Der Page des Herzogs von Savoyen. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Page des Herzogs von Savoyen - Александр Дюма страница 32

СКАЧАТЬ so stark, daß es der Graf hörte und erbebte. Er machte eine Bewegung der Hand, welche sagen sollte: Muth! dann sagte er laut, wie ihn der Maskirte aufgefordert hatte: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.«

      »Amen!« fielen alle Anwesenden leise ein.

      »Dann begann der Mann mit dem Pergamente das Urtheil zu lesen; es war im Namen des Herzogs Francesco Maria Sforza auf Ansuchen des Kaisers Carl V. erlassen und verurtheilte Francesco Maraviglia, den Gesandten des Königs von Frankreich, in der Nacht in seinem Kerker enthauptet zu werden als Verräther, Spion und Verbreiter von Staatsgeheimnissen. Ein tiefer Seufzer drang wiederum zu dem Ohre des Grafen, aber er war so leise, daß nur er ihn zu vernehmen und zu verstehen vermochte. Er wendete den Blick dahin, von wo der schmerzliche Seufzer kam und sagte ohne Unruhe und ohne Zorn:

      »So ungerecht das Urtheil des Herzogs ist, so unterwerfe ich mich ihm doch; aber der Mann, der sein Leben nicht mehr vertheidigen kann, muß noch immer seine Ehre vertheidigen, und so appelliere ich von dem Spruche des Herzogs.«

      »An wen?« fragte der Mann mit der Maske.

      »An meinen König und Herrn, Franz I., zuerst, dann an die Zukunft und an Gott, an Gott, unter dem alle Menschen stehen, namentlich die Fürsten, die Könige und Kaiser.«

      »Das ist allein das Tribunal, dem Du Dich empfiehlst?« fragte der Mann mit der Maske.

      »Ja,« antwortete der Graf, »und ich berufe Dich, Herzog Francesco Maria Sforza, vor diesem Tribunale zu erscheinen.«

      »Wann?« fragte der Maskirte.

      »Zu derselben Zeit, welche Jacob von Molay, der Großmeister der Tempelritter, seinem Richter bestimmte, d.h. nach einem Jahre und einem Tage. Wir haben heute den 15. November 1534, also am 16. November 1535, verstehst Du, Herzog Francesco Maria Sforza?«

      Er streckte dabei die Hand nach dem Maskierten aus, zum Zeichen der Berufung und der Drohung. Wäre der Herzog nicht maskiert gewesen, man hätte gewiß ihn erbleichen sehen können, denn er war es wirklich, der so mit der Maske dem Tode seines Opfers beiwohnen wollte. So triumphirte der Verurtheilte einen Augenblick vor dem Richter, der vor ihm zitterte.

      »Schon gut,« antwortete der Herzog, »Du hast eine Viertelstunde Zeit, Dich mit dem frommen Manne da – er deutete auf den Geistlichen – vorzubereiten; sorge dafür, daß Du nach einer Viertelstunde bereit bist, denn es wird Dir keine Minute mehr gewährt.«

      Dann wendete er sich an den Mann Gottes und sagte: »Herr Pater, thut eure Schuldigkeit.«

      Er ging hinaus und nahm die beiden Fackelträger und den Mann mit dem Pergamente mit sich; aber er ließ die Thür weit offen, damit er wie die Soldaten in den Kerker hineinsehen und jede Bewegung des Gefangenen beobachten könnte, von dem er sich aus Ehrfurcht vor der Beichte entfernt hatte, damit er nichts hören könne. Nochmals drang ein Seufzer von dem Gitter her zu dem Ohr und dem Herzen des Verurtheilten. Die Gräfin hatte gehofft, daß die Thür sich schließen werde und wer weiß? der Mann Gottes hätte vielleicht durch Bitten und Thränen einer knienden Frau und eines knienden Kindes sich bewegen lassen den Kopf abzuwenden und den Grafen fliehen zu lassen.

      Es war die letzte Hoffnung meiner armen Mutter und sie entging ihr.«

      Emanuel Philibert erbebte; bisweilen vergaß er, daß ihm ein Sohn die letzten Augenblicke seines Vaters beschrieb, und es war ihm als lese er eine schreckliche Legende.

      Ein Wort erinnerte ihn endlich an die Wirklichkeit und ließ ihn erkennen, daß die Erzählung nicht aus der Feder eines unbetheiligten Geschichtschreibers, sondern aus dem Munde eines Sohnes komme.

      »Es war die letzte Hoffnung meiner Mutter und sie entging ihr,« sagte Odoardo nochmals, welcher seine Erzählung einen Augenblick unterbrochen hatte, »denn,« fuhr er fort, »an der andern Seite der offenen Thür blieben die Vorbereitungen zum Tode und die Zuschauer. Der Geistliche allein war bei dem Verurtheilten geblieben, wie ich sagte; der Graf kniete vor ihm nieder, ohne zu beachten, wer ihn gesandt hatte, und nun begann die Beichte, eine seltsame Beichte, bei welcher der, welcher sterben sollte, an sich selbst gar nicht zu denken schien und sich nur mit Andern beschäftigte, bei welcher die Worte, welche scheinbar an den Geistlichen gerichtet wurden, eigentlich der Frau und dem Kinde galten und zu Gott erst hinaufstiegen, nachdem sie durch das Herz einer Mutter und einer Tochter gegangen waren. Nur meine Schwester, wenn sie noch lebte, könnte die Thränen beschreiben, unter welchen sie vernommen wurden, denn ich selbst war nicht dabei, ich wußte nicht was dreihundert Stunden von mir vorging, ich spielte, ich lachte, ich sang vielleicht gerade in dem Augenblicke als mein Vater an der Pforte des Todes mit meiner weinenden Mutter und Schwester von mir, dem Abwesenden, sprach.«

      Odoardo mußte, von dieser Erinnerung überwältigt, sich einen Augenblick unterbrechen, dann fuhr er mit einem unterdrückten Seufzer fort:

      »Die Viertelstunde war bald vorüber. Der Maskirte folgte mit einer Uhr in der Hand dem Gange der Beichte auf dem Gesichte des Priesters und des Verurtheilten und als die Minuten abgelaufen waren, sagte er:

      »Graf, die Zeit, die Dir gegeben war, noch unter den Lebenden zu seyn, ist vorüber; der Geistliche hat gethan, was seines Amtes ist, jetzt kommt die Reihe an den Nachrichter.«

      Der Geistliche gab dem Grafen die Absolution und stand auf, dann wies er ihm das Crucifix und ging nach der Thür zurück, während gleichzeitig der Henker vortrat. Der Graf war auf den Knien geblieben.

      »Hast Du dem Herzoge Sforza oder dem Kaiser Carl V. noch etwas zu sagen?« fragte der Mann mit der Maske.

      »Ich habe mich nur Gott zu empfehlen,« antwortete der Graf.

      »So bist Du bereit?« fragte derselbe Mann noch einmal.

      »Du siehst es, da ich knie.«

      Der Graf kniete mit dem Gesicht nach dem Gitter gewendet, durch welches seine Frau und seine Tochter auf ihn sahen. Sein Mund, der weiter zu beten schien, sandte ihnen Worte der Liebe zu und war auch ein Gebet.

      »Wenn Ihr nicht wünscht, Herr Graf, daß meine Hand Euch beflecke,« sagte eine Stimme hinter dem Verurtheilten, »so schlaget den Kragen eures Hemdes selbst zurück. Ihr seyd ein Edelmann und ich habe nicht das Recht, Euch anders zu berühren als mit der Schärfe meines Schwertes.«

      Der Graf schlug, ohne eine Antwort zu geben, den Kragen seines Hemdes bis zu der Achsel zurück, so daß sein Hals ganz bloß war.

      »Empfehlt Euch Gott!« sagte der Henker.

      »Gütiger und barmherziger Gott!« sagte der Graf, »Allmächtiger Gott, in deine Hände empfehle ich meine Seele!«

      Kaum hatte er das lehre Wort gesprochen, so blitzte und pfiff das Schwert des Henkers im Dunkel und der Kopf des Verurtheilten rollte, von dem Rumpfe getrennt, an die Thür mit dem Gitter, nach den Geliebten hinter derselben zu. Gleichzeitig mit dem dumpfen Falle eines Körpers ließ sich ein halbunterdrückter Schrei hören, die Anwesenden aber hielten diesen Schrei für den letzten Laut des Verurtheilten und den Fall für den des Körpers des Grafen. Verzeiht,« unterbrach sich Odoado, »aber wenn Ihr das Uebrige hören wollt, müsset Ihr mir ein Glas Wasser geben lassen, denn meine Kräfte wollen mich verlassen.«

      Emanuel Philibert sah in der That den, welcher ihm diese schreckliche Geschichte erzählt hatte, wanken und erbleichen; er trat rasch hinzu, um ihn zu halten, ließ ihn auf einen Haufen Kissen sich setzen und reichte ihm selbst das Glas Wasser.

      Der Schweiß stand dem Prinzen auf der Stirne und obwohl er als Soldat an die Scenen auf den Schlachtfeldern gewöhnt war, schien er doch einer Ohnmacht СКАЧАТЬ