Fridolins heimliche Ehe. Adolf von Wilbrandt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fridolins heimliche Ehe - Adolf von Wilbrandt страница 6

Название: Fridolins heimliche Ehe

Автор: Adolf von Wilbrandt

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ nicht!« erwiderte Leopold.

      »So verdiene dir den Segen deiner Mutter, und damit dein Abendessen!« fuhr Fridolin fort; bot dem Jüngling seinen Arm und führte ihn mit heiterer Galanterie an den großen Schreibtisch. »Hier ist ein Stuhl« (er drückte ihn sanft darauf nieder), »hier eine Feder« (er gab sie ihm in die Hand) »und hier eine Korrespondenzkarte; eine große Erfindung für dieses verkommene Zeitalter! – Schreib. Wir grüßen die Fürstin Mutter,« setzte er mit der Handbewegung eines Fürsten hinzu.

      Leopold lächelte und schrieb.

      »Nun zu Ihnen, Risotto!« fing der Professor wieder an. »Ich hatte Ihnen den ehrenvollen Auftrag erteilt, die erwartete Nichte am Bahnhof zu empfangen und unter dem Schutz Ihrer Endlosigkeit in dieses Haus zu geleiten. Warum sind Sie hier, mein Sohn, und nicht auf dem Bahnhof?«

      »Der Zug kommt erst um Neun.«

      »Wissen Sie das gewiß?«

      »Ich glaube ganz bestimmt.«

      »Was für eine wunderbare Bereicherung der Logik!« rief Fridolin aus; »ich glaube ganz bestimmt! Ich glaube, was ich nicht weiß; ›ich glaube ganz bestimmt‹ heißt also im gemeinen Deutsch: ich weiß ganz bestimmt nicht. Mann der körperlichen Endlosigkeit und der geistigen Begrenzung« (Risotto errötete stark), »nehmen Sie Ihren Hut! Ich fürchte ganz bestimmt, Sie kommen sonst zu spät. Verdienen Sie sich Ihr Abendessen, indem Sie es erwarten; und glauben Sie ganz bestimmt, daß man es Ihnen aufheben wird.«

      »Gut, ich gehe auf der Stelle,« erwiderte Risotto; »obgleich ich wirklich ganz bestimmt – —«

      Leopold stand auf. »Ich habe geschrieben,« sagte er mit Genugthuung.

      »Soll ich die Postkarte mitnehmen?« fragte Risotto.

      »Sie dürfen sie mitnehmen,« antwortete Fridolin.

      Der Riese streckte einen seiner mächtigen Arme aus und ergriff die Postkarte; Fridolin trat aber hinzu und nahm sie ihm wieder aus der Hand. »Zuerst die Frage, mein Sohn! Was thun Sie, wenn man Ihnen eine Karte, einen Brief anvertraut, mit der Aufgabe, ihn in den nächsten Briefkasten zu stecken?«

      »Ich – ich nehme ihn.«

      »Und dann?«

      »Dann steck' ich ihn in die Tasche.«

      »Beklagenswerter Irrtum! Hat die Tasche ein Gedächtnis? Nein. Erinnert sie dich an sich? Nein. Bist du sicher, daß der Brief nicht eine Woche, einen Monat, ein Vierteljahr in dieser Tasche verweilen wird? Nein. Was wirst du also thun? Antworten Sie, junger Mann! – Er versinkt in tiefes Schweigen. – Sie werden den Brief in der Hand behalten, bis Sie ihn dem zuverlässigeren Schlund des Briefkastens überantworten.«

      »Sehr wahr!« entgegnete Risotto. Er nahm die Postkarte zwischen zwei Finger, lächelte wie ein großer, kluger Knabe, der etwas Neues gelernt hat, empfahl sich und ging.

      »Mein teurer Rudolf!« sagte Fridolin, der sich nun an den vierten seiner Leibschwaben wandte, indem er von dem kleinen Schreibtisch, der nahe am Balkonfenster stand, einige bedruckte Blätter nahm: »du kennst diesen Korrekturbogen?«

      »Ja. Ich hab' ihn gestern abend für dich gelesen —«

      »Mit mir zusammen,« setzte Frivolin hinzu.

      »Es kann kein Fehler mehr drin sein,« fuhr Rudolf fort (der junge Mann, der über seine Witze so herzlich lachte); »denn wir haben uns die furchtbarste Mühe gegeben —«

      »Gemeinschaftlich,« setzte Frivolin hinzu.

      »Dennoch hab' ich mir erlaubt,« entgegnete der Professor, »den Korrekturbogen noch selber nachzulesen; und es schmerzt mich, euch mitteilen zu müssen, daß ich, eurer furchtbaren Mühwaltung zum Trotz, zwei unentdeckt gebliebene Fehler gefunden habe. Hier, meine Freunde: dieses umgefallene u, und dieses ›Veränderung‹ statt ›Verwunderung‹. Es hatte einen Sinn, wenn ich schrieb: ›Zu seiner großen Verwunderung blieb alles genau wie es war.‹ Aber ich glaube, es wäre nicht gut, wenn ich geschrieben hätte: ›Zu seiner großen Veränderung blieb alles genau, wie es war.‹ Ich fürchte, Leser von schroffer Ausdrucksweise würden diesen Satz einen Unsinn nennen. Aus diesem Grunde hab' ich mir erlaubt, das Wort ›Verwunderung‹ wieder herzustellen.«

      »Merkwürdig! Unglaublich!« sagte Rudolf, die Augen weit aufreißend, als könnten sie dadurch ihr Versehen noch nachträglich gut machen. »Wir haben doch alle beide —«

      »Diese Seite, glaube ich, hab' ich nicht durchgesehn,« fiel Frivolin ihm ins Wort.

      »Doch! grade diese!« erwiderte Rudolf entrüstet.

      »Streitet nicht, junge Thoren! Wer die Schuld von sich abwälzen will, wälzt sich damit noch eine zweite auf. Warum mute ich euch zu, so einen Korrekturbogen zu lesen? Sollt ihr eines Tages euer Brot in Leipzig oder Berlin als Korrektoren verdienen? Niemand kann das wünschen. Wozu also? Weil es eine nützliche Turnübung für eure Augen, für euer Gehirn ist. Weil es euch zwingt, mit Auge und Verstand zugleich bei einer Sache zu sein. Ihr hattet euch bereits überhoben, meine Freunde; verdient euch nun euer Abendessen dadurch, daß ihr euch ohne nutzlose Verwunderung dieser ›Veränderung‹ schämt!«

      »Fridolin!« rief einer der beiden Bauakademiker von der Kommodenecke her, und kam dann mit einer dunkelgrünen Sammetweste heran, die er beim Ausräumen aus einem großen Haufen von Westen ausgelesen hatte.

      »Was wünschest du?« fragte Fridolin.

      »Ich hab' noch nicht eine von deinen Westen geerbt,« sagte der junge Architekt. »Wenn du mir diese da vermachen wolltest!«

      Fridolin betrachtete sie mit feierlichem Ernst. »Es ist eine meiner schönsten, stimmungsvollsten Westen,« sagte er dann. »Sie ist nach der Idee des Wammses gebaut.«

      »Im Geiste dieser Idee würde ich sie tragen,« antwortete der Architekt.

      »Wende sie herum!«

      Der Architekt wendete sie herum.

      »Sieh da hinten nach, ob sie schon eine Inschrift hat.«

      Der Architekt untersuchte ihr Futter auf der Rückseite. »Hier steht noch nichts!« antwortete er.

      »Gut! So sei es! Nimm eine Feder und schreib deinen Namen auf die Rückseite. Sobald ich diese Weste entlasse, ist sie dein.«

      »Ich danke dir —«

      »Still!«

      Der zweite der Bauakademiker, der mittlerweile die Räumung der Kommode vollendet hatte, kam nun gleichfalls mit einer Weste angeschritten. »Herr Professor!« sagte er, und ergänzte seine Rede durch einen bittenden Blick.

      Fridolin ließ sein Auge mit Wohlgefallen auf diesem Jüngling ruhen, dessen nicht schöner, aber charaktervoller Kopf für einen Menschen von Lebensernst, von tüchtiger, vielleicht auch idealer Sinnesart sprach. Er strich ihm leise über das dichte, braune Haar. »Legen Sie die Weste weg,« gab er dann zur Antwort. »Ich hab' für Sie einen andern Beweis meiner Freundschaft, Franz.«

      Die Augen des jungen Mannes leuchteten. Die Leibschwaben traten alle heran, als errieten sie, was bevorstehe.

      »Jene glücklichen Alten« – fuhr der Professor mit der ihm eigenen feierlichen Grazie fort – »jene glücklichen СКАЧАТЬ