Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
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Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme

Автор: Jodocus Temme

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238149

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СКАЧАТЬ bin Diener dort.«

      »Desto besser. Der Domherr von Aschen ist dort Du kennst ihn?«

      »Ich kenne ihn.«

      »Gehe hin und bitte ihn hierher zu mir. Ich lasse ihn dringend bitten; ich habe ihn notwendig zu sprechen. Aber noch eins, ich lasse ihn bitten, ganz allein zu mir zu kommen; und auch Du sprichst nur mit dem Domherrn und sagst keinem Menschen, was Du hier gesehen hast. Du siehst mir treu und ehrlich aus; ich verlasse mich auf Dich. Hier hast Du zur Belohnung einen Taler.«

      Sie hatte ihm einen Taler gegeben; er hatte den Domherrn gerufen.

      »Gisbertine!« bestätigte sich der Domherr. »Sie ganz und gar! Ob ich umkehre und den Gisbert mitnehme?«

      Aber er ging doch weiter.

      »Bei ihrem Eigensinn, ihrem Trotz könnte ich alles verderben.«

      Er kam im Walde an, sah den Wagen, erkannte Gisbertine.

      Er hieß den Burschen zurückbleiben.

      Gisbertine hatte den Kutscher auf die Seite treten lassen.

      Der Domherr und Dame Gisbertine waren allein.

      »Guten Tag, Onkel Florens!«

      »Guten Tag, Gisbertine!«

      »Onkel Florens, ich habe Dir etwas Wichtiges mitzuteilen.«

      »Ich auch Dir, Gisbertine. Gisbert ist hier.«

      »Ich weiß es, und darum bin ich gekommen.«

      »Ah, ich soll Dich mit ihm wieder aussöhnen?«

      »Nein!«

      »Dich ohne Aussöhnung zu ihm führen?«

      »Nein; Du sollst mich nur ruhig anhören.«

      »Sprich!«

      »Gisbert ist in Gefahr.«

      »Ja, ja, vor Dir!«

      »Lieber Onkel, erweisest Du mir einen Gefallen?«

      »Lass hören.«

      »Wolltest Du nicht so freundlich sein, Deine Bemerkungen bis nachher aufzusparen?«

      »Ich sehe, ich kann sie mir ganz ersparen. Erzähle!«

      »Onkel Florens, der Staat ist in Gefahr.«

      »Ah, Gefahr an allen Enden!«

      »Wenigstens für gewisse Leute, zum Beispiel für die Armee, das heißt für diejenigen, die bei uns die Armee ausmachen; ferner für Fräulein Hedwig von Taubenheim —«

      »Wer ist Fräulein Hedwig von Taubenheim?« fragte der Domherr.

      »Die Tochter des Generals von Taubenheim.«

      »Und in welcher Gefahr schwebt sie?«

      »Nicht Frau Geheimrätin von Schilden zu werden.«

      »Gisbertine, erzeigst Du mir jetzt einen Gefallen?«

      »Welcher wäre es?«

      »Ernsthaft zu sprechen und keine Kindereien zu treiben.«

      »Lieber Onkel, ich sprach sehr ernsthaft, wie Du Dich überzeugen wirst, wenn ich zur Sache komme, und was die Kindereien betrifft, so handelt es sich allerdings gegenwärtig noch um erwachsene Leute, obgleich doch auch mancher darunter sein wird, der noch nicht einmal Flaum am Kinn hat; ich denke mir aber nach dem Sprichwort: L’appétit vient en mangeant, dass die Zeit nicht fern liegen kann, wo auch Kindereien zum Beispiel Kindergärten und Kleinkinderbewahranstalten, den Staat in Gefahr bringen.«

      »Kommst Du zur Sache, Gisbertine?«

      »Ja. In den höheren Regionen der Hauptstadt sind zwei Strömungen. Die eine erkennt an, dass Staat und Thron durch Volk und Landwehr gerettet sind, und will volkstümliche Institutionen und darunter weitere Ausbildung des Landwehrsystems. Die andere will von dem allem nichts wissen, sieht darin künftig die Republik und jetzt Demagogie und Anarchie und will umso mehr zum Schutze des Throns und der Aristokratie die Armee heben und erhöhen. Der König will nur das Beste, und es kommt für jede der beiden Parteien darauf an, ihn für sich zu gewinnen. Der König ist misstrauisch; ich denke mir, alle Könige sind es; denn kein Mensch wird mehr betrogen als ein König. Er lebt dabei sehr eingezogen und zurückhaltend, schon seit dem Tode der Königin, die er über alles liebte. So erfährt er nicht, was im Lande geschieht, und es ist namentlich leicht, ihn mit Schreckbildern zu umgeben, und die führt man ihm nun in der Gestalt von demagogischen Umtrieben zu. Du hast das Wort noch nicht gehört, Onkel Florens?«

      »Nein.«

      »Es ist allerdings neu, und ich glaube, der Herr von Schilden und Fräulein Hedwig von Taubenheim haben es erfunden, damit sie Mann und Frau werden können.«

      Der Domherr unterbrach die Erzählerin.

      »Einen Augenblick, Gisbertine! Du nanntest schon zweimal den Namen Schilden.«

      »Und er fällt Dir auf? Du sahst in Göttingen bei Gisbert einen Regierungsrat Mahlberg —«

      »Alle Wetter! Alle —« rief der Domherr. »Und der Schilden will die Tochter des Generals von Taubenheim heiraten?«

      »Und sie ihn. Ihr Vater aber will, dass sie Gräfin Westernitz werden soll.«

      »Gräfin Westernitz? Die Frau des —«

      »Des Grafen Westernitz, der mir im vorigen Jahre in Hofgeismar den Hof machte.«

      »Erzähle weiter, Gisbertine.«

      »Ich bin eigentlich fertig. Ich habe Dir nur noch zu erläutern, was demagogische Umtriebe sind. Unsere Universitäten sind angefüllt mit jungen Männern, die in der Landwehr die Feldzüge mitgemacht hatten und nach deren Beendigung zu ihren Studien zurückkehrten. Sie halten begreiflich zusammen; sie haben auch natürlich einen Gesichtskreis, der über das Studentenleben hinausgeht. Wir haben ein altdeutsches Sprichwort: Wo wir nicht mitraten, da wollen wir nicht mittaten. Das kehren sie um: Wo wir mittaten, da wollen wir auch mitraten. Und nun sehen sie, wie im Lande sich immer mehr ein anderes Sprichwort will geltend machen: Versprechen ist ehrlich und Halten beschwerlich; und sie reden von Rechten des Volks, und dass Versprechungen auch müssten gehalten werden, und das nennt man demagogische Umtriebe. Und man hat ein Gesetz gegen geheime Verbindungen erlassen oder eigentlich ein altes Gesetz zur neuen Anwendung aufgefrischt und wird in den nächsten Tagen die Demagogen geheim einfangen und inquirieren und als Hochverräter verurteilen, und zu den Demagogen gehört auch Gisbert, bei dem sogar vor einigen Wochen in Göttingen ein förmlicher Demagogenkongress gewesen sein soll, auf dem auch Du warst, Onkel Florens, und man spricht schon von einem Bunde der Alten neben dem Bunde der Jungen. Und nun warne Du Gisbert, wie ich Dich hiermit selbst gewarnt haben will.«

      Gisbertine schwieg.

      Der Domherr hatte nachgesonnen.

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