Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ Regimentsrat stand inmitten der Stube und machte ein Gesicht, als sollte er einen Bericht abfassen über die Ursachen der Welterschaffung und könnte keinen richtigen Anfang finden. In Unterwürfigkeit stand Kriemhofen vor seinem Chef und murmelte gewohnheitsmäßig: »Doch noch etwas andres dabei.«

      Da klang ein kurzes, schlagähnliches Pochen von der Thüre her, und der Vizedom stand auf der Schwelle.

      Er hüstelte und schloß die Thüre. In Unterwürfigkeit stand der Sekretarius, in tiefster Unterwürfigkeit stand der Regimentsrat.

      »Den Akt Hansjörg Portner brauche ich!«

      »Hansjörg Portner? Auf der Stelle! Kriemhofen, habt Ihr den Akt – nein? Auf meinem Tische sagt Ihr? Um Verzeihung, Gnaden Herr Vizedom – gleich! Ein Haufen Akten – o, diese Emigranten. Na, helft mir doch, Kriemhofen! O, diese Emigranten, Euer Gnaden! – Noch nicht, Kriemhofen?«

      »Habe keine Eile,« meinte der Vizedom und wandte den Blick nicht vom Sekretarius, der totenbleich, mit zitternden Händen in dem Aktenstoße wühlte. »Zeit lassen!«

      »Hier ist der Akt, Euer Gnaden!« sagte Kriemhofen und überreichte das kleine Bündel dem Hochgebietenden.

      Der warf einen Blick auf den Umschlag und gab den Akt zurück: »Sebastian Wolf Portners auf Haselmühle Konversion,« bemerkte er hüstelnd und fixierte den Sekretarius.

      »Bitte tausendmal um Vergebung, habe mich vergriffen,« murmelte Kriemhofen. »Er muß bei mir im Erker sein.«

      Und er ging mit schleppenden Schritten zum Erker.

      »Heda, ist Euch nicht wohl?« fragte der Vizedom und ging auch zum Erker.

      Kriemhofen wandte sich und sagte mit bebender Stimme: »Schon seit etlichen Tagen etwas unpaß, Euer Gnaden. Der Herr Regimentsrat kann's mir bezeugen.«

      »Ein ganz außerordentlich eifriger Beamter, Euer Gnaden,« dienerte der alte Herr und kam händereibend heran. »Von ganz vorzüglichem Eifer beseelt, arbeitet mit großem Erfolge in der Emigrantensache –«

      »Bedarf des Zeugnisses nicht,« sagte der Hochgebietende und würdigte den Regimentsrat keines Blickes. »Dieser Kriemhofen sieht sehr übel aus –«

      »Nicht von Bedeutung, Euer Gnaden,« murmelte der Sekretarius.

      »Dieser Kriemhofen,« sagte der Vizedom und sah drohend auf das bleiche Gesicht des andern, »dieser Kriemhofen sieht so übel aus« – er hielt einen Augenblick inne –, »so übel wie das böse Gewissen,« vollendete er mit schneidender Betonung.

      »Euer Gnaden!« murmelte Kriemhofen, wurde aschgrau und schwankte.

      »Den Akt Hansjörg Portner will ich!« befahl der Vizedom.

      »Hier, Euer Gnaden!« sagte der Sekretarius, öffnete ein Fach an seinem Pulte und nahm den dicken Akt heraus. »Hansjörg Portners Emigration –«

      »– und Gefangennahme,« las der Vizedom vom Umschlage. »Der Akt scheint Euch ja besonders am Herzen zu liegen, Kriemhofen?«

      Kriemhofen schwieg.

      Der Vizedom trat an den Arbeitstisch des Regimentsrates, der sprachlos beiseite stand und nun hinter dem Rücken des Hochgebietenden fragend und kopfschüttelnd nach dem Sekretarius schielte.

      Der aber stand aschgrau, mit zusammengekniffenen Lippen am Eingange des Erkerleins und stierte auf den Vizedom, der in dem Akte blätterte.

      Nichts mehr war zu hören in der vertäfelten Stube, als das leise Rauschen und Knistern der Aktenstücke. Sogar der Atem des Regimentsrats ging leise in Gegenwart des Hochgebietenden.

      Der Vizedom nahm ein Blatt aus dem Akte und wandte sich um: »In wessen Auftrage habt Ihr dem Junker Portner das Handgelübde abgenommen?«

      »Im Auftrage des Herrn Regimentsrates, Euer Gnaden.«

      »Ich habe ihm den Auftrag gegeben,« sagte der Regimentsrat und rieb die Hände.

      »Welchen Auftrag?« fragte der Vizedom.

      »Das Handgelübde betreffend, Euer Gnaden,« erklärte der alte Herr verwundert.

      »Und was sollte der Emigrant mit Handschlag an Eides Statt geloben?«

      »Wenn ich mich recht entsinne – wie war's doch, Kriemhofen? Auf ein Jahr oder auf zwei Jahre?«

      »Ich frage Euch!« herrschte ihn der Vizedom an.

      »Daß er sich auf gewisse Zeit der halsstarrigen Tochter des Zantners enthalten werde, Euer Gnaden,« sagte der Regimentsrat und machte eine tiefe Verbeugung. »Es war eine notwendige Maßregel, Euer Gnaden.«

      »Im Rate ist nichts davon verlesen worden!« rief der Vizedom.

      »Ich hab's von kurzer Hand verfügt, Euer Gnaden.«

      »Und müssen nicht alle diese Gegenstände kraft kurfürstlichen Befehls im Rate verlesen und durch formatum consilium beschlossen werden?« herrschte ihn der Vizedom an.

      Der Regimentsrat schwieg und rieb die Hände.

      »Nun gut, wir beide kommen noch zusammen!« sagte der Hochgebietende. »Und Ihr, Kriemhofen, habt ihm also das Handgelübde abgenommen. Und die Frist habt Ihr gesteckt auf –?«

      »Es muß in der Urkunde enthalten sein, Euer Gnaden.«

      »Freilich ist's in der Urkunde enthalten, freilich!« bestätigte der Vizedom. Er trat einen Schritt vor. »Und in welchem Zustande habt Ihr den Portner die Urkunde unterschreiben und siegeln lassen?«

      »Ich verstehe Euer Gnaden nicht,« antwortete Kriemhofen.

      »So – nicht? Auch gut! Wer war dabei?«

      »Der Einspännige Rummel,« kam's zögernd von den Lippen des Sekretarius.

      »Schellen!« befahl der Vizedom.

      Kriemhofen rührte sich nicht, und der Regimentsrat lief an die Klingel. –

      Der Diener kam.

      »Der Einspännige Rummel im Hause?«

      »Ja, Euer Gnaden.«

      »Soll augenblicklich kommen!« –

      Der Einspännige Rummel kam.

      »Du bist dabei gewesen, als der Portner von Theuern das Ding da unterschrieb?«

      »Jawohl, Euer Gnaden.«

      »Wann war das?«

      »Genau weiß ich's nimmer, Euer Gnaden.«

      Der Vizedom warf einen Blick auf die Urkunde: »Am zweiten November. – Tageszeit?«

      »Mitten in der Nacht, Euer Gnaden.«

      »So, mitten in der Nacht? Und in welchem Zustande war denn der Portner?«

      Der СКАЧАТЬ