Название: Handbuch des Aktienrechts
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811443150
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Gleichwohl machten 1999 die AG nur 0,8 % der insgesamt in Deutschland tätigen Unternehmen aus, während die GmbH mit gut 75 % nach wie vor mit Abstand die zahlenmäßig bedeutenste Rechtsform darstellt.[59] Dieser Trend hat sich auch seit diesem Zeitpunkt nicht wesentlich geändert. So standen 2015 1 156 434 GmbH lediglich 15 716 AG und 294 KGaA gegenüber.[60] Dieses zahlenmäßige Verhältnis gibt die volkswirtschaftliche Bedeutung der AG indessen nur unzureichend wieder. Denn 46 der 100 umsatzstärksten deutschen Unternehmen sind AG (weitere sechs eine SE und vier eine KGaA), während nur 27 dieser Unternehmen in der Rechtsform der GmbH organisiert sind.[61]
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Der Anteil der Aktionäre an der Gesamtbevölkerung ist in Deutschland, verglichen mit anderen Industrienationen, nach wie vor gering. Die Zahl der Aktionäre und Inhaber von Aktienfondsanteilen im Jahr 2015 betrug 9,0 Mio., mithin 14,0 % der Bevölkerung. Damit stiegen die Aktionärs- und Fondsinhaberzahlen gegenüber den Jahren 2013 (8,9 Mio. bzw. 13,8 %) und 2014 (8,4 Mio. bzw. 13,1 %) erstmals wieder an.[62] Nichtsdestotrotz wurden auch damit die Höchstzahlen aus dem Jahre 2001 nicht mehr erreicht: Damals verzeichnete das Deutsche Aktieninstitut 12,8 Mio. (20,0 %) Aktionäre bzw. Fondsinhaber. Mit wenigen Ausnahmen[63] sank anschließend die Zahl stetig bis zum Tiefststand von 8,4 Mio. (12,9 %) im Jahr 2010. Erst in den Jahren 2011 (8,5 Mio. bzw. 13,1 %) und 2012 (9,5 Mio. bzw. 14,7 %) kam es zwischenzeitlich wieder zu Steigerungen. Verglichen mit dem Höchststand im Jahre 2001 hat also bis zum Jahr 2015 nahezu ein Drittel der deutschen Anleger der Aktien- und Fondsanlage den Rücken gekehrt. Die Zahl der direkten Aktionäre hat sich seit dem historischen Höchststand von 6,2 Mio. (9,7 %) im Jahre 2000 ebenfalls um fast ein Drittel verringert und liegt heute (4,4 Mio. bzw. 6,8 %) – nach dem zwischenzeitlichen Fall auf den Tiefststand von 3,6 Mio. (5,5 %) im Jahr 2008 – wieder auf dem Niveau von 1988 (6,8 %) bzw. 1998 (4,5 Mio. bzw. 7,1 %).[64]
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In den anderen Industrienationen ist der Anteil der Aktionäre an der Gesamtbevölkerung regelmäßig höher als in Deutschland, wo dieser Anteil 2015 lediglich 6,8 % betrug.[65] Nur Österreich hat mit 5 % (2010) eine noch geringere Aktionärsquote zu verzeichnen.[66] Für andere Länder ergeben sich folgende Aktionärsquoten:[67]
Frankreich (2011) | 9,1 |
Großbritannien und Nordirland (2011) | 23,0 |
Japan (2005) | 27,7 |
Niederlande (1998) | 30,0 |
Schweden (2009) | 17,2 |
USA (2010) | 56,0 |
2. Kapitel Grundlagen › I. Wesen der Aktiengesellschaft › 5. Entscheidungskriterien für die Rechtsformwahl
5. Entscheidungskriterien für die Rechtsformwahl
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Die Entscheidungsparameter für die Wahl einer bestimmten Rechtsform für eine Unternehmung sind vielgestaltig und sehr subjektiv geprägt. Oftmals wird als Hauptargument für die Rechtswahl die durch die Ausgabe von Aktien bestehende Möglichkeit der Kapitalbeschaffung genannt. Die kleine Stückelung des Eigenkapitals der AG – der Nennbetrag bzw. der bei Stückaktien auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals beträgt nur mindestens 1 EUR (§ 8 Abs. 2, 3 AktG) – ermöglicht die Beschaffung von Kapital von einem großen Anlegerkreis (Kapitalsammelbecken).[68] Die Attraktivität der Aktien für die Anleger ist wiederum durch die hohe Fungibilität der Aktie gesichert, da Aktien grundsätzlich formlos durch Übereignung der Urkunde oder Abtretung des Mitgliedschaftsrechts übertragen werden können. Auch mit Blick auf eine spätere Börsennotierung kann diese Rechtswahl angezeigt sein.[69] Ein weiterer Vorteil der AG gegenüber der GmbH liegt in ihrer dreigliedrigen Organisationsstruktur (Vorstand, Aufsichtsrat, Hauptversammlung) und der damit verbundenen Trennung von Gesellschafterstellung und Management.[70] Der Vorstand hat die Gesellschaft gem. § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung zu leiten und ist damit als das die Gesellschaft vertretende Organ weisungsunabhängig, was zu einer Verselbstständigung der Unternehmensführung von den Gesellschaftern führt.[71] Schlussendlich bringt die Rechtsform der AG – verglichen mit der GmbH – einen Imagevorteil mit sich, denn sowohl der – im Vergleich zur GmbH – engere rechtliche Rahmen der AG als auch der Umstand, dass ein Großteil der größten deutschen Unternehmen als AG organisiert sind,[72] bietet jedenfalls in der allgemeinen Wahrnehmung eine gewisse Gewähr für die Sicherheit und Seriosität der Gesellschaft.[73]
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In den letzten Jahren hat sich die Auswahl der für Unternehmungen in Deutschland zur Verfügung stehenden Rechtformen exponentiell erhöht. So kann in Deutschland nach den Entscheidungen des EuGH „Centros“[74], „Überseering“[75] und „Inspire Art“[76] auf sämtliche Gesellschaftsformen der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zurückgegriffen werden, so dass die AG rein rechtlich im Wettbewerb zu sämtlichen in der Europäischen Union zur Verfügung stehenden Gesellschaftsformen steht. Gleichwohl haben sich ausländische Gesellschaftsformen jedenfalls in der Praxis noch nicht zu einer ernstzunehmenden Alternative zur AG entwickelt. Anders verhält es sich hingegen bei der durch den europäischen Gesetzgeber geschaffenen Europäischen AG (Societas Europaea, SE), die auch von der Praxis zunehmend als europäische Alternative zur deutschen AG wahrgenommen wird.[77]
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Die Einführung der SE war lange Zeit vornehmlich an den unterschiedlichen Auffassungen zur Mitbestimmung in den einzelnen Mitgliedstaaten gescheitert, so dass die im Dezember 2000 in Nizza plötzlich erreichte Einigung über diese Frage überraschte. Noch im Oktober 2001 wurden die Verordnung zum gesellschaftsrechtlichen Statut (SE-VO)[78] und die Richtlinie zur Mitbestimmung (SE-RL)[79] verabschiedet. Die SE-VO wird durch nationale Ausführungsgesetze – in Deutschland das SEAG[80] – ergänzt, die Umsetzung der SE-RL erfolgte in Deutschland im SEBG.[81] Seit dem Inkrafttreten der SE-VO am 8.10.2004[82] steht die SE in allen Mitgliedstaaten der EU[83] zur Verfügung. Bis Juli 2015 wurden europaweit bereits 2 399 SE gegründet. Hiervon sind 346 operativ tätig, 170 davon mit Sitz in Deutschland (49 %).[84] Die Vorteile der SE gegenüber anderen Gesellschaftsformen bestehen einerseits in der durch Vereinbarung regelbaren unternehmerischen Arbeitnehmermitbestimmung sowie andererseits in dem Wahlrecht zwischen monistischem und dualistischem Leitungssystem. Letzteres bedeutet, dass die Satzung der SE entweder das Trennungsprinzip zwischen Vorstand und Aufsichtsrat vorsehen (dualistisches System) oder eine dem angloamerikanischen Boardsystem entsprechende Struktur mit einem einheitlichen Verwaltungsrat etablieren kann, in dem Leitungs- und Kontrollfunktionen gebündelt werden (monistisches System). Das monistische System bietet den Vorteil, dass eine stärkere Einbindung der Aktionäre und des Verwaltungsrats in die operativen Prozesse möglich ist, was effektive СКАЧАТЬ