Der Widerspenstigen Zähmung. Ettlinger Karl
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Widerspenstigen Zähmung - Ettlinger Karl страница 5

Название: Der Widerspenstigen Zähmung

Автор: Ettlinger Karl

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ Gewächshaus!«

      Eigentlich hatte er wenig Lust, der Biereinladung Folge zu leisten. Allein seine Schüchternheit sagte ihm, es sei doch zu unhöflich, abzulehnen, und so meinte er: »Ich mach merr zwar Awends nix aus Bier, aber no, ich wer' net gleich draa sterwe!«

      Und Katharina flüsterte holdselig: »Sie sin iwwerhaapts so solid, Herr

      Borges! So'n solide Mann haww ich noch kaan kenne gelernt! Ach, Herr

      Borges!«

      Und dabei seufzte sie so tief, daß das ganze Gewächshaus sich zu heben und senken anfing.

      – »Des is recht, Herr Borges, daß Se uff'n Schluck Lagerbier komme!« begrüßte Vater Bindegerst ihn und lud ihn zum Sitzen ein. »Ich habb merrsch schonn oft gedenkt: was dhut der Mensch eigentlich so allaans da drowwe in sei'm Leuchttorm? Es is net gut, daß der Mensch allaans sei, haaßt's in der Biwel. Ich habb lang net mehr drin gelese, ich les liewer Detektivgeschichte, awwer es is e wahr Wort. Wisse Se, wenn ich kaa Gesellschaft habb, dann komm ich ins Denke, unn wannn ich erscht emal ins Denke komm, dann kimmt nix Gescheides dabei eraus! No, Prost, Herr Borges!«

      Adolf hob seinen Krug und stieß mit dem Drechslermeister an. Katharina hatte ihm das Bier eingeschenkt, in den schönsten Krug des kleinen Haushalts. Es war ein recht schmucker Krug, die selige Frau Bindegerst hatte ihn vor vielen Jahren ihrem Eheherrn geschenkt, erstens weil er Geburtstag gehabt hatte, und zweitens weil gerade in dem Porzellangeschäft Ausverkauf gewesen war. Eine alte Ritterburg war auf den Krug gemalt, an deren Portal ein Ritter Trompete blies. Man hätte ihn unbedingt für den Trompeter von Säckingen halten müssen, hätte nicht in goldenen Buchstaben darunter gestanden: Stolzenfels am Rhein.

      Auch Katharina stieß mit an, und sie hauchte dabei: »Prost!«

      Es klang wie das Piepsen eines Kanarienvogels, denn sie war, wie alle Frauen, eine Verwandlungskünstlerin. Noch hatte sie auf das Grammophon ihres Antlitzes die schmachtende Platte »O könnt ich noch einmal so lieben« aufgelegt, – aber die Radauplatte »Tararabumdieh!« lag schon bereit.

      Vater Bindegerst saß auf dem Sofa, ihm gegenüber saß Adolf auf einem

      Stuhl, und auf dem Nachbarstuhl blühte das Gewächshaus Katharina.

      Zunächst war noch ein halber Meter Distanz zwischen ihnen, aber der

      Zwischenraum verringerte sich im Laufe des Abends, obwohl Adolf kein

      Millimeterchen von seinem Platz rückte.

      Zunächst schickte sie ihre linke Fußspitze als Patrouille aus. Die Fußspitze sondierte das Gelände, fand es »vom Feinde frei«, und rückte vorsichtig weiter vor, bis sie ihr Ziel, die Borgessche Fußspitze, erreicht hatte.

      »Entschuldige Se, Fraulein Katherina!« sagte Adolf und zog seinen Fuß zurück.

      Katharina errötete, aber innerlich hatte sie sich vorgenommen: »Wenn ich ihm erst die kleine Zehe reiche, muß er das ganze Bein nehmen!«

      »Des ganze menschliche Lewe is e Gemeinheit!« philosophierte Vater Bindegerst, der ins Denken zu kommen schien, denn er redete viel Unsinn. Und er fing an zu politisieren und auseinanderzusetzen, wie ungerecht es auf der Welt im allgemeinen, und in Offenbach im besonderen zuginge. Es war eine lange Rede, die er hielt, es ging ihm weder der Atem noch das Lagerbier aus, und er schloß mit der überzeugenden Wendung: »Unnn woher kimmt des alls? – Weil des ganze Lewe e Gemeinheit is!«

      »Entschuldige Se, Fräulein Katherina!« sagte Adolf und zog sein Knie zurück, denn Katharina war mit ihrem Knie an das seine gekommen. Nachdem die Patrouille Fußspitze zum Truppenteil zurückgekehrt war, hatte Katharina nämlich beschlossen, eine stärkere Patrouille auszuschicken. Auch diese Patrouille wurde zurückgezogen, und die ganze Kompagnie begann nun zu manövrieren, indem sie mit ihrem Stuhl zu rutschen anfing.

      Vater Bindegerst trug die Hauptkosten der Unterhaltung. Diese Kosten trägt man ja gerne, denn sie sind billig. Es fiel ihm durchaus nicht auf, daß sein Gast nur hie und da eine kurze verlegene Zwischenbemerkung machte, denn der Drechslermeister gab sich die meisten Antworten selbst und fand daher diese Antworten sehr treffend.

      Sein Zimmerherr ward ihm von Viertelstunde zu Viertelstunde sympathischer, er beschloß, ihn öfters einzuladen. Gibt es doch für geschwätzige Menschen nichts Angenehmeres als ein Zwiegespräch, bei dem nur einer redet.

      Er erzählte nun von seinem Geschäft und lobte dabei, wie landesüblich, die gute, alte Zeit.

      »Ja, frieher«, sagte er, »frieher, da war des Geschäftslewe noch reell! Hier die Waar, hier's Geld! Awwer heut! Heut sollstde Kredit gewwe, bis De schwarz werst, heut nemme Derr die Leut de halwe Lade mit unn sage: Schicke Se merr die Rechnung! Unn wannsde se mahnst, sin se net dahaam! Merkwerdig: wannsde ihne die Waar' schickst, da sin se all dahaam, awwer wannsde Dei Geld hawwe willst, dann mache se grad en Besuch odder se sin in die Sommerfrisch odder se hawwe'n Trauerfall unn die ganz Familie erbt ebbes, – bloß Du kriehst nix!«

      »Entschuldige Se, Fräulein Katherina!« sagte Adolf, denn sie lehnte ihren Arm an den seinen.

      Sie saß jetzt ganz dicht neben ihm, und ihm war, als säße er mitten in einem Gewächshaus. Es war recht schwül in dem Gewächshaus, die Luft fing an, ihn leise zu benebeln.

      Er zog seinen Arm nicht zurück; es tat ihm wohl, sich von den Zweigen dieses Gewächshauses fast unmerklich streicheln zu lassen.

      Das war so sanft und weich, daß er gar nicht merkte, daß hier Disteln statt Rosen wuchsen.

      Er hob jetzt seine Augen und besah sich die Botanik näher, und das Pflanzenreich gefiel ihm nicht so übel. Machte doch die falsche Katharina ihre schönsten Vergißmeinnichtaugen und zog ihr süßestes Lilienmäulchen, so daß man wirklich nicht mehr sehen konnte, #was# für eine Pflanze sie in Wirklichkeit war. Er fühlte sich im Palmengarten und merkte nicht, daß er im Zoologischen war.

      »Kättche, hol de Quetschekuche von heut Middag!« befahl der Vater. »Der

      Herr Borges werd Abbeditt hawwe!«

      Ach nein, der Herr Borges hatte jetzt gar keinen Appetit. Der Magen erschien ihm jetzt als der prosaischste Körperteil, den Gott geschaffen hat. Er hatte ein ganz unbestimmbares Gefühl, so ein Mittelding zwischen Lachen und Weinen, Wonne und Schmerz, und wenn ihn jetzt ein Kassenarzt gefragt hätte: »Herr Borges, wo tut's Ihnen weh?« – er hätte es beim besten Willen nicht sagen können.

      Er empfand nur, als Katharina hinausgegangen war, um den

      Zwetschenkuchenrest zu holen, plötzlich eine tiefe Leere neben sich, und es kam ihm so vor, als sei die Temperatur im Zimmer plötzlich um zehn

      Grad gesunken.

      So ungefähr war ihm zu Mute wie damals, als er den Kopf in den Ameisenhaufen gelegt hatte. Die Ameisen kribbelten und bissen, aber als Katharina wieder ins Zimmer trat, da verwandelten sich die Ameisen in lauter kleine, goldige Leuchtkäferchen und huschten im Zimmer umher und schwirrten ihm um die Nase, und es ward so hell, daß er fast ausgerufen hätte: »Gott, was e Pracht! Die Sonn is uffgange!«

      »E guter Quetschekuche is des, Herr Borges!« versicherte der Gastgeber. »Da könne Se weit laafe, bis Se so aan finne! Des Rezept schdammt noch von maaner selig Fraa! Unn von der hat's Kättche die Kochkunst geerbt. Koche kann des Mädche wie e junger Gott! Die macht Ihne aus Dreck de scheenste Pudding! No, fresse Se, – unn Se wern merr Recht gewwe!«

      Ein gewöhnlicher СКАЧАТЬ