Название: Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil
Автор: Brockhaus Heinrich Eduard
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Fast gleichzeitig begann er ein noch umfangreicheres Werk desselben Verfassers zu verlegen: »Institutiones medicae«, in sechs Bänden, wovon der erste 1809 ausgegeben wurde, während die übrigen Bände in den Jahren 1810, 1813, 1814 und 1816, in einer für den Verleger theils seiner persönlichen, theils der politischen Verhältnisse wegen sehr schwierigen Zeit, erschienen. Indeß wurde bei diesem Werke sein Muth belohnt, indem er bereits wenige Jahre nach der Vollendung (1819) eine zweite vermehrte und verbesserte Auflage desselben veranstalten konnte.
Ein drittes wissenschaftliches Verlagswerk, das er gleich im Anfange seiner Verlegerthätigkeit übernahm, war die berühmte Naturgeschichte der Eingeweidewürmer von dem greifswalder (später berliner) Professor Karl Asmund Rudolphi (aus Stockholm); sie erschien unter dem Titel: »Entozoorum sive vermium intestinalium historia naturalis« (2 Bände, Band 2 in 2 Abtheilungen, 1808-10, mit 12 Kupfertafeln).
Ein viertes ebenfalls naturwissenschaftliches Werk, das er indeß wahrscheinlich nur als Commissionsartikel übernahm (auf dem Titel sind die Gebrüder van Cleef im Haag als Verleger genannt, während Heinsius' »Bücher-Lexikon« das Kunst- und Industrie-Comptoir in Amsterdam als solche bezeichnet) ist das Werk des bekannten französischen Botanikers Brisseau-Mirbel (damals im Haag, später in Paris) über eine Theorie des Gewächsbaues, mit französischem und deutschem Titel, herausgegeben von dem holländischen Dichter Bilderdijk, der sich vielfach auch mit naturwissenschaftlichen Studien beschäftigte. Eigenthümlicherweise ist der Text des Werks gleichzeitig französisch (links) und deutsch (rechts), während die Widmung an den König von Holland, die Vorrede Bilderdijk's und die ausführlichen Noten blos französisch sind. Bilderdijk entschuldigt sich in der Vorrede, daß er, in Amsterdam geboren, weder das Französische wie ein Pariser, noch das Deutsche wie ein »Sachse« schreibe; hiernach scheint auch die deutsche Uebersetzung von dem holländischen Dichter herzurühren.
Dem Jahre 1807 gehören noch drei Werke an, die von geringerer Bedeutung sind, aber gleich von Anfang an erkennen lassen, daß der Verleger die möglichste Vielseitigkeit seines Verlags erstrebte: ein französisches Reisehandbuch für Deutschland: »Itinéraire de l'Allemagne« (von dem Postmeister Raabe in Holzminden verfaßt), mit einer Karte; eine deutsche Uebersetzung des hauptsächlich nach Bossuet's Katechismus bearbeiteten, vom päpstlichen Legaten in Paris approbirten und von Napoleon obligatorisch eingeführten »Katechismus zum Gebrauche in allen Kirchen des französischen Kaiserreichs«; endlich eine deutsche Uebersetzung der berühmten Memoiren des französischen, in englische Dienste getretenen Schriftstellers Louis Dutens, der 1812 als britischer Historiograph in London starb, unter dem Titel: »Dutens Lebensbeschreibung oder Memoiren eines Gereiseten, der ausruht« (2 Bände), von dem durch sein Bibelwerk bekannten Johann Friedrich von Meyer in Frankfurt a. M. bearbeitet.
In dieser Zeit kam Brockhaus auch zuerst mit Villers in Beziehungen, die sich bald in freundschaftliche verwandelten und bis zu des Letztern Tode fortdauerten. Er veröffentlichte nämlich dessen berühmten »Brief an die Gräfin Fanny von Beauharnois«, worin Villers die Erstürmung Lübecks durch die Franzosen am 6. November 1806 und die dabei von denselben verübten Greuel als Augenzeuge schildert.
Charles François Dominique de Villers, geboren 4. November 1765 zu Bolchen in Lothringen, 1792 Artilleriehauptmann, floh bei Ausbruch des Revolutionskriegs 1793, von den Jakobinern bedroht, nach Deutschland, das fortan seine zweite Heimat wurde, und lebte meist in Lübeck, wo er viel mit der Familie Rodde verkehrte, besonders mit seiner geistreichen Freundin Dorothea Rodde, der Tochter des Geschichtschreibers Schlözer; 1811 wurde er zum Professor der Philologe an der Universität Göttingen ernannt, nachdem ihm 1809 wegen seiner »ausgezeichneten Verdienste um die deutsche Literatur« und besonders auch wegen seiner Bemühungen um das Wohl der Freien Hansestädte das Ehrenbürgerrecht von Bremen ertheilt worden war. Er wurde erst von französischer, dann von deutscher Seite mehrfach belästigt und starb 26. Februar 1815 in Leipzig.23 Villers machte es sich zur Lebensaufgabe, deutscher Literatur und deutschem Wesen dieselbe Anerkennung und Achtung in Frankreich zu verschaffen, die er selbst dafür empfand, und so beiden Ländern zu nützen. Wurm bemerkt über Villers:
Wie sehr es ihm Ernst war mit der wissenschaftlichen Erforschung deutscher Zustände, das beweisen seine größern Arbeiten: die Darstellung der Kant'schen Philosophie, und die gekrönte Preisschrift über die Folgen der Reformation für die politische Lage der verschiedenen Staaten Europas und für den Fortschritt der Aufklärung. Das letztere Werk ist in wiederholten starken Auflagen und in einer holländischen, zwei englischen und drei deutschen Uebersetzungen verbreitet.
In der Würdigung deutschen Geistes wetteiferten mit ihm Benjamin Constant und Frau von Staël. Mit Beiden war Villers innig befreundet. Constant hatte in Deutschland eine geistige Heimat gefunden, nur nach und nach söhnte er mit dem Entschluß sich aus, den die Ereignisse ihm fast wider Willen aufdrängten, seine wissenschaftliche Thätigkeit mit einer politischen in Paris zu vertauschen. Frau von Staël gefiel sich eine Weile in dem Gedanken, mit Villers vereint dahin zu arbeiten, daß der Gegensatz zwischen deutschem und französischem Wesen sich ausgleichen möge. Bald aber fand sie sich verletzt durch seine ausgesprochene Vorliebe für Deutschland, die sie ihm in tadelnden, selbst in harten Worten vorwarf. Als ihr selbst derselbe Vorwurf — freilich von ganz anderer Seite her und in ganz anderm Sinn — zurückgegeben ward, da flüchtete sie mit ihren Klagen zu dem alten Freunde.
Während ihrer langen Verbannung, der endlich der Sieg der fremden Waffen ein Ziel setzte, hatte ihre Liebe zur Heimat nur noch stärkere Wurzeln geschlagen. Anders war es mit Villers. Lebensschicksale, geistige Gewohnheiten hielten ihn von Frankreich fern, nicht irgendeine äußere, gebieterische Nothwendigkeit. In den frühern geflügelten Worten der Frau von Staël lag ein Stachel, den er tief und schmerzlich empfand. Glücklich, selbst inmitten einer ehrenvollen und vielbewunderten Thätigkeit, ist seine Lage nicht gewesen. Sie konnte es nicht sein.
Wir Deutschen sind am spätesten zu dem Bewußtsein gelangt, daß die Nationalität nichts Zufälliges, daß sie nicht ein Ding ist, das man nach Belieben festhalten oder abstreifen und vertauschen mag. Es würde besser um unser Vaterland bestellt sein, wenn wir eher aus unsern weltbürgerlichen Träumen erwacht wären. Nicht daß es an kräftigen Stimmen gefehlt hätte, die uns zuriefen, das heilige Feuer zu hüten. Aber wir, wir schliefen und träumten.24
In dieser beschämenden Betrachtung liegt gutentheils der Schlüssel zu demjenigen, was Villers' Ruhm und was sein Unglück ausmachte. Gewiß, wenn irgend Einer, so war er berufen, den geistigen Verkehr zwischen Deutschland und Frankreich zu vermitteln. Aber er fand sich zwischen beide Nationen gestellt. Und er trat zu uns herüber, als die Gewaltherrschaft seiner Landsleute, ein unholder Alp, über unser Vaterland sich ausbreitete, und jegliches Eigenthümliche zu erdrücken drohte. Das Ritterliche seines Charakters hat ihn herübergeführt. Aber seinen Landsleuten gegenüber, wie sollt' er da den Schein abwehren, als habe er die eigene Heimat verleugnet?
Daß er uns näher angehörte, können wir nicht bezweifeln, da er selbst es eingestanden hat. Der Anlaß aber, bei welchem ihm das Bekenntniß entschlüpfte, war der bitterste, der unverdienteste, der ihm widerfahren konnte. Es war die unerhörte Behandlung, die er von der wiederhergestellten hannoverschen Regierung erfuhr; das absichtsvolle Misverständniß, als wär' er in Göttingen eben nur ein Eindringling des westfälischen Zwitterreichs gewesen; das Abfinden durch einen Gnadengehalt, in der Voraussetzung, er werde denselben in Frankreich verzehren. Durch die spätere Erlaubniß, in Göttingen zu bleiben, und durch eine Pensionszulage war das nicht wieder gut zu machen. Die Kränkung hat sein Herz gebrochen.
Uns Deutschen geziemt es, eingedenk zu sein, was er uns СКАЧАТЬ
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Diese und die folgenden Notizen sind meist einer kleinen Abhandlung des 1859 verstorbenen verdienstvollen Geschichtschreibers und Publicisten Professor Christian Friedrich Wurm in Hamburg entnommen, die unter dem Titel: »Beiträge zur Geschichte der Hansestädte in den Jahren 1806-1814. Aus den nachgelassenen Papieren von Carl von Villers«, in einem 1845 gedruckten Lectionsverzeichniß des Hamburgischen Akademischen Gymnasiums enthalten ist.
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Es sei hier bemerkt, daß diese patriotischen Klagen Wurm's im Jahre 1845 erhoben wurden.