Die toten Seelen. Nikolai Gogol
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Читать онлайн книгу Die toten Seelen - Nikolai Gogol страница 8

Название: Die toten Seelen

Автор: Nikolai Gogol

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ ich rauche nicht«, erwiderte Tschitschikow freundlich, sogar mit sichtlichem Bedauern.

      »Warum denn?« fragte Manilow ebenso freundlich und mit Bedauern.

      »Ich habe es mir nicht zur Gewohnheit gemacht. Ich fürchte mich: man sagt, die Pfeife trocknet die Lunge aus.«

      »Gestatten Sie mir zu bemerken, daß es nur ein Vorurteil ist. Ich glaube sogar, daß das Pfeifenrauchen viel gesünder ist als das Schnupfen. Wir hatten in unserem Regiment einen Leutnant, einen herrlichen und außerordentlich gebildeten Menschen, der die Pfeife nicht nur bei Tisch, sondern auch, mit Verlaub zu sagen, an allen anderen Orten nie aus dem Munde ließ. Heute ist er über vierzig Jahre alt und dabei, Gott sei Dank, so gesund, wie man es sich besser gar nicht wünschen darf.«

      Tschitschikow bemerkte darauf, daß ähnliche Fälle wohl vorkämen und daß es in der Natur überhaupt viele Dinge gäbe, die selbst ein großer Geist nicht zu fassen vermöge.

      »Aber gestatten Sie mir zuvor eine Bitte … « sagte er mit einer Stimme, in der ein seltsamer oder beinahe seltsamer Unterton lag; dabei schielte er aus irgendeinem Grunde nach der Türe. Auch Manilow sah sich um, er wußte selbst nicht warum. »Wann haben Sie die letzte Revisionsliste eingereicht?«

      »Es ist schon lange her; offen gestanden, ich habe es schon vergessen.«

      »Sind Ihnen seit jener Zeit viele Bauern gestorben?«

      »Das weiß ich wirklich nicht; darüber müßte man, glaube ich, den Verwalter fragen. He, Junge! Ruf mal den Verwalter her, er muß heute hier sein.«

      Nun erschien der Verwalter. Es war ein Mann von etwa vierzig Jahren, ohne Bart und mit einem Rock angetan; er hatte hier offenbar ein sehr ruhiges Leben, denn sein Gesicht war voll und wie geschwollen, und die gelbliche Gesichtsfarbe und die kleinen Äuglein wiesen darauf hin, daß er allzu gut wußte, was Federbetten und Daunenkissen sind. Es war ihm sofort anzusehen, daß er die gleiche Laufbahn hinter sich hatte wie die meisten Gutsverwalter; anfangs hatte er einfach als ein des Lesens und Schreibens kundiger Junge im Herrenhause gelebt, hatte dann irgendeine Agaschka, die Wirtschafterin und Favoritin der Hausfrau, geheiratet und war dann selbst Haushälter und zuletzt Verwalter geworden. Sobald er aber Verwalter geworden war, trieb er es genau so wie alle Verwalter: er verkehrte mit allen reicheren Bauern des Dorfes, stand bei ihnen Gevatter, legte den ärmeren Bauern schwere Fronarbeit auf, pflegte erst um neun Uhr früh aufzustehen, dann auf den Samowar zu warten und Tee zu trinken.

      »Hör mal, mein Bester, wie viele Bauern sind bei uns gestorben, seit wir die letzte Liste eingereicht haben?«

      »Das ist nicht so leicht zu sagen. Viele sind seitdem gestorben«, sagte der Verwalter. Dabei rülpste er und hielt sich die Hand wie ein Schild vor den Mund.

      »Ja, ich muß gestehen, das habe ich mir auch selbst gedacht,« fiel ihm Manilow ins Wort, »es sind wirklich sehr viele gestorben!« Hier wandte er sich an Tschitschikow und wiederholte: »Wirklich, sehr viele!«

      »Wie viele ungefähr?« fragte Tschitschikow.

      »Ja, wie viele?« wiederholte Manilow die Frage.

      »Ja, wie soll ich es sagen? Es ist doch unbekannt, wie viele gestorben sind: kein Mensch hat sie gezählt.«

      »Gewiß,« bestätigte Manilow, sich an Tschitschikow wendend, »das ist auch meine Ansicht, die Sterblichkeit war groß; es ist völlig unbekannt, wie viele gestorben sind.«

      »Bitte, zähle sie einmal,« sagte Tschitschikow zu dem Verwalter, »und stelle eine kleine Namensliste auf.«

      »Ja, eine Liste mit allen Namen«, sagte Manilow. Der Verwalter sagte: »Zu Befehl!« und ging.

      »Zu welchem Zwecke brauchen Sie das?« fragte Manilow, als der Verwalter gegangen war.

      Diese Frage schien dem Gast einige Schwierigkeit zu machen; sein Gesicht nahm auf einmal einen so gespannten Ausdruck an, daß er sogar errötete – er wollte offenbar etwas sagen, was sich nicht gut in Worte kleiden ließ. Manilow bekam bald in der Tat so seltsame und ungewöhnliche Dinge zu hören, wie sie noch kein menschliches Ohr gehört hat.

      »Sie fragen, zu welchem Zweck? Der Zweck ist folgender: ich möchte gerne die Bauern kaufen … « begann Tschitschikow. Hier verschluckte er sich und kam nicht weiter.

      »Gestatten Sie aber die Frage,« sagte Manilow, »wie wollen Sie die Bauern kaufen: mit dem Boden oder zwecks Übersiedlung, also ohne Boden?«

      »Nein, eigentlich will ich nicht die Bauern,« sagte Tschitschikow, »ich möchte die toten … «

      »Wie? Entschuldigen Sie… ich höre etwas schlecht, mir kam eben vor, als hätten Sie etwas sehr Merkwürdiges gesagt … «

      »Ich habe die Absicht, die Toten zu kaufen, die aber in der letzten Liste noch als Lebende geführt werden«, sagte Tschitschikow.

      Manilow ließ seine Pfeife auf den Boden fallen, riß den Mund auf und blieb mit aufgerissenem Munde einige Minuten sitzen. Die beiden Freunde, die soeben von den Annehmlichkeiten eines freundschaftlichen Zusammenlebens gesprochen hatten, saßen unbeweglich da und starrten einander an wie zwei Porträts, die man in alter Zeit zu beiden Seiten eines Spiegels aufzuhängen pflegte. Manilow hob endlich seine Pfeife auf und blickte Tschitschikow von unten ins Gesicht, ob nicht ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen wäre, ob er nicht scherze; er sah aber nichts dergleichen: das Gesicht schien sogar ernster und gesetzter als früher. Dann kam ihm der Gedanke, daß der Gast vielleicht plötzlich verrückt geworden sei, und er blickte ihn aufmerksam an; die Augen des Gastes waren aber vollkommen klar, und es war in ihnen nichts von jenem wilden, unruhigen Feuer zu entdecken, wie es in den Augen eines Verrückten zuckt; alles war durchaus in Ordnung. Wie sehr sich auch Manilow anstrengte, auszudenken, was er nun zu tun habe, fiel ihm doch nichts anderes ein, als den in seinem Munde noch verbliebenen Rauch in einem feinen Strahle entweichen zu lassen.

      »Ich möchte also gerne wissen, ob Sie gewillt sind, mir diese in Wirklichkeit zwar toten, doch hinsichtlich der gesetzlichen Form noch lebenden Seelen zu überlassen oder abzutreten oder in irgendeiner anderen Form, die Ihnen beliebt, zu überweisen?«

      Manilow war aber so verlegen und ratlos, daß er den Gast nur noch anstarren konnte.

      »Ich glaube, Sie haben Bedenken?« bemerkte Tschitschikow.

      »Ich? … nein, es sind keine Bedenken,« sagte Manilow, »aber ich kann nicht verstehen … entschuldigen Sie … ich habe natürlich nicht die glänzende Bildung genossen, die sozusagen aus jeder Ihrer Bewegungen spricht; auch beherrsche ich nicht die Kunst, mich gut auszudrücken … Vielleicht steckt hier … in der Wendung, die Sie soeben gebrauchten … etwas anderes … Vielleicht beliebten Sie sich nur des Stiles wegen so auszudrücken?«

      »Nein,« fiel ihm Tschitschikow ins Wort, »nein, ich verstehe den Gegenstand so, wie er ist, ich meine wirklich die Seelen, die gestorben sind.«

      Manilow kam ganz aus der Fassung. Er fühlte, daß er etwas unternehmen, irgendeine Frage stellen müsse, doch was für eine Frage – das weiß der Teufel. Er endete damit, daß er wieder den Rauch ausblies, diesmal aber nicht mit dem Munde, sondern durch die Nasenlöcher.

      »Wenn also nichts weiter im Wege steht, so könnten wir gleich den Kaufvertrag abschließen«, sagte Tschitschikow.

      »Wie, einen Kaufvertrag über tote Seelen?« »O nein!« antwortete Tschitschikow. »Wir schließen ihn so ab, als ob sie noch lebten, wie es in der Revisionsliste auch wirklich steht. Ich pflege in СКАЧАТЬ