Название: Die Sebalduskirche in Nürnberg
Автор: Friedrich Wilhelm Hoffmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066113568
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Tafel II.
Grundrisse und Details des romanischen Baues.
I.
Der romanische Bau, etwa 1225–1273.
Am 1. Oktober des Jahres 1256 erteilte Bischof Heinrich von Bamberg einen Ablaß allen jenen Christgläubigen, welche die Pfarrkirche St. Sebald zu Nürnberg am Tag ihrer Einweihung und an den Tagen ihrer Patrone St. Peter und Paul und St. Sebald besuchen und Almosen spenden würden.
Dies ist im wesentlichen der Inhalt der für die ältere Baugeschichte von St. Sebald wichtigsten Urkunde.[I]
Aus dem Text des in lateinischer Sprache abgefaßten Ablaßbriefes ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, was der Ausdruck „Tag der Einweihung“: dies dedicationis bedeuten soll. Handelt es sich hier um die Einweihungsfeier selbst oder um die Wiederkehr des Einweihungstages? In letzterem Falle würde die Einweihung der Kirche schon vor dem 1. Oktober 1256 — sei es nun unmittelbar oder ein oder mehrere Jahre vorher — stattgefunden haben und die Kirche als eine zu jenem Zeitpunkt vollendete oder wenigstens in einem ihrer Hauptteile vollendete zu betrachten sein. In ersterem Falle wäre die Einweihung der Kirche erst nach dem 1. Oktober 1256, und zwar bald nach diesem Termin anzusetzen.[2]
Der Inhalt unserer Urkunde ist in einfacher, schlichter Form vorgetragen. Der Bischof von Bamberg entbietet zunächst allen Christgläubigen, welche von dieser Ablaßeröffnung Kenntnis erhalten, seinen Gruß, spricht dann von dem Wert werktätiger Liebe und kündigt allen denen, welche die Kirche St. Sebald an den eingangs erwähnten drei Tagen besuchen und Almosen spenden, einen Nachlaß ihrer Sündenstrafen an. Der Inhalt ist überaus kurz und bündig. Es fehlt jegliche Zutat, welche als charakteristisches Kennzeichen dieser Urkunde zum Unterschiede von anderen, gewöhnlichen Ablaßurkunden gedeutet werden könnte. Demnach scheint es keine Urkunde zu sein, die aus Anlaß der feierlichen Einweihung der Kirche ausgefertigt wurde, ja es darf als ziemlich sicher gelten, daß mit dem dies dedicationis der alljährlich wiederkehrende Kirchweihtag gemeint ist. Denn es müßte doch andernfalls vom Bau oder dessen Vollendung die Rede sein, oder es wären Feierlichkeiten erwähnt, die gelegentlich der Einweihung abgehalten werden, oder es wären die geistlichen Würdenträger aufgezählt, welche der Feier beiwohnen. Kein Wort verlautet von alledem. Oder man müßte doch erwarten, daß der Tag der Einweihung besonders hervorgehoben wird; im Gegenteil, abgesehen davon, daß er überhaupt nur allein genannt sein sollte, wird er aufgeführt im Verein mit zwei anderen Tagen, und es wird ihm gewissermaßen die gleiche Bedeutung wie diesen zuerkannt.
Außerdem spricht für eine gewöhnliche Ablaßurkunde noch der Umstand, daß mit den beiden Tagen St. Peter und Paul und St. Sebald nicht nur die ersten auf das Datum der Urkunde folgenden Heiligentage gemeint sein können, sondern auch die des übernächsten Jahres und der folgenden Jahre mitinbegriffen sein müssen. Denn ein bestimmtes Jahr ist nicht bezeichnet. Und dann wäre es doch sehr auffällig, daß man, falls es sich in der Urkunde um die Feier der Einweihung handeln sollte, gerade jene beiden Tage, so enge sie auch mit der Kirchengeschichte von St. Sebald verknüpft sind, gewählt hätte, obwohl zwischen ihnen und dem Datum der Urkunde ein Zeitraum von mindestens drei Vierteljahren (vom 1. Oktober bis 29. Juni, beziehungsweise 19. August) liegt. Und was für jene beiden Tage gilt, muß auch für den dies dedicationis in Anspruch genommen werden: derselbe ist hier soviel wie „der stets wiederkehrende Kirchweihtag“.
Für die Baugeschichte von St. Sebald ergibt sich somit aus den bisherigen Erörterungen: Als der Bischof von Bamberg am 1. Oktober 1256 jenen Ablaß für die Kirche St. Sebald ankündigte, war die Kirche bereits eingeweiht und dem Gottesdienst übergeben.
Das gewonnene Ergebnis muß nun aber nicht unbedingt so gedeutet werden, als wäre der ältere Bau in allen seinen Teilen vollendet gewesen; es ist sehr wohl möglich, daß der Bau damals nur in einem seiner Hauptteile fertig war, in welchem vorerst provisorisch bis zur Vollendung des ganzen Bauwerkes Gottesdienst abgehalten wurde. Bekanntlich zog sich im Mittelalter die Vollendung von Kirchenbauten oft sehr lange hin, die größeren Bauten nahmen stets Jahrzehnte in Anspruch, mußten, wenn die Mittel ausgingen, längere Unterbrechungen erleiden, und so kam es häufig, daß man, um dem religiösen Bedürfnis der Gemeinde zu genügen, den zuerst in Angriff genommenen und am weitesten gediehenen Bauteil — in der Regel war es der Ostchor — für sich einweihte und Gottesdienst darin abhielt. St. Sebald war im Jahre 1256 offenbar in dem gleichen oder wenigstens in einem ähnlichen Zustande.[II]
An Stelle der Kirche St. Sebald stand zuvor eine Kapelle, welche ebenso wie ihre Mutterkirche, die Pfarrkirche in dem nordwestlich von Nürnberg gelegenen, eine Stunde entfernten Poppenreuth, dem hl. Petrus geweiht war.[1] Vom hl. Petrus wurden in jener Kapelle zweifellos Reliquien aufbewahrt und verehrt. Mit der Zeit fand in Nürnberg auch der hl. Sebald Verehrung, ja er machte bald dem hl. Petrus im Kult bedeutende Konkurrenz. Auch von ihm besaß man Reliquien. Bei dem stattlichen Neubau nun, welcher an die Stelle des bescheidenen Kirchleins treten sollte, mußten beide Heilige die entsprechende Berücksichtigung finden, und so entschloß man sich, für die neue Kirche die doppelchörige Anlage zu wählen, um den Ostchor dem hl. Sebald, den Westchor den Heiligen Petrus und Paulus weihen zu können.
Wenn nun, wie anzunehmen ist, jene alte Peterskapelle sich an der Stelle des heutigen Westchores erhob und schwerlich abgebrochen wurde, bevor durch Erbauung und Einweihung des Hauptteiles der neuen Kirche Ersatz für die alte Kultstätte geschaffen war, so wird es verständlich, daß mit dem Baue des Westchores kaum vor dem Jahre 1256 begonnen worden sein kann. Über die Zeit seiner Vollendung unterrichtet uns ein uns erhaltener Ablaßbrief vom 17. August 1274, in dem Bischof Berthold von Bamberg allen jenen Gläubigen Ablaß gewährt, die sich am Kirchweihtage jenes Jahres der Pfarrkirche des hl. Sebald zu Nürnberg, deren Chor und Altar er am 9. September 1273 geweiht habe, christlich vorbereitet nahen und daselbst ihre Almosen spenden würden.[III] Von dem gleichen Tage ist auch ein Ablaßbrief Bischof Bertholds für die Maria Magdalenakirche des Klaraklosters zu Nürnberg datiert, die nach dieser Urkunde einen Tag nach der Konsekration des Westchores der Sebalduskirche, nämlich am 10. September 1273 eingeweiht worden war. Die uns heute noch erhaltenen romanischen Teile dieser späterhin vielfach umgebauten Klarakirche zeigen mit den Architekturformen der Sebalduskirche so nahe Verwandtschaft, daß auf die Tätigkeit der gleichen Werkleute bei beiden Bauten mit voller Sicherheit geschlossen werden darf.
In der nördlichen Hälfte des von Mauern umgrenzten Gebietes der Stadt Nürnberg, nahezu in der Mitte zwischen Burg und Pegnitz, erhebt sich der vornehme Bau der Pfarrkirche von St. Sebald. Mit dem mächtigen Ostchor und den überschlanken spitzen Türmen beherrscht er einen großen Teil der Stadt, ja er ist eines jener Bauwerke, welche dem Stadtbild sein charakteristisches Gepräge verleihen. Denn so reich auch Nürnberg ist an hochragenden Kirchen, Türmen und steilen Giebeln, die Burg, St. Sebald und St. Lorenz sind diejenigen Bauwerke, welche auch auf weite Entfernung hin die dominierende Rolle spielen und besonders nach Osten oder Westen der alten Reichsstadt eine geradezu СКАЧАТЬ