Goethe und Werther: Briefe Goethe's, meistens aus seiner Jugendzeit. Иоганн Вольфганг фон Гёте
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СКАЧАТЬ die unvergängliche Sprache bildet, zur Erhebung und Belehrung der Menschen. Solchen Schätzen fügen wir hiemit eine Reihe eigenhändiger Briefe Goethe’s hinzu, vorzüglich aus der Periode des Werther, und begleiten sie mit einigen erläuternden Documenten.

      In einer lieblichen Erscheinung der Wirklichkeit, in der wir die Elemente seines großen Gedichtes erkennen, erblicken wir Ihn, der seitdem ein halbes Jahrhundert die Ideen seiner Nation beherrscht hat, einem jungen Adler gleich, der seine Flügel zu schwingen beginnt, kaum ahnend, daß sie Ihn einst zur höchsten Sonne tragen werden, sehen Ihn, den Jüngling, den Freund, den Liebenden, mit unsern eigenen Augen im Leben wandelnd. Denn wenn Er uns später das Bild seines Lebens als „Wahrheit und Dichtung“[2] gab, so bekannte Er selbst seinen Zweifel, ob im Nebel der Vergangenheit Ihm das Geschehene oder die Idee des Dichters erscheine, ob seine bejahrten Augen an dem Jünglinge die Farben der Jugend noch zu erkennen vermöchten.

      Goethe’s Verehrung einer wirklichen Lotte in Wetzlar war Vielen bekannt; denn schon als ein glänzender Jüngling war er vielfach von den Zeitgenossen besprochen und hochgeschätzt. Kurze Zeit, nachdem er die Stadt auf immer verlassen hatte, erschoß sich daselbst ein interessanter junger Mann, Wilhelm Jerusalem, Sohn des berühmten Theologen, des Abts Jerusalem in Braunschweig. Zwei Jahre darauf erschien der Roman: „Die Leiden des jungen Werther.“ Der erdichtete Selbstmord des erdichteten Werther, und die noch in frischem Andenken stehende Schreckensthat Jerusalems, die ebenfalls einer unglücklichen Liebe zugeschrieben und mit Goethe’s Aufenthalt in derselben Stadt fast gleichzeitig war, wirkten zusammen, um die vom Dichter durch den Roman so heftig bewegten Gemüther aufzuregen, und trieben zur Erforschung der Thatsachen, in denen man den Gegenstand so lebendiger Schilderung zu entdecken begierig war. Ein Gewirre von Erzählungen und Auslegungen überschwemmte Deutschland, in denen bald der todte Jerusalem, bald der lebende Goethe mit dem Werther vermengt und verflochten wurde. Solche Beziehungen konnten, wie wir sehen werden, größtentheils nur Goethe’s Seelenzustand treffen, das Faktische derselben aber war, zumal in so fern es die Katastrophe des Romans betrifft, schon deßwegen seiner Person fremd, weil er die Lotte schon in ihrem Brautstande auf immer verlassen hat, und niemals als junge Frau, sondern erst, als er 70, und sie 60 Jahre alt war, in Weimar, wo sie ihre Schwester besuchte, wieder gesehen hat, als sie die ehrwürdige Mutter von zwölf Kindern war, von denen der Verfasser dieser Einleitung der vierte Sohn ist. Unsere Briefe setzen dieses Alles ins Licht. Um jedoch das Bild jener Zeit vollständig aufzufassen, ist es wesentlich, die Personen der Freunde kennen zu lernen, mit denen Goethe gleichsam aus dem Leben in die Dichtung überging; und hiezu sind die nachstehenden Seiten bestimmt. Wenn in diesen historischen Erläuterungen der Sohn über seine Eltern so ausführlich redet, so glaubt er solches in Beziehung auf Goethe selbst nicht unterlassen zu dürfen, weil dadurch dessen innige Freundschaft für die Eltern erklärt und nur dadurch sein ganzes Verhältniß zu ihnen erklärlich wird.

      Der nachmalige Hofrath Johann Christian Kestner in Hannover, in Goethe’s „Wahrheit und Dichtung“ (pag. 114 des 22. Bandes von Goethe’s sämmtl. Werken) mit dem Beinamen: „der Bräutigam,“ bezeichnet, kam, sechs und zwanzig Jahre alt, als Legationssecretär der kurfürstlich hannöverschen Gesandtschaft bei der Kammergerichtsvisitation, im Jahre 1767, nach Wetzlar. In Hannover (am 28. Aug. — auch Goethe’s Geburtstage, — 1741) geboren, hatte er in einem glücklichen Familienkreise und an der Hand eines Hauslehrers von ausgebreitetem Wissen und edlem Character eine auserlesene Erziehung gehabt. (S. Nr. 139 der Documente.) Viele Ehrenmänner, bekannte wie unbekannte, haben in vieljähriger Freundschaft mit ihm bezeugt, daß er ein ausgezeichneter Jüngling, später ein trefflicher Mann war: tüchtig, gerecht und menschenliebend, mit einem Verstande durch das Herz, einem Herzen durch den Verstand bereichert. Goethe, einer dieser Zeugen, sagt in einem seiner Briefe: „Ihr wart mir eine Art Ideal eines durch Genügsamkeit und Ordnung Glücklichen, und euer musterhaftes Leben mit Frau und Kindern war mir ein fröhliches und beruhigendes Bild.“ S. Nr. 127.)

      Um einen Blick auch unmittelbar auf seine Person, als eine der Haupterscheinungen auf dem Boden, den Goethe in Wetzlar betrat, zu eröffnen, haben wir die Goethe’schen Briefe ebenfalls mit einigen Briefen Kestners an andere Freunde, insonderheit an seine Jugendfreunde, die bekannten Gebrüder v. Hennings, begleitet, welche zugleich Thatsachen von Erheblichkeit enthalten. Es wird in der Familie noch ein fernerer, gar liebenswürdiger Briefwechsel aus der Schulzeit und den Universitätsjahren dieser Freunde aufbewahrt. Alles darin ist gediegen und rein. Warm, gleich Liebenden, wahr und arglos wie Kinder, kaum ahnend, daß Schlechtes oder Unschönes in der Welt sei, durchdrungen von sittlichem Ernst, führen die Jünglinge in diesen Briefen alles was sie denken auf ihre Freundschaft zurück, und stärken ihren jugendlichen Sinn für das Gute und Schöne, durch Wissenschaft, Natur und Dichtkunst. Wenn gleich diese Briefe, einige wenige ausgenommen, die wir unsern Urkunden anschließen, den Umfang dieses Buches nicht erweitern sollen, so durfte der Inhalt derselben nicht unberührt bleiben, da die Seelenschönheit, welche aus denselben hervorleuchtet, zur Auffassung einer so reinen und hohen Freundschaft leitet, welche Kestner mit dem Vollgehalt seines dafür empfänglichen Herzens dem jungen Goethe entgegentrug, von diesem in seinem großen Seelenvermögen erwiedert wurde, und in beiden einen so seltenen Edelmuth entwickelte.

      Kestner, an reichhaltigen Umgang gewöhnt, litt anfangs an dem Mangel desselben in der fremden Stadt, und tröstete seine Einsamkeit durch die Schönheiten des Lahnthales, das er, Inhalts seiner Tagebücher, zu Fuß und zu Pferde durchstrich. Doch gar bald fand er Ersatz für das, was er zu Hause verlassen, in der Familie des Deutschordens-Amtmanns Buff, die von manchen Zeugen als eine der auserlesensten jener Stadt, als ein Bild heiterer und unschuldiger Häuslichkeit geschildert ist. Der Vater, ein kräftiger Biedermann, die Mutter von höchster Vortrefflichkeit. Sie war in der Stadt die Mutter der schönen Kinder genannt.

      Nicht lange hatte er diesen reichen Umgang genossen, als die Zweitgeborne der Töchter, Charlotte, das höchste Ziel seiner Wünsche wurde. Mit ihrer Liebe zugleich gewann er die besondere Gunst der Mutter. Die von solcher Mutter erzogene Lotte, verstand, auch voll Lebhaftigkeit und Muthwillen, wie sie war, ihren sanftmüthigen Bewerber in der Unschuld seines Gemüths und der Redlichkeit seines Charakters.

      In dem Briefe an seinen Jugendlehrer (Nr. 139) und einigen an seinen Freund (Nr. 140 u. f.) lernen wir Mutter und Tochter näher kennen, und zugleich ihn selbst, der in seiner Freude an denen, die er schildert, vor uns steht. Im Werther, im letzten Briefe des ersten Buchs, hat Goethe dieser seltenen Frau, indem er die Tochter reden läßt, ein Denkmal der Verehrung gesetzt, eine Scene schildernd, die aus dem Leben genommen ist.

      Im Jahr 1770 ward diese glückliche Familie der edlen Mutter beraubt, und Lotte, gleich als hätte eine Familienwahl es entschieden, erbte die mütterlichen Sorgen für zehn Kinder.

      Vom Jahr 1768 bis 1772 hatte Kestner, als glücklicher Verlobter, den Frühling seines Lebens genossen, als er, durch Goethe’s Bekanntschaft, den Werth seiner Geliebten noch höher erkennen mußte. Goethe, der in Wetzlar den Proceß des Reichskammergerichts studiren sollte, und Kestner, der bei reichlichen Amtsgeschäften seine Welt in einem einzigen Hause gefunden, waren einander noch nicht begegnet, als Gotter, einer seiner Freunde, sie eines Tages in dem Dorfe Garbenheim, (im Werther Wahlheim genannt,) einem Vergnügungsorte unweit Wetzlar, zusammenführte. Dieser Begegnung verdanken wir die von Kestner hingeworfene Charakteristik Goethe’s (Nr. 1 unserer Documente).

      Kurze Zeit darauf machte Goethe mit Lotten Bekanntschaft auf einem Ball, (welcher im Werther zur Schilderung der ersten Begegnung Werthers mit Lotten, im Briefe vom 16. Jun. pag. 21 des ersten Buches, den Stoff gegeben) und schon am andern Tage erfolgte sein erster Besuch ihrer Familie im deutschen Hause.[3]

      In dieser reinen, durch den Segen der unlängst verstorbenen Mutter СКАЧАТЬ