Abessinien, das Alpenland unter den Tropen und seine Grenzländer. Andree Richard
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СКАЧАТЬ des Rothen Meeres zwei heftige Eruptionen hatte. Auch führt Rüppell nach den Landeschroniken einen heftigen Aschenregen an, der für ganz Abessinien ein unerhörtes Ereigniß war. Erdbeben sind dagegen ziemlich häufig.

      Bei der vulkanischen Natur des Landes kann es nicht Wunder nehmen, daß heiße Quellen in demselben keineswegs selten vorkommen. Die berühmtesten Quellen sind in Begemeder, bei Ailat (Eilet) in der Nähe Massaua’s im Küstenlande und zu Filamba im nördlichen Schoa. Letztere, fünf an der Zahl, in einer lieblichen Gegend der Provinz Giddem gelegen, umgeben von prächtigen Bäumen, sind der Zufluchtsort aller Kranken und Siechen von weit und breit, die hier Heilung von den verschiedensten Uebeln suchen. Die heilkräftigste dieser Quellen führt den Namen Aragawi nach einem der neun griechischen Sendboten, welche das Christenthum in Abessinien ausbreiten halfen. Nahe dabei liegt der Quell „Heilige Dreieinigkeit“, dessen Temperatur 48 °C. beträgt. Die Zulassung zu den Bädern muß mit einem Stück Salz im Werthe von etwa 2½ Groschen erkauft werden. Der Geschmack des klaren Wassers ist leicht nach Schwefelwasserstoffgas.

      Oberflächengestaltung. Betrachten wir nun die Oberflächengestaltung des Landes und seine Gebirgsbildungen. Schroff gegen die Gestade des Rothen Meeres abstürzend, nur durch wenige Pässe durchbrochen, zieht sich an der ganzen Westgrenze des Landes eine lange Bergkette hin, die sich durchschnittlich 8000 bis 9000 Fuß über dem Meere erhebt. Westlich von dieser treffen wir im Herzen Tigrié’s auf theils isolirte, theils zusammenhängende Berge, die, namentlich in der Umgebung der Hauptstadt Adoa, unter dem Namen der Aukerkette zusammengefaßt werden. Alle die vielen Gipfel derselben gehen wenig über 9000 Fuß hinauf; die meisten erheben sich nur zwischen 7000 und 8000 Fuß. Der höchste unter ihnen, der Semajata im Osten Adoa’s, steigt bis zu 9518 Fuß. Von diesem Systeme verzweigt sich durch die Provinzen Agamié und Haramat eine andere Reihe von Gebirgen, die in Bezug auf groteske Formen alles hinter sich zurücklassen, was wir in den Alpen, den Cordilleren Amerika’s oder in den malerischen Gebilden der Sächsischen Schweiz zu sehen gewohnt sind, und die in der That einzig auf unsrer Erde dazustehen scheinen als Ausgeburten einer seltsamen Laune der Natur. Ihre höchste Erhebung finden sie in dem Tatsén oder Alequa bei Adigrat mit 10,390, und im Sanafé mit 10,242 Fuß. Die Reisenden, welche diese Gegenden durchwanderten, werden nicht müde, die seltsamsten Vergleiche heranzuziehen, um dem Leser einen Begriff von diesen wunderbaren Formen zu machen. Alle übrigen Berggestaltungen unsrer Erde, die verschiedensten Bauformen – Rüppell spricht sogar von ägyptischen Tempeln – werden angeführt, doch ist das geschriebene Wort nur wenig dazu geeignet, in uns eine lebhafte Vorstellung zu erwecken. Hier tritt der Griffel des Künstlers in sein volles Recht, und die Abbildungen, die wir glücklicherweise in dieser Beziehung vorführen können, sind vollkommen geeignet, eine klare Anschauung der betreffenden Gebirgsformationen herzustellen. Isenberg, der von Adoa aus einen Theil Haramats auf seinem Zuge in das Lager Ubié’s 1838 berührte, ist ganz entzückt über jene herrlichen Gestalten und schildert eine dieser Amben – so nennt man jene Bergformen – folgendermaßen: „Wir gelangten in ein Thal, ringsum von hohen steilen Felsen eingeschlossen, an dessen östlichem Ende auf der Spitze eines Granitfelsens – aus welchem überhaupt meistens diese Berge bestehen – über einem Engpasse ein Kloster Namens Debra Berberi (Pfefferberg) liegt. Dieses Thal durchschritten wir und bestiegen dann ein wellenförmiges Plateau, welches links von einer majestätischen von Norden nach Süden ziehenden Felswand begrenzt ist, welche einen unbeschreiblichen Eindruck auf mich machte. Dieser Amba oder Berg zieht sich mit meist senkrechten mächtigen Wänden fünf oder sechs Stunden weit hin und gleicht einem ungeheuren gothischen Naturgebäude in kolossalster Form und Vollendung.

      Die in regelmäßigen Dimensionen voneinander stehenden zahlreichen Säulen, womit die ganze ungeheure Wand besetzt ist, vermehren bedeutend den Anblick eines Kunstwerkes, und nicht minder einige fensterähnliche Oeffnungen, durch welche man, weil an diesen Stellen der Fels sehr dünn ist, hindurchschauen kann. Dieser Berg heißt Amba Saneïti. An seinem südlichen Ende steht ein großer isolirter konischer Fels, der einer höchst kolossalen alten Ritterburg ähnlich ist.

      Diese und ähnliche Berge, an welchen besonders Agamié so reich ist, dienen häufig, da sie in der Regel von den meisten Stellen unzugänglich, und sehr häufig oben, wo sie meist platt sind, Wasser haben, Empörern und überhaupt kriegführenden Haufen als natürliche Festungen, wo sie, wenn sie sonst Vorräthe an Lebensmitteln haben, sich lange gegen den belagernden Feind vertheidigen und leicht Ausfälle auf ihn machen können.“ Prachtvoll ist auch der Anblick der Amba Zion, welche sich südlich von Atigrat in der Landschaft Haramat bis zu 9269 Fuß erhebt. Rüppell zog durch wiesenreiche Gründe am 1. Juni 1832 an dieser märchenhaften Felswand hin. „Die Sandsteinterrasse bildete zur Rechten unsres heutigen Weges ein schroffes Vorgebirge, das sich bei 1200 Fuß über die Thalebene erhob und einen ausgezeichneten Punkt zur geographischen Orientirung darbot; sein Name ist Amba Zion. Der Boden der Landschaft fing nun an, ziemlich eben zu werden (nach Süden zu) und bestand in einer nackten, unfruchtbaren und stellenweise mehrere Fuß breit auseinandergerissenen Sandsteinmasse, deren Spalten durchaus von emporgehobener Lava ausgefüllt waren.“

      Von all den eben angeführten Gebirgen werden die noch höheren und majestätischeren Berge Semién’s durch den Takazziéstrom, eine der Hauptwasseradern Abessiniens, getrennt. Der Reisende, welcher auf dem hohen Plateau, das sich im Osten des Takazzié in Tigrié ausdehnt, dem Lande Semién zuschreitet, erblickt bald vor sich ein wunderbares Panorama. Die Thäler von Telemt und Semién liegen noch in Frühnebel eingehüllt, auf den dunkle Purpurschatten fallen. Wie ein Meer breiten sich die obern Flächen der Dünste horizontal und leicht vom Winde bewegt über dem tiefen Bette des Takazzié und andern unzähligen Rissen und Thälern aus, daraus ragen im Morgensonnengolde Zacken und Kegel wie Inseln und Burgen aus einem blauen Ozean und dahinter als hohe Mauer der hoch zum Himmel aufstrebende Gebirgsstock von Semién mit weit vorgeschobenen, Tausende von Fuß senkrecht abfallenden Massen. Diese Gebirge sind durchaus vulkanischer Natur, aber längs ihrer vom Takazzié bespülten Basis findet sich dieselbe Formation wie auf dem östlichen Ufer dieses Stromes, Schiefer in der Tiefe mit horizontalem Sandstein überdeckt und vulkanische Lavakegel, die den letztern durchbrochen haben. Die höchsten Spitzen von Semién reichen bis in die Eisregion und sind namentlich während der Regenzeit zuweilen auf mehrere tausend Fuß herab mit hagel- oder firnartigem, sehr körnigem Schnee bedeckt, der jedoch schnell schmilzt, und nur auf der Nordseite sieht man an sehr vor der Sonne geschützten Felsbänken und in Schluchten fast das ganze Jahr über Eis, d. h. gefrorene, in den Bergen entspringende Wasser, oft in ansehnlichen Massen, theilweise allerdings auch von etwas derber Textur; von Gletschern und ewigem Schnee kann aber hier nicht die Rede sein.

      In der Tigriésprache heißt der Schnee Berit. Bruce, welcher nur über die niedrige Kette des Lamalmon in Semién gekommen war, glaubte nicht, daß jemals Schnee auf den Bergen gesehen werde, obgleich die Thatsache in der frühesten Nachricht vom Lande, in der adulitanischen Inschrift des Kosmas Indikopleustes, und später von den am besten unterrichteten Jesuiten, welche in Abessinien reisten, erwähnt wird. Rüppell fand im Juni das obere Viertheil der ganzen Gebirgskette mit Schnee bedeckt, eine Erscheinung, die im Kontrast mit dem dunklen Lazur des Himmels und den üppig grünen Pflanzen des Vordergrundes etwas in Afrika höchst Fremdartiges an sich hatte. Der durchaus aus vulkanischer Felsmasse bestehende schroffe Gebirgskamm, welcher die Provinz Semién von Ostsüdost nach Westnordwest zu begrenzt, umzieht in seinem weiteren Verlaufe in gewissermaßen ellipsoidischer Form den ganzen ungeheuren Dembeasee wie ein weiter Kesselrand, und der Buahat (Bachit), welcher die ganze Gruppe überragt, krönt gleichsam den Gebirgskreis mit seiner erhabenen Kuppe. Hier ist die echte „afrikanische Schweiz“, die unter die Tropen gerückte Alpenwelt, wie Munzinger in Erinnerung an seine Heimat Abessinien getauft hat. Und in der That, der Alpencharakter springt jedem, der es sah, in die Augen. „Unser Marsch am 26. Juni“, schreibt Rüppell, „brachte uns in eine Landschaft, welche ganz den Charakter der schöneren europäischen Hochgebirgspartien hatte. Coulissenartig springen auf den Seiten die Höhen mit Nebenthälern hervor, welche theils beholzt, theils mit einem grünen Teppich der schönsten Gerstensaat besäet sind. Das Ganze aber umgiebt amphitheatralisch ein Kranz von hohen Bergen, deren schneeige Gipfel über fette Alpenweiden emporragen. Bald erweitert sich das Hauptthal etwas nach Südwesten zu, und nun zeigt sich in pittoresker СКАЧАТЬ