Gesammelte Werke von Rudyard Kipling. Редьярд Киплинг
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Название: Gesammelte Werke von Rudyard Kipling

Автор: Редьярд Киплинг

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788027209255

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СКАЧАТЬ Kim hatte bittend die Hände gefaltet. »Und wohin gehst Du?« fragte die Frau, ihm aus einem fettigen Paket einen halben Kuchen reichend.

      »Geradeaus nach Benares.«

      »Gaukler vermutlich,« meinte der junge Soldat. »Könnt Ihr uns einige Kunststücke vormachen, um uns Zeit zu vertreiben? Warum antwortet der gelbe Mann nicht?«

      Weil,« antwortete Kim hochmütig, »er heilig ist und an Dinge denkt, die Dir verborgen sind.«

      »Das kann möglich sein. Wir,« sprach er rollend und volltönend, »wir von den Loodhiana Sikhs plagen unsere Köpfe nicht mit heiligen Lehren – wir fechten!«

      »Meiner Schwester Brudersohn,« sprach gemessen der Sikh-Handwerker, ist Naik (Korporal) in dem Regiment. Es sind auch einige Dogra-Kompanien dabei.«

      Der Soldat wurde still: denn ein Dogra ist von niederer Kaste, als ein Sikh; und der Geldmann kicherte.

      »Mir sind die alle gleich wert,« sagte das Amritzar-Mädchen.

      »Das glauben wir,« schnaubte boshaft des Farmers Weib.

      »Nein, aber alle, die dem Sirkar (Regiment) mit Waffen in der Hand dienen, sind eine Brüderschaft. Da ist eine Brüderschaft von der Kaste – aber über dieser wieder –« sie blickte schüchtern um sich – »das Band des Pulton – das Regiment – nicht?«

      »Mein Bruder ist in einem Jat-Regiment,« sagte der Farmer. »Dogras sind tüchtige Männer.«

      »Deine Sikhs wenigstens dachten so,« sprach der Soldat mit einem Grinsen nach dem stillen, alten Mann in der Ecke. »Deine Shiks dachten so, als unsere beiden Kompanien ihnen vor noch nicht drei Monaten bei Pirzai Kotal auf dem Bergpaß, angesichts von acht Alfridi-Fahnen zu Hilfe kamen.«

      Er erzählte die Geschichte einer Grenz-Aktion, bei der die Dogra-Kompanien von den Loodhiana-Sikhs sich tapfer gehalten halten. Das Amritzar-Mädchen lächelte: sie wußte, daß die Geschichte erzählt wurde, um ihren Beifall zu gewinnen.

      »O weh!« sagte die Frau des Farmers. »So wurden ihre Dörfer verbrannt und ihre kleinen Kinder heimatlos?«

      »Sie hatten unsere Toten gebrandmarkt. Sie hatten eine große Summe zu zahlen, nachdem wir von den Sikhs ihnen eine gute Lehre gegeben. So war es. Ist dies Amritzar?«

      »Ja, und hier müssen wir die Fahrkarten vorzeigen,« sagte der Bankier, an seinem Gürtel herumtastend.

      Die Lampen glommen fahl in der Dämmerung, als der Halbblutschaffner die Runde machte. Fahrkarten-Einsammeln ist im Osten ein langsames Geschäft, weil die Leute sie an allen möglichen sonderbaren Orten verstecken. Kim zeigte die seinige vor und wurde hinaus gewiesen.

      »Aber,« protestierte er, »ich muß nach Umballa. Ich reise mit diesem heiligen Mann.«

      »Du kannst meinetwegen nach Jehannum (Hölle) gehen. Dies Billet ist nur bis Amritzar. Hinaus!«

      Kim brach in eine Flut von Tränen aus, beteuerte, der Lama sei sein Vater und seine Mutter, er sei die Stütze der alten Tage des Lama und dieser würde ohne seinen Beistand sicherlich sterben. Der ganze Wagen bat den Schaffner, Mitleid zu haben – der Geldmann besonders war sehr bereit – der Schaffner aber packte Kim und warf ihn auf den Bahnsteig.

      Der Lama blinzelte mit den Augen; er begriff den Vorgang nicht; Kim erhob die Stimme und weinte draußen vor den Wagenfenstern.

      »Ich bin so arm. Mein Vater ist tot. Meine Mutter ist tot. O, Barmherzige, wer soll für den alten Mann sorgen, wenn ich hier bleibe?«

      »Was – was ist dies?« fragte der Lama. »Er muß nach Benares. Er muß mit mir fahren. Er ist mein Chela. Wenn Geld bezahlt werden muß –«

      »O, schweige,« flüsterte Kim; »sind wir Rajahs, daß wir gutes Silber wegwerfen, wo die Welt so barmherzig ist?«

      Das Amritzar-Mädchen stieg mit ihren Bündeln aus. Auf sie richtete sich Kims schlauer Blick. Damen von dem Bekenntnis, wußte er, sind großmütig.

      »Ein Billet – ein kleines Billetchen nach Umballa – o, Herzenbrecherin!« Sie lachte. »Hast Du kein Erbarmen?«

      »Kommt der heilige Mann vom Norden her?«

      »Von weit, weit aus dem Norden her kommt er,« antwortete Kim. »Aus den Bergen her.«

      »Schnee ist zwischen den Fichtenbäumen im Norden – auf den Bergen ist Schnee. Meine Mutter war aus Kulu. Hol’ Dir ein Billet. Bitte ihn um einen Segen.«

      »Zehntausend Segen.« kreischte Kim. »O, Heiliger, eine Frau hat uns barmherzig gegeben, so daß ich mit Dir kommen kann – eine Frau mit einem goldenen Herzen. Ich renne, das Billet zu holen.«

      Das Mädchen blickte zu dem Lama auf, der Kim mechanisch auf den Bahnsteig nachgefolgt war. Er senkte das Haupt, um sie nicht anzusehen, und murmelte etwas in Tibetanisch, als sie in der Menge sich verlor.

      »Leicht bekommen – leicht gegeben,« sprach höhnisch die Farmerfrau.

      »Sie hat Verdienst erworben,« erwiderte der Lama, »gewiß ist sie eine Nonne.«

      »Solcher Nonnen gibt’s in Amritzar allein zehntausend. Komm zurück, alter Mann, sonst geht der Zug ohne Dich ab,« rief der Bankier.

      »Nicht nur für das Billet war’s genug,« sagte Kim auf seinen Platz springend, »auch für etwas zu essen. Nun iß, Heiliger. Sieh, der Tag bricht an.«

      Golden, rosig, safrangelb und nelkenfarben lösten die Morgennebel sich auf über der flachen grünen Ebene. Das ganze Reich Punjab lag ausgebreitet im Glanz der strahlenden Sonne. Der Lama schreckte ein wenig zusammen, wie die Telegraphenstangen vorüberflogen.

      »Groß ist die Schnelligkeit des Zuges,« sagte mit gönnerhaftem Grinsen der Geldverleiher. »Wir sind schon weiter von Lahore, als Du in zwei Tagen gehen könntest. Am Abend werden wir in Umballa sein.«

      »Und das ist noch weit von Benares,« sprach der erschöpfte Lama an den Kuchen knabbernd, die Kim ihm gegeben. Alle öffneten jetzt ihre Bündel und hielten ihre Morgenmahlzeit. Dann bereiteten der Sikh, der Farmer und der Soldat ihre Pfeifen und füllten den Wagen mit scharfem ätzendem Rauch, spuckend und hustend, und fühlten sich sehr behaglich. Der Bankier und die Farmersfrau kauten Pan (narkotisches Kaumittel in präpariertem Betelpfefferblatt); der Lama schnupfte und zählte seine Perlen; Kim saß mit gekreuzten Beinen, die Annehmlichkeit eines gefüllten Magens lächelnd genießend.

      »Welche Flüsse habt Ihr bei Benares?« fragte plötzlich der Lama, sich an den ganzen Wagen wendend.

      »Wir haben Gunga,« antwortete der Bankier, als das Gekicher aufhörte.

      »Welche noch?«

      »Welche anders als Gunga?«

      »Ah, ich dachte an einen gewissen Fluß des Heils.«

      »Das ist Gunga. Wer in ihm badet, wird von Sünden rein und kommt zu den Göttern. Drei Mal bereits machte ich die Pilgerfahrt zum Gunga.« Er blickte sich stolz um.

      »Es tat not,« sagte der junge Sepoy trocken, und das Kichern der Reisenden wandte sich gegen den Bankier.

      »Nein СКАЧАТЬ