Название: Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden
isbn: 9783959790024
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Trotz ihres Herzschmerzes zog Teresa belustigt eine Augenbraue hoch.
»Nanu, das sind ja ganz neue Töne!« Sie wunderte sich immer mehr über die offensichtliche Verwandlung, die ihr Bruder innerhalb kürzester Zeit durchgemacht hatte. »Mal abgesehen davon, dass ich der Erholung nicht entkommen werde. Dr. Norden hat mir schon angekündigt, dass mich nach der Klinik auf jeden Fall ein mehrwöchiger Kuraufenthalt auf der Insel der Hoffnung erwartet«, erinnerte sie sich nach und nach an das Gespräch, das sie mit ihrem Arzt geführt hatte, nachdem sie am vergangenen Tag aus der Narkose erwacht war. Über diesen Erinnerungen verschwand das Lächeln von ihrem Gesicht und machte einer neuen großen Sorge Platz. »Dabei hab ich ihm schon gesagt, dass das unmöglich ist. Ich werde dich auf keinen Fall wochenlang allein auf dem Hof lassen.« Eine kritische Falte stand zwischen ihren Augen. »Und jetzt komm mir ja nicht wieder damit, dass du kein Baby mehr bist«, fügte sie streng hinzu.
Verlegen nagte Anian an der Unterlippe. Das war der Moment, in dem er versuchen konnte, seinen Fehler wiedergutzumachen. Wenn Teresa es denn noch wollte.
»Natürlich musst du auf Kur gehen!«, erklärte er mit Nachdruck. »Ich will, dass du endlich wieder ganz gesund wirst. Schließlich hat dich die Sache mit Mama und Papa auch ganz schön mitgenommen. Ist ja nicht so, dass nur ich gelitten hab. Auch wenn ich das öfter mal gedacht hab«, räumte er bereitwillig ein und schaffte es kaum, seiner Schwester dabei ins Gesicht zu sehen. Noch immer schämte er sich fürchterlich.
Diese Einsicht rührte an Teresas Herz.
»Aber, Anian, was ist nur los mit dir?«, fragte sie mit Tränen in den Augen. »So kenne ich dich gar nicht.«
Doch Anians Gedanken waren schon weitergeeilt. Er wollte endlich hinter sich bringen, was er sich vorgenommen hatte, und knetete verlegen seine Hände.
»Wenn du auf Kur bist und ich dann allein zu Hause bin …, eigentlich wär’s doch cool, wenn Marco doch zu uns ziehen könnte …«
Schlagartig veränderte sich Teresas Gesichtsausdruck, und ihr Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen.
»Ich glaube, das ist keine so gute Idee«, sagte sie leise und kämpfte mit den Tränen. »Nicht nach dem, was du mir erzählt hast.«
Jetzt wünschte sich Anian doch, dass sich ein großes Loch vor ihm auftun und ihn verschlingen würde. Er hatte nicht gedacht, dass es so schwer sein würde, die Wahrheit zu sagen, und nahm sich vor, nie mehr wieder zu lügen.
»Na ja, weißt du … Die Sache mit dem Makler war vielleicht doch ein bisschen anders, als ich erzählt hab.«
Teresa wischte sich mit dem Ärmel ihres Nachthemds eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Wie bitte?«, fragte sie dabei ungläubig. »Wie meinst du das?«
Anian antwortete nicht sofort. Erst das Schlagen der nahen Kirchturmuhr erinnerte ihn daran, dass er demnächst gehen sollte, wenn er nicht zu spät zur zweiten Stunde kommen wollte.
»Bitte sei mir nicht böse, aber ich hab gelogen«, sprang er schließlich doch über seinen Schatten und gestand die Wahrheit.
»Du hast WAS?«
»Ich meine, dieser Makler war wirklich da. Aber Marco hat klipp und klar gesagt, dass ein Verkauf für dich nicht infrage kommt. Nicht für alles Geld der Welt.«
Dieses Geständnis regte Teresa so sehr auf, dass sie nicht länger ruhig im Bett liegen bleiben konnte. Nervös rutschte sie hin und her auf der Suche nach einer bequemen Position. Ihren Bruder ließ sie dabei nicht aus den Augen.
»Warum hast du das getan?«, fragte sie so scharf, wie sie noch nie mit Anian gesprochen hatte. »Wie konntest du mir das antun, nach allem, was ich für dich auf mich genommen habe?«
Schuldbewusst zog der junge Mann die Schultern hoch.
»O Mann, was soll ich denn noch sagen, außer dass es mir leidtut?«, fragte er hilflos. »Mensch, Tessa, jetzt sei nicht so sauer. Du hast bestimmt auch mal Fehler gemacht, als du so alt warst wie ich«, setzte er sich zur Wehr.
Schon lag Teresa eine deftige Antwort auf den Lippen, als ihr ein Erinnerungsfetzen in den Kopf schoss. Sie sah sich in Anians Alter, als sie heimlich geraucht und um ein Haar die Scheune in Brand gesetzt hatte. Damals hatte sie nicht den Mut gehabt, ihrem Vater zu erklären, woher der Brandfleck kam, und hatte die Ahnungslose gespielt.
»Stimmt«, gestand sie schließlich leise und lehnte sich seufzend in die Kissen zurück. »Und einer davon hätte genauso verheerend ausgehen können wie deiner.« Erschöpft schloss sie die Augen. Die erste Frische des Morgens war verflogen, und wieder spürte sie ihre Schwäche. Selbst wenn die akute Gefahr gebannt war, würde es noch lange dauern, bis sie wieder ganz gesund und stark genug sein würde, um ihr Leben zu meistern.
»Aber es ist doch noch nicht zu spät«, versuchte Anian verzweifelt, seiner Schwester Mut zu machen. »Red doch mal mit Marco. Der findet die Idee bestimmt voll cool.«
Doch Teresa zögerte.
»Ich weiß nicht. Vielleicht sollten wir es doch besser so lassen, wie es ist«, seufzte sie. »Ich glaube sowieso, dass irgendwas nicht stimmt. Marco hat sich heute noch gar nicht bei mir gemeldet.« Sie lag mit geschlossenen Augen im Bett und dachte nach. Plötzlich kam ihr ein furchtbarer Gedanke. »Sag mal, hältst du es für möglich, dass er von deiner Lüge erfahren hat?«, fragte sie Anian entgeistert.
Einen ganz kurzen heißen Moment lang war Anian versucht, noch einmal zu lügen. Doch der Augenblick verging, und er blieb stark.
»Er hat mitbekommen, wie ich mit dir geredet hab«, gestand er kleinlaut. »Deshalb ist er auch zu sich zurück nach Hause gezogen. Er denkt, dass du jetzt nichts mehr mit ihm zu tun haben willst.«
Ungläubig starrte Teresa ihren Bruder an. Er hatte eben das Todesurteil ihrer großen Liebe verkündet. Da nützte es auch nichts, dass Anian versicherte, sich mit Marco ausgesprochen und Frieden geschlossen zu haben.
*
Nach einer unruhigen Nacht war Wendy am nächsten Morgen schon früh auf den Beinen. So leise wie möglich, um nur ja Philomena nicht mehr auf den Plan zu rufen, stand sie auf und begann, ihre Sachen zu packen. Sie war fast fertig, als es leise klopfte.
»Wendy? Bist du schon wach?«, fragte Hanno Thalbach leise. Obwohl sie wusste, dass sie nicht ohne Abschied fahren konnte, erstarrte sie kurz. Dann gab sie sich einen Ruck und ging, um ihm zu öffnen.
»Guten Morgen, Hanno«, begrüßte sie ihren Gastgeber zurückhaltend. »Kannst du mir bitte ein Taxi rufen?«
»Das erledige ich schon«, ertönte eine Stimme aus dem Hintergrund. Wieder einmal war Philomena aus dem Nichts aufgetaucht.
Ärgerlich fuhr Hanno herum.
»Es reicht jetzt, Philo! Findest du nicht, dass du schon genug angerichtet hast?«
Sie zog ein beleidigtes Gesicht und verschwand im Treppenhaus. Seufzend wandte sich Hanno wieder seiner Besucherin zu.
»Darf ich reinkommen?«, fragte er, und Wendy ließ ihn ein.
»Du reist ab?« Ungläubig starrte er auf die Reisetasche СКАЧАТЬ