Celsissimus: Salzburger Roman. Arthur Achleitner
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Название: Celsissimus: Salzburger Roman

Автор: Arthur Achleitner

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ vergreifen. Eben erhielt die schluchzende Frau einen Fausthieb, da stand der Fürst auch schon mitten im Knäuel und sein Begleiter drängte kraftvoll die Leute zurück. Scharf befahl Wolf Dietrich augenblickliche Ruhe, Zornesröte bedeckte seine Wangen, und die Adern schwollen sichtbar an. „Wer erfrecht sich bei Hof solcher Aufführung? Was soll der Lärm in meinem fürstlichen Hause? Was will das Weib zu später Stunde?“

      Vor Schreck und Überraschung verstummte die Dienerschaft, niemand fand ein Wort der Erwiderung, doch das arme Weib that einen Kniefall vor dem Fürsten und bat um Barmherzigkeit in höchster Not.

      „Man hat in Bittangelegenheiten die festgesetzte Audienzstunde einzuhalten! Gen Mitternacht wird nicht gebettelt!“ grollte der Fürst.

      „Gnädiger Herr! Übet Barmherzigkeit! Bis Taganbruch kann ich nimmer warten, derweil stirbt mir der Mann!“

      In Wolf Dietrichs Herz regte sich das Mitgefühl, weichen Tones fragte er nach dem Begehr des armen Weibes.

      „Euer Gnaden Leibmedikus hätt' ich gern gebeten um Hilfe, etzliches aus der fürstlichen Kuchel….“

      „Ist jemand schwer krank bei dir?“

      „Ja, gnädiger Herr, der Mann und zwei Kinder!“

      „Und mein Medikus, was ist's mit ihm? Ist er nicht mitgegangen?“

      Einer der Lakaien erkannte die günstige Gelegenheit, alle Schuld am üblen Auftritt bequem auf die Schultern des Leibarztes schieben zu können, und erstattete Bericht, daß der Medikus es abgelehnt habe, in später Nachtstunde den Berg hinaufzuklettern bis zum Häuschen des armen Weibes, wasmaßen der Medikus nur für den Fürsten da sei, nicht für das gemeine Volk.

      Wolf Dietrich befahl schneidend scharfen Tones, es solle der Medikus augenblicklich geweckt, dem Weibe Wein und Atzung in einem Korbe verabreicht werden. Und einer plötzlichen Gefühlsregung folgend, wandte sich der junge Fürst zum Kämmerer: „Du besorgst, was ich dir befohlen. Alphons bringt den Medikus und Dienerschaft mit der Spende für die Armen nach. Ich werde selbst inspizieren. Lichtträger voraus!“

      Der Kämmerer wagte zu sagen: „Hochfürstliche Gnaden! Es ist spät, und schlecht der Weg hinan zum Berg!“

      „Besorge, was ich befohlen! Hilfe zu bringen, ist eine der schönsten Aufgaben eines Fürsten. Schicke mir den Medikus nach, mach' ihm flinke Beine!“

      Auf Befehl mußte das Weib mit dem Vorläufer vorausgehen, der Armen schwindelte ob der jähen Wendung und der Gewißheit, daß der hochgemute Fürsterzbischof selbst zu später Stunde Einkehr halten will in der Hütte des Elends.

      Man hatte das schier verfallene Häuschen am Wege zum Nonnbergkloster noch nicht erreicht, kam der Leibmedikus schon hinterdrein angepustet, nach Luft und Fassung schnappend.

      Einer der Lichtträger mußte mit in die Stube, das Weib führte Wolf Dietrich und den Arzt in ein Gemach, welches in seiner Dürftigkeit den an Prunk gewohnten Fürsten erschaudern ließ. Auf Stroh lag der Mann, auf einem Ballen Fetzen zwei Kinder, abgemagert schier zum Skelett, gelbfarbig, hohläugig, wimmernd vor Schmerzen und Hunger.

      Wieder warf sich das abgezehrte Weib in die Kniee und hob flehentlich die Arme zum Fürsten empor: „Habt Dank, o Herr, und helft in größter Not!“

      „Schrecklich!“ flüsterte ergriffen Wolf Dietrich, „dieweilen man prasset am üppigen Mahle, verhungern mir hier etzliche Unterthanen!“ Auf einen Wink begann der Hofarzt seine Thätigkeit; Wolf Dietrich ließ die inzwischen herbeigeschafften Vorräte an Wein, Fleisch und Brot in ein Nebengemach stellen und zog sich mit seiner Begleitung zurück, nicht ohne Auftrag gegeben zu haben, daß von nun an täglich der armen Familie Proviant aus der Hofküche geliefert werden müsse.

      Mit einem Frohgefühle in der Brust, schritt der Fürst die steile, frischbeschneite Gasse wieder hinab, und bis er den Palast erreichte, kündeten vom nahen Dom die Glockenschläge Mitternacht.

      Von all' den Hofschranzen ehrerbietig erwartet, hatte Wolf Dietrich nur für seinen Vertrauten, dem ersten der Kämmerer, ein Auge, ihm warf er einen fragenden Blick zu, und als der junge Baron bejahend nickte, glitt ein Lächeln des Triumphes über das Antlitz des jungen, heißblütigen Fürsten.

      In den inneren Apartements harrte der Kammerdiener Mathias Janitsch seines hohen Herrn, der sich Mantel und Degen abnehmen ließ und nun zu fragen begann: „Ist's ohne Aufsehen geglückt? Gab's Lärm?“

      In diskretem Flüstertone erstattete Mathias Bericht: „Es ging alles nach Wunsch und ohne einen Laut. Nur die Begleiterin schlug Lärm, doch erst, als alles längst vorüber und verschwunden war.“

      „Und hier?“

      „Wir haben Brigitte, des Silberdieners Franz Schwerer als Wartefrau, bestellt, doch wurde jegliche Hilfeleistung abgelehnt.“

      „Mit Protest gegen den Freiheitsentzug?“

      „Ja, Hochfürstliche Gnaden! Doch den Namen nannten wir nicht!“

      „Gut! Ich hoffe, es ist für alle Bequemlichkeit Fürsorge getroffen, die Stube warm, das Lager gut. Man hat mich morgen vor der siebenten Stunde Beginn zu wecken; der Hofmarschalk hat in aller Eile die Fourierzettel stellen zu lassen, auf alle Fälle soll einfouriert werden über Golling bis nach Kärnten.“

      „Wollen Hochfürstliche Gnaden selbst verreisen?“

      „Nein, Mathias! Jedoch soll für eine plötzliche Reise alles parat sein! Du haftest mir mit deinem Kopf für unberührte Sicherheit der Dame! Du bewachst deren Thür selbst!“

      „Mein gnädiger Herr möge beruhigt sein und guten Schlaf genießen! Dero treuer Diener wird wachen und sorgen!“

      Eine praktische Einrichtung in der erzbischöflichen Residenz war unzweifelhaft die Anbringung der handschriftlichen Amtsbefugnisse jeder Dienerklasse in deren betreffenden Räumen, sodaß jede Schranze ihre dienstlichen Obliegenheiten jeden Augenblick vor Augen haben konnte, vorausgesetzt, daß der Diener des Lesens kundig war. So stand im Gelaß des Thürhüters nach dem Konzept Wolf Dietrichs wörtlich zu lesen3:

      „Thuerhuetter.

      Deß Thuerhueterß ampt ist vhor der Cammerer wartt Zimmer stetts auffzuwarten, vndt niemandt frembden ohngefragt in daß Wart Zimmer lassen, auch in allweg gutte achtung geben damitt sich außer der adelß personen vndt ettlichen fürnemen officieren geringe vndt schlechte officier oder Diener bey hoff in die Wart Zimmer nitt eintringen sondern heraußen pleiben, undt so sehr sy waß bei einem oder dem andern in den Wart Zimmern zu thuen haben sich durch die Thuerhuetter anmelden lassen, undt sollen der Thuerhuetter zwen sein, die sollen stetts wo nitt baidt doch der ein bey den Zimmern pleiben vndt mitt einander vnderweilen abwexlen.“

      Die Kämmerer hatten dafür gesorgt, daß sothane Verordnung des Fürsten gebührende Beachtung und strenge Befolgung fand, und niemals fehlte der Thürhüter an seinem Platze, wenn freilich in der ersten Zeit nach dem Regierungsantritt Wolf Dietrichs es an Verstößen nicht mangelte. Häufige Kontrolle und Belehrung schulte aber auch dieses Personal, und so waren denn die beiden erzbischöflichen Thürhüter scharf darauf aus zu unterscheiden, wer von Distinktion ist und in das Wartezimmer zu den Kämmerlingen gelassen werden dürfe.

      Wolf Dietrich hatte die Gewohnheit, an Wochentagen um die zehnte Stunde hervorragende Personen in Audienz zu empfangen, war aber meist ungehalten, wenn vorher Gehör erbeten wurde.

      Es mochte um neun Uhr morgens sein, СКАЧАТЬ



<p>3</p>

Aus den Mittheilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde XII, 1872.