Старик-годовик. Владимир Даль
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Старик-годовик - Владимир Даль страница 10

Название: Старик-годовик

Автор: Владимир Даль

Издательство:

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 978-5-699-47121-8

isbn:

СКАЧАТЬ articulent leur grimace non équivoque; que le parfum provoque la pensée et le souvenir correspondants; que la passion murmure ou rugit son langage éternellement semblable.

      Mit diesen Worten beschreibt Baudelaire im Artikel über Théophile Gautier dessen „immense intelligence innée de la correspondance et du symbolisme universels“55. Ein so zustandegekommenes Schönes lässt die Menschen für Augenblicke die irdische Trübsal vergessen und den „rythme immortel et universel“ begreifen56. Und es ist, trotz der Wendung „mon Beau“, kein individualistisches Schönes, denn die Lücken, die von der Phantasie ausgefüllt werden müssen, erzeugen bei den Rezipienten durchaus ähnliche Vorstellungen – „des idées analogues dans des cerveaux différents“ –, wie er in seiner Tannhäuser-Besprechung schreibt, in diesem Fall das Gefühl spiritueller und physischer Glückseligkeit:

      […] la sensation de la béatitude spirituelle et physique; de l’isolement; de la contemplation de quelque chose infiniment grand et infiniment beau; d’une lumière intense qui réjouit les yeux et l’âme jusqu’à la pâmoison; et enfin la sensation de l’espace étendu jusqu’aux dernières limites concevables.57

      Mit der Aufnahme des wirkungsästhetischen Aspekts in seinen Begriff des Schönen ergänzt Baudelaire die herkömmlichen Objekteigenschaften um ungewohnte Züge wie „bizarrerie“, „irrégularité“ oder „étrangeté“. Diese Ergänzung kommt der Suche nach der „modernité“ und dem Schönen in der Großstadt entgegen, auch wenn die genannten Eigenschaften sich nicht ausdrücklich auf ein solches beziehen. Zudem müssen nicht alle Eigenschaften des Schönen gleichzeitig oder in gleichem Ausmaß in einem Gegenstand versammelt sein. So verkörpern die eingangs zitierten Lebensschicksale von Verbrechern und anderen Randexistenzen, die im Salon de 1846 als „sujets poétiques et merveilleux“ der großen Städte genannt werden, vor allem den dämonischen Aspekt, dem etwas Provokantes anhaftet. In dem späten Prosagedicht Les Fenêtres verkörpern dagegen ganz gewöhnliche Objekte des Alltags das Schöne, weil sie die Phantasie des Dichters in besonderem Maße anregen. Die dargestellten Lebensformen sind hier großstädtisch und „modern“, aber kaum überraschend, weder die des dichtenden Ichs, das über die Dächer der Stadt blickt, noch die der abgehärmten, immerzu arbeitenden, vielleicht verzweifelten Frau, die offensichtlich die zeitgemäße Variante der „tête séduisante et belle […] de femme“ aus den Journaux intimes ist. Überraschend ist allenfalls ihre Alltäglichkeit. Alle genannten Beispiele stellen jedoch ein menschliches Schönes vor, denn dieses ist für Baudelaire das vorrangig Schöne58. Dem melancholischen, unglücklichen und infernalischen Schönen korrespondiert ein Betrachter, der ebenfalls melancholisch und unglücklich und von alter Schuld geplagt ist, dazu kultiviert und leicht erregbar – der „homme sensible moderne“:

      Un tempérament moitié nerveux, moitié bilieux, tel est le plus favorable aux évolutions d’une pareille ivresse; ajoutons un esprit cultivé, exercé aux études de la forme et de la couleur; un cœur tendre, fatigué par le malheur, mais encore prêt au rajeunissement; nous irons, si vous le voulez bien, jusqu’à admettre des fautes anciennes, et, ce qui doit en résulter dans une nature facilement excitable, sinon des remords positifs, au moins le regret du temps profané et mal rempli. […] Si l’on ajoute à tout cela une grande finesse de sens que j’ai omise comme condition surérogatoire, je crois que j’ai rassemblé les éléments généraux les plus communs de l’homme sensible moderne, de ce que l’on pourrait appeler la forme banale de l’originalité.59

      c) Die Entdeckung des ekstatischen Erlebnisses der Großstadt (Journaux intimes. Les Foules)

      Im 19. Jahrhundert war Paris neben London die bedeutendste europäische Großstadt. In den 1830er und 40er Jahren war es in Frankreich zu einem beliebten literarischen Thema geworden. Im Zentrum dieses ‚Stadtdiskurses‘ stand die im 18. Jahrhundert aufgekommene, in zahlreichen Sammlungen sich entfaltende Feuilletongattung des „tableau de Paris“, in der ein buntes Bild der Stadt, ihrer Einrichtungen und ihrer Bewohner gezeichnet wurde1. Zur selben Zeit wurde die Stadt zum Gegenstand der dichterischen Imagination und es entstand der „Mythos von Paris“. Einen maßgeblichen Anteil daran hatte Balzac, der in seinen „Physiologien“ dem „tableau“ eine neue Form gab und es bald in erzählende Texte überführte, zunächst in kürzere Erzählungen, dann in Romane, die er als Paris-Dramen konzipierte und zur Comédie humaine ausweitete2. 1831/1832 veröffentlichte Victor Hugo seinen Roman Notre-Dame de Paris über das mittelalterliche Paris, in dem gemäß der romantischen Forderung des Verfassers das Sublime neben dem Grotesken stand3. 1862 ließ er den sozialutopischen Gegenwartsroman Les Misérables folgen mit einer unverkennbaren Nähe zum feuilletonistischen Unterhaltungsroman, in dem das Paris-Thema inzwischen heimisch geworden war.

      Auch die Lyrik trug zum Paris-Mythos bei und entwickelte nach 1830 ein breites Themen-, Motiv- und Bildrepertoire der Stadt. In den 40er Jahren flaute das Interesse ab, um mit dem Stadtumbau durch Haussmann und der Weltausstellung 1855 von neuem zu erwachen4. Neben Romantikern wie Alfred de Vigny und der Nacht-Bohème um Gérard de Nerval ist hier wieder Victor Hugo zu nennen, der im Exil seine Liebe zu Paris entdeckte5, sowie eben Baudelaire, dessen erste Versuche mit Großstadtgedichten in die 40er Jahre zurückreichen. Mit dem erklärten Anspruch auf „modernité“ ging Baudelaire aber bald über den allgemeinen Zeittrend hinaus und nahm dabei jenseits des persönlichen Erfahrungsraums Paris die Großstadt generell in den Blick.

      Eine zeitgemäße Großstadtlyrik verlangte nach Baudelaire Gegenstände, die seinen ästhetischen und anthropologischen Überzeugungen vom Schönen entsprachen und ihn in den poetischen Schaffensrausch versetzen konnten. Im Ringen um solche Gegenstände hat Baudelaire sich unter anderem bei den bil­denden Künsten umgesehen. So bewunderte er im Salon de 1859 die Wiedergabe von Paris in den Stichen Méryons:

      J’ai rarement vu représentée avec plus de poésie la solennité naturelle d’une ville immense. Les majestés de la pierre accumulée, les clochers montrant du doigt le ciel, les obélisques de l’industrie vomissant contre le firmament leurs coalitions de fumée, les prodigieux échafaudages des monuments en réparation, appliquant sur le corps solide de l’architecture leur architecture à jour d’une beauté si paradoxale, le ciel tumultueux, chargé de colère et rancune, la profondeur des perspectives augmentée par la pensée de tous les drames qui y sont contenus, aucun des éléments complexes dont se compose le douloureux et glorieux décor de la civilisation n’était oublié.6

      Méryons Darstellungen der Stadt erschienen ihm in ihrer Majestät und Großartigkeit höchst poetisch, himmelstürmend und erdzugewandt zugleich mit ihren mächtigen Steinmassen, den Kirchtürmen und Schloten, den Wunderwerken der Baugerüste, deren paradoxe durchbrochene Schönheit die solide Schönheit der Architektur verdoppelte, dem dräuenden Himmel darüber und den in die Tiefe führenden gestaffelten Perspektiven, die den Betrachter zum Phantasieren der vielen in ihnen ablaufenden Dramen anregten. Eine solche „Stadtlandschaft“ hatte er selbst 1857 in dem Gedicht Paysage (parisien) dargestellt, wobei er auch des allfälligen menschlichen „drame“ gedachte7.

      Literarische Stadteindrücke, bei denen der Mensch im Mittelpunkt stand und die dazu noch mit dem Drogenthema verbunden waren, fand er in den Confessions of an English Opium-Eater (1821/1822) von Thomas De Quincey. In diesem Werk, das Baudelaire seit 1857 teils übersetzte, teils paraphrasierte und analysierte8, berichtet der Ich-Erzähler, wie er sich in das „fourmillement de la grande ville regorgeante d’activité“ stürzt, um am Treiben der unüberschaubaren Vielzahl und Vielfalt der Menschen teilzunehmen:

      De tout temps […] je m’étais fait gloire de converser familièrement, more socratico, avec tous les êtres humains, hommes, femmes et enfants, que le hasard pouvait jeter dans mon chemin; habitude favorable à la connaissance de la nature humaine, aux bons sentiments et à la franchise d’allures qui conviennent à un homme voulant mériter le titre de СКАЧАТЬ