Das Glück ist immer da! Heitere Geschichten und Plaudereien. Otto Ernst Schmidt
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Название: Das Glück ist immer da! Heitere Geschichten und Plaudereien

Автор: Otto Ernst Schmidt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066113445

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СКАЧАТЬ sagt Schweninger, ein Mann, der Bismarck entfettete! Wenn Sie sich an diese Lebensweise gewöhnen, werden Sie dick statt mager. Es ist eine bekannte Beobachtung, daß Sträflinge sogar bei der Zuchthausmenage fett werden –«

      »Sie haben recht!« rief ich im frohen Gefühl, eine neue Wahrheit gefunden zu haben. »Ich komme; ich komme bestimmt!«

      »Na bravo! Das ist ein Manneswort. Sie werden sehen, es wird nett!«

      O, ob es nett wurde! Es gab Kaviar, getrüffelte Gänseleber, Brüsseler Poularde, Langusten, Zungenragout, Sorbet usw. usw. Dazu 68er Stefansberg, 93er Hattenheimer Bildstock, 69er Lafitte Schloß-Abzug, 47er Yquem, ganz alten Heidsieck; kurz: Weine von einem unglaublichen Innenleben und von einem Alter, daß man bei jedem Glase unwillkürlich nach dem Kopfe griff, um ehrerbietig den Hut abzunehmen. Und zu jedem Gericht und jedem Wein gab der Wirt nicht ohne Scharfsinn eine überzeugende Erklärung, warum und inwiefern sie kurgemäß wären. Von dem alten Heidsieck zu trinken, verbot mir gleichwohl meine Selbstzucht.

      »Auf Sekt will ich denn doch lieber verzichten,« erklärte ich und hielt die Hand übers Glas.

      »Warum denn gerade auf Sekt?« rief Calcagno mit grenzenlosem Erstaunen. »Alle Rennpferde kriegen Sekt! Haben Sie schon einmal ein korpulentes Rennpferd gesehen?«

      Für streng logische Schlüsse habe ich immer eine Schwäche besessen; ich zog meine Hand zurück. – –

      Andern Mittags, als ich aufgestanden war, schlenderte ich über die Kreuzbrunnenpromenade und entdeckte dort eine automatische Wage mit der Ueberschrift: »Wieviel wiegen Sie?« Ich fand diese Frage zwar etwas dummdreist; aber ich konnte ihr doch nicht widerstehen, stieg auf, steckte 20 Heller in den Schlitz und konstatierte 94 Kilo.

      Also das war nun der ganze Erfolg nach drei Wochen des Darbens, Kurierens und Kasteiens! Ein ganzes Kilogramm!

      Halt – an dem Automaten befand sich auch eine Tabelle, nach der man genau feststellen konnte, wieviel man wiegen dürfe. Ich fand, daß meiner Körperlänge ein Gewicht von 65 Kilo angemessen wäre. Also hätte ich 30 Kilo zu viel, und sie zu beseitigen, forderte 90 Wochen Marienbad! Es war doch geradezu lächerlich, solch einen Ort für Entfettungskuren zu empfehlen!

      Ebenso lächerlich war übrigens diese Tabelle. Als ob man so rein mechanistisch die Leibesstärke eines Menschen vorschreiben könnte, als ob sie nicht individuelle Bestimmung wäre wie meine Augen, meine Stimme, meine Hand, mein Temperament! Ich ging die Reihe meiner Ahnen durch bis ins 15. Jahrhundert – soweit ich sie kannte, waren sie meistens oder doch großenteils wohlbeleibt gewesen. Es war also meine Bestimmung, dick zu sein. Was wußten die Aerzte von meiner Bestimmung! Gewiß war es vernünftig und geraten, einem Uebermaß vorzubeugen. Das wollt' ich ja auch, tat ich ja auch! Aber wie weit man gehen darf, das kann kein Automat und kein Arzt bestimmen; das muß man selbst fühlen. Ein vernünftiger und leidlich gebildeter Mensch soll sein eigener Arzt sein.

      Danach beschloß ich nun zu handeln, und da gerade mein Geburtstag war, aß ich ein Gericht Knödel, wie ich sie so sehr liebe. Ich wußte wohl, daß ich nach diesen Knödeln wieder Gewissensbisse fühlen würde; aber Gewissensbisse machen mager, und so wurde die gewünschte Wirkung auf einem Umwege doch erzielt.

      Hartnäckig wie ich in der Verfolgung eines einmal gesteckten Zieles bin, setzte ich bis zum Ende meines Aufenthalts meine Kur ohne Unterbrechung fort. Daß ich mich für das Diner meines Freundes revanchierte, ist selbstverständlich. Ich konnte mich unmöglich einladen lassen, ohne wieder einzuladen. Um Exzessen vorzubeugen, gab ich indessen kein Diner, sondern nur ein Frühstück; daß meine Gäste erst nach Mitternacht aufbrachen, ist nicht meine Schuld; ich konnte sie doch nicht fortschicken.

      So hatte sich denn unter den Mitgliedern dieses Kreises ein höchst erfreuliches Verhältnis herausgebildet, und dieses harmonische Einvernehmen fand in einem Abschiedsessen, das die Herren mir am Abend vor meiner Abreise gaben, seinen natürlichen Ausdruck. Die Herren überhäuften mich mit Aufmerksamkeiten jeglicher Art; sie hatten ein Menü zusammengestellt, das ausschließlich aus meinen Lieblingsspeisen bestand, und wollten es sich nicht nehmen lassen, mich von der Festtafel direkt an den Zug zu begleiten. Ich nahm dies Anerbieten mit Vergnügen an, ließ mich aber selbstverständlich durch allen Jubel und Trubel in meinem Pflichtgefühl nicht beirren. Unter dem Vorwande, daß ich mir noch Handschuhe kaufen müsse, trat ich auf dem Wege zum Bahnhof in ein Handschuhgeschäft mit allein richtiger Personenwage. Ich legte alles ab: Hut, Mantel, Taschenmesser usw., nur nicht das Portemonnaie – es war von keinem Belang mehr – setzte mich in den Stuhl und machte mich so leicht wie möglich.

      »95,3 Kilo!«

      Das »weitbeschreyte« altberühmte Marienbad hatte mir also nicht nur nichts geholfen; es hatte mir zu meiner Fülle noch 200–300 Gramm hinzugebürdet. Und auf diesen Schwindel war selbst ein Goethe hineingefallen!

      Daheim schilderte ich meinen Freunden bis ins Einzelne hinein die Marienbader Kur und ihre Vorschriften.

      »Und das hast du vier Wochen lang befolgt?« riefen sie wie aus einem Munde.

      »Im großen und ganzen – und im wesentlichen ja!« versetzte ich mit einer großen und runden Armbewegung.

      Warum die Kerle sich in die Rippen stießen und mein bester, treuester Freund sogar laut herausprustete, ist mir noch heute ein Rätsel.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Sache begann sehr harmlos. Als ich vor Jahren einmal mit Roswithen spazieren ging, fragte sie mich: »Vater, magst du gern Ziegen leiden?«

      Ich kann eigentlich nicht behaupten, daß ich die Reize der Ziegen überwältigend finde; es sind ja auch nicht gerade die schönsten und liebenswürdigsten Damen, die man als Ziegen bezeichnet. Ich antwortete also langsam, gedehnt und ohne jeden Schwung:

      »Nun jaaa – hm, – wie man's nimmt – warum nicht?«

      »Ich schrecklich gern!« seufzte Roswitha. »So kleine junge Ziegen find' ich reizend!«

      Ja, wenn sie noch klein sind, sind sogar die Menschen reizend. Dachte ich, sagte ich natürlich nicht.

      Damit schien dieses Thema erschöpft.

      Wir hatten damals nur einen recht kleinen Garten, in dem freilich ein paar alte mächtige Bäume standen, eben deshalb aber Gras und Kräuter nur kümmerlich gediehen.

      Nach Monaten spazierten wir durch einen wunderschönen, riesengroßen Park, einen Park, dessen sich der reichste König nicht zu schämen brauchte, einen Park wie ein kleines Fürstentum, mit Hügeln und Tälern, Teichen und Tempeln, Rosenlauben und Wiesen.

      »Vater,« fragte Roswitha, »wenn der Mann, dem dieser Park zugehört, dir ihn abverkaufen wollte – kauftest du ihn denn?«

      »Nein,« versetzte ich mit großer Klarheit. Ich wußte wohl, warum.

      »Aber wenn er ihn dir schenken wollte – nähmst du ihn denn?«

      »Ja,« versetzte ich mit erhöhter Klarheit. Falsche Scham schien mir hier nicht am Platze.

      »Ich auch!« rief Roswitha triumphierend. »Und weißt, was ich denn täte?«

      »Hm?«

      »Denn СКАЧАТЬ