richtig dramatisch aus, selbst ein Blinder konnte erkennen, dass es in höchster Lebensgefahr schwebte.
Inge erhob sich.
So spannend der Artikel auch war. Sie war informiert, wusste worum es ging.
Jetzt hatte sie erst einmal wieder Lust auf eine Tasse Kaffee. Den Kaffee brauchte sie morgens einfach, um in die Spur zu kommen. Und sie genoss ihn, ihren ersten Morgenkaffee. Wobei gesagt werden musste, dass es bereits ihr zweiter war.
»Also, wenn die Menschen im Sonnenwinkel jetzt noch immer nicht begreifen, welches Juwel der Doktor Riedel uns da besorgt hat, dann weiß ich nicht«, sagte sie. »Wie selbstlos unsere Frau Doktor ist, wie besonnen und tatkräftig. Stellt euch mal vor, hätte dieser Fotograf nicht auf den Auslöser gedrückt, dann hätten wir nichts von dieser Heldentat erfahren.«
Professor Auerbach warf seiner Frau einen liebevollen Blick zu, was Bambi wohlgefällig registrierte. Es machte sie sehr glücklich, dass ihre Eltern sich so gut verstanden, dass ihre Familie überhaupt intakt war.
Von Schulkameradinnen und Schulkameraden wusste sie anderes. Ihre Banknachbarin, mit der sie sich sehr gut verstand, musste gerade eine schreckliche Scheidung ihrer Eltern erleben, in der nicht nur um Hab und Gut gestritten wurde, sondern auch um das einzige Kind.
So etwas würde bei ihnen niemals eintreten, und das machte sie sehr froh.
Professor Auerbach sagte: »Es ist wirklich großartig, was unsere Frau Doktor da gemacht hat. Aber die Sonnenwinkler wären auch irgendwann so dahinter gekommen, was für eine großartige Frau sich hier bei uns als Ärztin niedergelassen hat. Ich könnte darauf wetten, dass sie jetzt natürlich alle in die Praxis strömen werden, was mich für Frau Dr. Steinfeld auch sehr freut. Sie hat es verdient. Doch sag mal, mein Schatz, dann ist doch nun die Begrüßungsparty bei den Münsters überflüssig geworden, oder?«
Der Professor, als Wissenschaftler weltweit noch immer sehr gefragt, war froh, wenn er es sich daheim gemütlich machen konnte. Er vermied, wenn es ging, gesellschaftliche Zusammenkünfte, weil er davon mehr hatte als ihm lieb war.
Natürlich wusste seine Frau das. Wenn man so lange zusammen war wie die beiden, dann kannte man sich, wusste um jede Marotte, um die Vorlieben und das, was man nicht so schätzte.
Sie lachte.
»Oh nein, mein Lieber. Ich finde, jetzt gibt es erst recht einen Anlass für dieses Fest. Das muss gebührend gefeiert werden.«
Jonny machte sich bellend bemerkbar. Er war schließlich auch noch hier und wollte seine Streicheleinheiten haben, die er natürlich postwendend bekam.
*
Der Professor und seine Frau diskutierten noch immer über den Zwischenfall am See, Bambi hockte neben ihrem geliebten Jonny und kraulte ihn hingebungsvoll, als über die geöffnete Terrassentür Manuel Münster ins Haus gestürmt kam.
Nachdem er allen einen guten Morgen gewünscht hatte, rief er: »Bambi, Oma Marianne fährt in die Stadt und will uns bis zur Schule mitnehmen, also, schnapp dir deine Tasche und komm.«
Das ließ Bambi sich nicht zweimal sagen.
Ehe sie mit Manuel auf diesem Weg, den er gekommen war, hinauslief, erkundigte der sich: »Ist eigentlich eure Klingel kaputt? Der Jörg steht draußen vor der Haustür und klingelt sich die Finger wund.«
Inge sprang auf. Von ihrem Mann war das nicht zu erwarten, und das lag nicht etwa daran, dass er faul oder bequem war, sondern dass er mit seinen Gedanken meistens anderswo war.
Er konnte vor anerkannten Wissenschaftlern brillante Vorträge halten, für die er standing ovations bekam. Für den normalen Alltag war er nicht zu gebrauchen, der Herr Professor, doch deswegen liebte sie ihren Werner, und das von Jahr zu Jahr mehr.
Sie lief zur Haustür, riss sie auf.
»Ich wollte gerade wieder gehen, guten Morgen, Mama«, rief ihr Ältester ihr entgegen, umarmte sie. Herzlichkeit wurde bei den Auerbachs groß geschrieben.
»Das ist aber mal eine nette Überraschung, mein Junge«, sagte Inge. »Warum hast du nicht einfach deinen Schlüssel benutzt oder bist hintenrum gekommen?«
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