Abessinien, das Alpenland unter den Tropen und seine Grenzländer. Andree Richard
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СКАЧАТЬ worden war, beschäftigte er sich eifrig mit dem Studium der morgenländischen Sprachen und machte von dort aus Reisen längs der Küste des Mittelmeers, den Nil aufwärts bis Syene und nach Baalbek und Palmyra in Asien, wo er die berühmten Alterthümer zeichnete. So vorbereitet trat er im Jahre 1769 seine große Reise an, auf der er von Massaua unter großen Mühen und Gefahren bis Gondar gelangte, wo er sich bei der hier ausgebrochenen Blatternseuche durch Anwendung europäischer Heilmittel sowol bei Hofe als im Volke großes Ansehen erwarb und Gelegenheit fand, in alle Einzelheiten des Volkslebens einzudringen, sowie mit dem furchtbaren Ras Michael freundlich zu verkehren. Er blieb über drei Jahre in Abessinien, fand die Quelle des Abai oder Blauen Nil im Südwesten des Tanasees und brachte ein ganzes Jahr damit zu, seine Reise nördlich durch das Land der wilden Schankela oder Schangalla (Heiden) und Nubien nach Alexandria fortzusetzen, das er im Mai 1773 glücklich erreichte. Seine Reisebeschreibung (Travels into Abyssinia) gab er in fünf Bänden erst 1790 zu Edinburg heraus, worauf er bald (16. April 1794) durch einen Sturz von der Treppe sein Leben endete. Er, der so vielen Gefahren getrotzt, so große Mühen und Beschwerden muthig ertragen, endete auf diese Weise! Die letzten vier Jahre seines Lebens waren ihm noch außerordentlich verbittert worden. Als er sein umfangreiches Werk veröffentlichte, fand das Publikum darin eine solche Menge von ungewöhnlichen Nachrichten, Uebertreibungen und Ungeheuerlichkeiten, daß man den Reisenden kurzweg für einen Lügner erklärte. Er wurde mit Zuschriften bestürmt, die weisen Kritiker behandelten ihn unbarmherzig, und namentlich konnte man sich über die Angabe, daß die Abessinier rohes Fleisch von lebenden Thieren genössen, nicht beruhigen, eine Angabe, auf die wir ausführlich zurückkommen. Man nannte ihn Mr. Mendax, Herr Lügner; aber die Zeit hat ihn gerechtfertigt, wenn er selbst auch nicht die Genugthuung erlebte, die Zweifler bekehrt zu sehen.

      Drei Jahrzehnte waren seit Veröffentlichung von Bruce’s so oft angefochtener Beschreibung verflossen, als die englische Regierung den ersten Entschluß faßte, mit dem merkwürdigen abessinischen Volke in Verbindung zu treten. Lord Valentia wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts beauftragt, eine Reise ums Kap der guten Hoffnung herum nach dem Rothen Meere zu machen, die ganze ostafrikanische Küste wissenschaftlich zu untersuchen, besonders die genauesten Nachrichten über Abessinien einzuziehen und die geeigneten Schritte zu thun, eine Verbindung mit diesem Lande anzuknüpfen. Diese Reise war von vielen wichtigen Resultaten für die genauere Bekanntschaft mit den hervorragendsten Punkten an der ostafrikanischen Küste, sowie für die Belebung des indischen Handels begleitet; jedoch hatte sie für Abessinien nicht den Erfolg, den sie hätte haben können, wenn die Unterhandlungen kräftiger betrieben worden wären. Valentia selbst blieb in Mocha an der arabischen Küste, während er seinen wissenschaftlich gebildeten, tüchtigen Sekretär Henry Salt mit der Sendung nach Abessinien betraute. Dieser machte die Reise über Massaua, Arkiko, Halai, Dixan nach der Provinz Enderta, wo er, da er nicht zum Könige selbst in Gondar gelangen konnte, mit dem Ras Walda Selassié unterhandelte. (Vergl. oben S. 14S. 14.) Es gelang dem gewandten Salt durch die glänzenden Geschenke, welche er dem Ras im Namen Georg’s III. von England überreichte, denselben vom Wohlwollen der englischen Regierung zu überzeugen und ihn zu einer Verbindung mit England zu bewegen. Er kehrte mit ausführlichen Nachrichten über das Land und seine Bewohner und mit der Ueberzeugung zurück, daß sich hier England für die Erweiterung seines Handels als auch der Kultur ein weites und günstiges Feld eröffne. Einer von Salt’s Begleitern, Pearce, blieb am Hofe des Ras zurück. Dieser ersten Reise folgte bald darauf, gegen das Jahr 1814, nachdem Salt’s Gönner, Lord Valentia, in den Pairsstand erhoben worden war, eine zweite Gesandtschaft unter Salt’s eigener Führerschaft. Diese hatte den Erfolg, daß das gute Vernehmen zwischen England und dem alten Ras gestärkt und durch Pearce’s längeren Aufenthalt die Bekanntschaft mit Abessinien vermehrt wurde. Wieder traten nun politische Wirren in Tigrié ein, welche England die Lust benahmen, weiter in die Angelegenheiten des Landes einzugreifen, bis im Jahre 1841 Kapitän Harris nach Schoa ging und jene politische Mission ausführte, von welcher wir eine ausführliche Schilderung weiter unten nach dessen 1844 zu London erschienenem dreibändigen Werke „The highlands of Aethiopia“ mittheilen.

      Es konnte nicht fehlen, daß bei den merkwürdigen Sagen, die über Abessinien umgingen, und bei der Unbekanntschaft, die über dessen Volk und Natur noch herrschten, auch die Deutschen ihren Antheil an der näheren Erschließung des Landes nahmen, nachdem Ludolf mit so gutem Beispiele, wenn auch nur theoretisch, vorangegangen war. Den Reigen eröffneten zwei der besten deutschen Naturforscher: W. F. Hemprich und C. G. Ehrenberg, welche schon früher Nubien durchzogen hatten und nun, von der preußischen Regierung unterstützt, das Rothe Meer besuchten. Von Massaua aus durchwanderte Hemprich die Küstengebirge, während Ehrenberg nach den heißen Quellen von Eilat zog. Nach Massaua zurückgekehrt, traf ihn der harte Verlust, am 30. Juni 1825 seinen Begleiter Hemprich dem Fieber erliegen zu sehen. Trotzdem war die naturgeschichtliche Ausbeute der Expedition ungemein reich, da nicht nur eine Menge ganz neuer Thierformen entdeckt, sondern auch in den Oscillatorien, Wesen zwischen Thier und Pflanzen, die Farbe des Rothen Meeres erkannt worden war.

      Die bedeutendste und ergebnißreichste Reise in Abessinien führte nach Bruce abermals ein Deutscher, Eduard Rüppell, geboren 20. November 1794 zu Frankfurt a. M., aus. Reich begütert und vortrefflich in naturwissenschaftlicher wie astronomischer Beziehung vorbereitet, hatte er nach einem kleineren Ausflug nach dem Orient, Nubien, Kordofan und das Peträische Arabien 1823–1825 besucht und sich dann Abessinien als Hauptziel seiner Forschungsthätigkeit erkoren. Am 17. September 1831 landete er auf Massaua an der abessinischen Küste, wo er den Rest des Jahres und den nächsten Frühling zu Ausflügen in die Umgebung, nach Arkiko, dem Thale Modat, den Dahalakinseln und nach den Ruinen von Adulis benutzte. Am 29. April 1832 trat er dann den Marsch nach dem inneren Hochlande an, welches vor ihm wissenschaftlich nur von Bruce und Salt beschrieben worden war. Wurde auch die ganze Reise glücklich zurückgelegt, so verlief sie doch nicht ohne große Gefahren, denn in Tigrié, wo gerade Ubié ans Ruder gelangt war, wütheten noch die grausamsten Bürgerkriege. Für diesen Herrscher hatte Rüppell ein sonderbares Geschenk, nämlich eine schwere Kirchenglocke bestimmt, deren Transport auf dem Rücken von Maulthieren viel Mühe verursachte, aber mit großer Freude angenommen wurde, da Glocken in Abessinien sehr selten sind. Um sich einen Schutz auf der Reise zu verschaffen, lieh Rüppell einem abessinischen Großhändler 600 Maria-Theresia-Thaler und zog nun durch den Tarantapaß auf Halai, die abessinische Grenzstation, zu. Schon hatte er sein Gepäck in Massaua zur Ueberfahrt nach dem Festlande zurechtgelegt, als ihm von einem betrunkenen türkischen Soldaten, der eine Pistole auf ihn abschoß, fast das Leben geraubt und die große, wohl vorbereitete Reise verhindert worden wäre. Von Halai wandte sich Rüppell in südlicher Richtung nach Atigrat am Fuße des hohen Alequa, kreuzte am 20. Juli das tiefe Thal des reißenden Bergstroms Takazzié und stieg hierauf in die hohen, oft von Schnee bedeckten, kühn geformten Alpen der Provinz Semién, wo er den fast 12,000 Fuß hohen Paß am Selkiberge überschritt und auf den Alpenwiesen in jener Region neben Ericabüschen jene seltsame, in ihrer Form an die Palmen erinnernde Pflanze, die Dschibarra, entdeckte, welcher Fresenius den Namen Rhynchopetalum montanum gegeben hat. Am 12. Oktober hielt er seinen Einzug in die Königsstadt Gondar, wo er der Absetzung des Königs Saglu Denghel beiwohnte und bis zum 18. Mai 1833 verweilte. Die Zwischenzeit benutzte er zu einem Ausfluge in die heißfeuchte Niederung (Kolla) von Workemeder und Ermetschoho, nördlich von Gondar, wo seine Elephantenjäger reichliche Beute fanden. Dann zog er dem Ostufer des Tanasees entlang, dessen Höhe über dem Meere er zum ersten male zu 5732 Fuß bestimmte. Weiterhin gelangte er dann zu der Stelle, wo unfern der berühmten Brücke von Deldei der Abai oder Blaue Nil dem Tanasee entströmt.

      Am 18. Mai 1833 brach Rüppell von Gondar auf, um über die alte Krönungsstadt Axum, wo er eine wichtige altäthiopische Inschrift entdeckte, und über Adoa, die Hauptstadt Tigrié’s, wieder nach Massaua zurückzukehren, das er am 29. Juni glücklich erreichte. Seine Ausbeute, die er von dieser Reise mit heimbrachte, war eine ungemein reiche, denn nicht nur hatte er viele Orts- und Höhenbestimmungen vorgenommen, die der Karte Abessiniens ein wesentlich anderes Gepräge geben, sondern auch archäologische, historische und ethnographische Forschungen angestellt, vor allem aber die zoologische Kenntniß des Landes bereichert, wie seine „Neue Wirbelthiere zur Fauna Abyssiniens gehörig“ und seine „Uebersicht der Vögel Nordostafrika’s“ beweisen.

      Seine СКАЧАТЬ