Название: Handbuch des Aktienrechts
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811443150
isbn:
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– | Der verpflichtende Nachgründungsvertrag ist mindestens schriftlich abzufassen.[57] Darin liegt eine Verschärfung gegenüber der Rechtslage bei Sachgründung und Sachkapitalerhöhung, bei denen der Einbringungsvertrag, wenn nicht sonstige Formvorschriften eingreifen, jeweils formlos geschlossen werden kann. |
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– | Der Aufsichtsrat hat den Vertrag vor Abhaltung der Hauptversammlung, die über die Zustimmung beschließen soll, zu prüfen und über das Ergebnis der Prüfung einen schriftlichen Nachgründungsbericht zu erstatten. Für diesen Bericht gelten gem. § 52 Abs. 3 S. 2 AktG sinngemäß die Bestimmungen des § 32 Abs. 2 und 3 AktG über den Gründungsbericht. Im Anschluss an die Prüfung durch den Aufsichtsrat und ebenfalls vor Durchführung der Hauptversammlung sind Nachgründungsvertrag und Nachgründungsbericht durch einen gerichtlich zu bestellenden Gründungsprüfer zu prüfen (§ 52 Abs. 4 AktG, der auf die §§ 33 Abs. 3 bis 5, 34 und 35 AktG verweist). |
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– | Zur Vorbereitung der Hauptversammlung, die über die Zustimmung entscheidet, schreibt § 52 Abs. 2 AktG bestimmte Informationspflichten gegenüber den Aktionären vor. Insbesondere ist der Nachgründungsvertrag vor und während der Hauptversammlung auszulegen und vom Vorstand zu Beginn der Hauptversammlung zu erläutern. Die Zustimmung der Hauptversammlung ist mit qualifizierter Mehrheit, und zwar mit mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, bei Vertragsabschluss im Jahr nach der Eintragung der Gesellschaft zusätzlich mit mindestens einem Viertel des gesamten Grundkapitals zu erteilen (§ 52 Abs. 5 AktG). |
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– | Nach Zustimmung der Hauptversammlung hat der Vorstand den Vertrag in vertretungsberechtigter Zahl zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Mit der Eintragung wird der zuvor schwebend unwirksame Vertrag schuldrechtlich rückwirkend wirksam.[58] Ohne die Zustimmung der Hauptversammlung oder die Eintragung in das Handelsregister bleiben sowohl der Nachgründungsvertrag als auch die Rechtshandlungen zu seiner Ausführung unwirksam. |
2.4 Atypische Anwendungsfälle
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In der Praxis übersehen wird gelegentlich die Anwendbarkeit der Nachgründungsvorschriften auch auf atypische Anwendungsfälle. Nach ganz überwiegender Auffassung ist § 52 AktG z.B. analog anwendbar bei Sachkapitalerhöhungen, wenn die Gesellschaft noch nicht länger als zwei Jahre im Handelsregister eingetragen ist.[59] In diesem Fall bestimmt sich die 10% Grenze des § 52 Abs. 1 S. 1 AktG nach dem erhöhten Grundkapital sowie nach dem Nennbetrag der neu ausgegebenen Aktien bzw. dem auf Stückaktien entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals (Parallelwertung des § 67 UmwG).[60] Ist die Auffangschwelle erreicht und der entsprechende Personenkreis betroffen, finden die strengeren Nachgründungsvorschriften neben den § 182 ff. AktG Anwendung.
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Sehr praxisrelevant ist ferner die Anwendbarkeit der Nachgründungsvorschriften auf Erwerbsgeschäfte im Anschluss an den Formwechsel in eine AG oder KGaA (§ 197 S. 1 UmwG).[61]
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Ferner ist § 52 AktG über § 67 UmwG anwendbar bei der Verschmelzung einer Gesellschaft auf eine weniger als zwei Jahre eingetragene AG, wenn in diesem Rahmen Aktien von mehr als 10% des erhöhten Grundkapitals gewährt werden.[62]
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Kontrovers diskutiert wird die Anwendbarkeit der Nachgründungsvorschriften auf konzerndimensionale Sachverhalte wie etwa die Gründung einer Tochtergesellschaft oder die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung bei einer Tochtergesellschaft.[63] Diese setzt freilich nach Inkrafttreten des NaStraG zumindest voraus, dass Gründer oder maßgeblich beteiligte Aktionäre bei den jeweiligen Vorgängen beteiligt sind.[64]
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Ein weiterer Anwendungsbereich des § 52 AktG kann sich schließlich bei konsequenter Umsetzung der vom BGH zur wirtschaftlichen Neugründung einer Vorratsgesellschaft entwickelten Grundsätze ergeben. Vieles spricht dafür, auch entsprechende Geschäfte der Vorratsgesellschaft innerhalb von zwei Jahren nach deren Aktivierung den Nachgründungsvorschriften zu unterwerfen.[65]
Anmerkungen
So z.B. Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 1. Werden Sacheinlage und Sachübernahme kombiniert, so spricht man von einer „gemischten Sacheinlage“; vgl. zur gemischten Sacheinlage auch BGH ZIP 2007, 178 ff. und ZIP 2007, 1751: Betriff eine – im Grundsatz zulässige – Kombination von Sacheinlage und Sachübernahme eine kraft Parteivereinbarung unteilbare Leistung, wird das Rechtsgeschäft einheitlich den Regeln über Sacheinlagen unterworfen.
Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 1.
Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95.
Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 1; Hüffer/Koch § 27 Rn. 5.; vgl. aber K. Schmidt Gesellschaftsrecht, § 27 II 4. b) dd).
Vgl. K. Schmidt Gesellschaftsrecht, § 27 II 4. b) dd); zur verdeckten Sacheinlage s. 5 Kap. Rn. 53 ff.
So zu Recht Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95.
Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95 ff.
So auch Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95 ff.
Vgl. nur Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214, 217; Schnorr v. Carolsfeld DNotZ СКАЧАТЬ