Название: Blinde Liebe
Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Oho, Mountjoy, was für ein furchtbarer Narr müssen Sie sein, daß Sie glauben, ich hätte das alles im Ernst gesagt! Ich bin noch vollständig bei Sinnen; denken Sie denn, ich kümmere mich viel um meine Frau? Sie war einstmals schön, aber jetzt ist sie nur ein Bündel von alten Lumpen. Aber sie hat auch jetzt noch ihre Vorzüge; ja, ja, ich möchte wohl etwas wissen. Haben Sie vielleicht einen Lord in dem Kreise Ihrer Bekannten?«
Die Erfahrung machte Mountjoy vorsichtiger, vielleicht etwas zu vorsichtig; er sagte nur:
»Ja.«
Der Doktor fühlte sich in seiner Würde gekränkt.
»Das ist eine sehr kurze Antwort für einen Mann in meiner Stellung, Sir!« bemerkte er scharf. »Wenn Sie wollen, daß ich Ihnen glauben soll, so müssen Sie mir schon den Namen Ihres Freundes nennen.«
So war denn endlich der langersehnte Augenblick gekommen.
»Sein Name ist,« begann Mountjoy, »Lord Harry.«
Mr. Vimpany verlor für einen Augenblick seine Fassung; er schlug mit seiner derben Faust so kräftig auf den Tisch, daß die Gläser wackelten.
»Was für ein merkwürdiges Zusammentreffen!« rief er aus. »Merkwürdig – nein, das ist nicht das richtige Wort – von der Vorsehung bestimmt, das ist das richtige. Ja, ja, wie ist doch meistens so ein Zusammentreffen von der Vorsehung bestimmt! Ich meine natürlich für einen Mann von Verstand. Niemand darf mir widersprechen! Wenn ich sage: ein Mann von Verstand, so sag' ich das im Ernst; und ein junger Mann, wie Sie sind, der ist zum Widerspruch gern geneigt. Mountjoy – guter Mountjoy – lieber Mountjoy – der Lord meiner Frau ist Ihr Lord – ist Lord Harry. Nein, nein, nichts von ›ihr‹! Unsinn – ich will keinen Wein mehr haben – doch! – ich will noch welchen haben! Es könnte Ihr Gefühl beleidigen, wenn ich nicht mehr mit Ihnen tränke. Geben Sie mir die Flasche her. O, was ist das für ein schöner Ring, den Sie da an Ihrem Finger tragen! Sie glauben wahrscheinlich, daß er wertvoll ist; das ist nicht wahr, das ist ganz wertloses Zeug, das ist Schund im Vergleich zu der Diamantnadel meiner Frau! Dies ist ein kostbares Juwel, wenn Sie nichts dagegen haben. Wenn wir sie verkaufen wollten, würden wir ein ganzes Vermögen dafür bekommen. Ein Geschenk, mein lieber Herr! – Ich fürchte, ich bin viel zu offenherzig gegen Sie. Da ich aber als ein geborener Ehrenmann zu Ihnen spreche, so bitte ich Sie, meiner vollständigen Hochachtung versichert zu sein. Habe ich nicht vorher gesagt, die Diamantnadel wäre ein Geschenk? – Das ist nicht wahr – sie ist nichts Derartiges, wir haben gegen keinen Menschen Verpflichtungen. Mein Weib, mein bewunderungswürdiges Weib hat sie verdient. Mit der Post kam sie in einem eingeschriebenen Paket und dabei ein Brief von Lord Harry, ich sage Ihnen ein Brief, der eines echten Mannes würdig war. Er ist meiner Frau sehr verpflichtet – ich teile Ihnen ungefähr den Sinn des Briefes mit – für alles das, was meine Frau für ihn gethan hat; bares Geld ist bei dem guten Lord immer rar; er sendet daher ein Familienschmuckstück mit seiner Verehrung. O, ich bin nicht eifersüchtig; er kann getrost Mrs. Vimpany in ihren alten Tagen verehren, wenn er Lust dazu hat. Sagten Sie das, Herr? Sagten Sie, daß Lord Harry oder irgend ein anderer Mann Mrs. Vimpany verehren dürfe? – Ich habe große Lust, Ihnen diese Flasche an den Kopf zu werfen. Nein, ich werde es nicht thun; es ist ein gefährlicher, guter Wein. Wie liebenswürdig von Ihnen, mir einen solch guten Wein vorzusetzen! Wer sind Sie denn eigentlich? – Ich liebe es nicht, mit einem Fremden zu speisen. Kennen Sie irgend einen meiner Freunde? Kennen Sie einen Mann Namens Mountjoy? Kennen Sie zwei Männer mit dem Namen Mountjoy? – Nein, das ist nicht möglich, denn einer von ihnen ist tot – von jenen schurkischen Mordgesellen umgebracht. Wie nennen Sie diese Leute? Nun, wie?«
Der Doktor fing an zu lallen; sein Kopf sank schwer auf den Tisch; er war plötzlich eingeschlafen. Er wachte aber bald wieder auf und fing ebenso plötzlich an, weiter zu reden.
»Würden Sie gern die Bekanntschaft Lord Harrys machen? – Ich werde Ihnen zuerst eine Beschreibung seines Charakters geben, bevor ich Sie ihm vorstelle. Unter uns gesagt, der gute Lord ist ein ausgemachter Schurke. Wissen Sie wohl, zu was er meine Frau, meine anbetungswürdige Frau, benützt? – Sie werden mit mir übereinstimmen, er sollte selbst nach seinem jungen Weibe sehen. Wir haben sie glücklich und heil in unser Haus gebracht. Ein hübsches Kind, aber nicht mein Geschmack! Mein Urteil als Arzt lautet: Sie hat kein Herz. Lord Harry soll nur kommen; er wird sie hier finden. Warum, zum Teufel, kommt er denn nun nicht? Was hält ihn denn in Irland fest? Ich scheine es vergessen zu haben. Wissen Sie es vielleicht? – Ich glaube, ich habe mein Gedächtnis verloren. Was ist ein gutes Heilmittel dagegen? – Es gibt nur einen Doktor auf der Welt, der Ihnen das allein richtige nennen wird – den Wein. Wenn dieser Rotwein überhaupt etwas wert ist, so ist eine volle Flasche eine Guinee wert. Ich frage Sie im Vertrauen: Haben Sie jemals von einem solchen Esel gehört, wie der Lord meiner Frau ist? Sein Name ist mir vorher entschlüpft. Na, das schadet nichts. Er hält sich in Irland auf, um zu jagen. Zu jagen – was denn? – Füchse? O nein, nichts so Nobles; er ist auf der Jagd nach Mördern. Er hat sich mit einem von ihnen überworfen. Er will einen von ihnen umbringen. Ein Wort ganz leise in Ihr Ohr: sie werden ihn totschlagen. Wetten Sie vielleicht? – Fünf gegen eins, er ist ein toter Mann noch vor dem Ende dieser Woche. Wann ist denn das Ende der Woche? – Dienstag, Mittwoch – nein, Sonnabend – nein, das ist der Anfang der Woche – nein, das ist nicht der Anfang – die Woche fängt nicht am Sonnabend an – am Sonntag natürlich – wir sind keine Christen, wir sind Juden – nein, wir sind Juden, keine Christen, das heißt –«
Hier wurde der Wein endlich vollständig Herr über seine Zunge. Der Doktor murmelte und lallte nur noch einige unverständliche Worte vor sich hin, dann sank er in seinen Stuhl zurück und fiel endlich, nachdem er noch einigemale aufgestöhnt hatte, in einen süßen Schlummer.
Alles und mehr als alles, was Mountjoy gefürchtet, hatte sich jetzt als wahr erwiesen. In nüchternem Zustand war der Doktor jedenfalls einer von den Menschen, die stets zum Lügen bereit sind. Aber in berauschtem Zustand plauderte er unbewußt die Wahrheit aus. Der Grund, welchen er für Lord Harrys fortgesetzte Abwesenheit in Irland angegeben hatte, konnte nicht so ohne weiteres zurückgewiesen werden. Es lag in der sorglosen Natur des wilden Lords, sein Leben der Gefahr preiszugeben in der Hoffnung, er werde im stande sein, Arthur Mountjoy an den Schurken zu rächen, die ihn ermordet hatten.
Da Hugh diese schlimmen Nachrichten für wahr hielt, lag wohl in diesem Fall ein zwingender Grund vor, Iris zu betrüben, indem er ihr die Gründe mitteilte, welche Lord Harry in seinem Vaterland zurückhielten? – Gewiß nicht!
Und andererseits: brachte es irgend welchen unmittelbaren Vorteil, wenn er ihr den wahren Charakter der Mrs. Vimpany als einer bezahlten Spionin enthüllte? In ihrem gegenwärtigen Gemütszustand würde Iris aller Wahrscheinlichkeit nach sich geweigert haben, das zu glauben.
Als er zu diesem Entschluß gekommen war, sah Hugh noch einmal nach dem Doktor, der in seinem Lehnstuhl lag und fürchterlich schnarchte und stöhnte. Er hatte seine Zeit und Geduld nicht unnütz verschwendet, sondern einem Plan gewidmet, der sich jetzt seinem erfolgreichen Ende nahte. Nach dem, was er soeben, dank dem Rotwein, gehört hatte, durfte er nicht länger Bedenken tragen, die schleunige Entfernung von Iris aus dem Hause des Mr. Vimpany ins Werk zu setzen, und dazu wollte er noch als Ueberredungsmittel das Telegramm ihres Vaters benützen, auf dessen Wirksamkeit er möglicherweise vertrauen konnte. Mountjoy verließ das Gasthaus ohne weiteren Aufenthalt und eilte zu Iris in der Hoffnung, er werde sie dazu vermögen, noch in dieser Nacht mit ihm nach London zurückzukehren.
Achzehntes Kapitel
Als Hugh an der Thür des Hauses von Mr. Vimpany nach Miß Henley fragte, erfuhr er, daß sie in Begleitung ihres immer noch nicht recht hergestellten Mädchens ausgegangen sei. Sie hatte den Auftrag hinterlassen, wenn Mr. Mountjoy während ihrer Abwesenheit vorsprechen sollte, ihn zu bitten, er möchte so freundlich sein, auf ihre Rückkehr zu warten.
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