Название: Handbuch Joint Venture
Автор: Torsten Fett
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811441323
isbn:
63
Der eine Partner kann sich schließlich auch durch Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft, die seinem Joint Venture Partner entweder vollständig oder mehrheitlich gehört, beteiligen. In diesem Szenario ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber einem sonstigen Unternehmenskauf.
64
Denkbar ist ebenso eine Beteiligung im Wege der Kapitalerhöhung an der Tochter-Gesellschaft des Partners. Dies ist unproblematisch möglich, wenn der zukünftige Partner Alleingesellschafter des Zielunternehmens ist. Soll die Beteiligung jedoch an einem Unternehmen erfolgen, in welchem außer dem Joint Venture Partner noch weitere Gesellschafter vorhanden sind, die nicht an einer Aufnahme des Joint Venture Partners in das Unternehmen interessiert sind, so hängt die Möglichkeit einer Beteiligung des investitionswilligen Partners von den Mehrheitsverhältnissen in der Zielgesellschaft ab. Ebenso wie den Aktionären einer Aktiengesellschaft steht den Gesellschaftern einer GmbH bei Kapitalmaßnahmen ein Bezugsrecht zu.[33]
65
Vor dem Einstieg des Joint Venture Partners sollte sichergestellt sein, dass in der Gesellschafterversammlung eine hinreichende Kapitalmehrheit vorhanden ist, um das Bezugsrecht der übrigen Gesellschafter auszuschließen und sicherzustellen, dass der Joint Venture Partner sämtliche neuen Geschäftsanteile zeichnen kann. Die Aufnahme ist einfacher möglich, wenn hinreichend genehmigtes Kapital (bei der GmbH seit Neueinführung des § 55a GmbHG durch das MoMiG möglich) zur Verfügung steht, welches das Management der Gesellschaft zugunsten des Joint Venture Partners ausnutzen kann, ohne dass es eines Gesellschafterbeschlusses bedarf.
66
Unabhängig davon, ob sich ein Partner an einem bereits bestehenden Unternehmen des anderen durch Kapitalerhöhung oder durch Abtretung von Gesellschaftsanteilen beteiligt, besteht stets das Risiko, dass der neue Partner unbekannte „Altlasten“ des Unternehmens erwirbt oder zur Aufnahme der operativen Tätigkeit der Joint Venture Gesellschaft teure und aufwändige Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich werden. Vieles spricht daher für eine Variante der Neugründung.
3.3 Gemeinschaftlicher Neuerwerb eines bestehenden Unternehmens
67
Für den gemeinschaftlichen Neuerwerb eines dritten Unternehmens, mit dem die Joint Venture Partner noch nicht gesellschaftsrechtlich verbunden sind, können die rasche Verfügbarkeit, die Nutzbarmachung einer bereits vorhandenen Marktorganisation und eventuell auch die Verringerung des Wettbewerbes sprechen.[34] Zu den hier zu beachtenden kartellrechtlichen Implikationen vgl. 5. Kap. Rn. 57 ff. und 107 ff.
68
Rechtstechnisch dürfte sich der gemeinsame Neuerwerb eines bereits bestehenden Unternehmens regelmäßig dadurch vollziehen, dass die Partner zunächst eine Gesellschaft gründen (oder eine Vorratsgesellschaft erwerben) und diese als Akquisitionsvehikel nutzen, das später zur Joint Venture Gesellschaft erwächst. Vermittels dieses Vehikels erwerben die Partner entweder Anteile an der bestehenden Gesellschaft, je nach deren Rechtsform also Geschäftsanteile, Aktien oder Beteiligungen an Personengesellschaften (Share Deal), oder sie erwerben sämtliche oder bestimmte Wirtschaftsgüter und Vermögensgegenstände eines Unternehmens (Asset Deal).[35] Aus steuerlicher Sicht ist hierbei für den Erwerber regelmäßig ein Asset Deal interessant, der den Kaufpreis in steuerwirksame Abschreibungen transformiert[36] – wohingegen ein Share Deal zwar keine steuerwirksame Kaufpreisabschreibung, aber regelmäßig eine günstigere Besteuerung bei Beendigung des Joint Venture ermöglicht.[37]
69
Beim Erwerb sämtlicher Vermögensgegenstände, die zu einer bestimmten Geschäftseinheit gehören, liegt regelmäßig ein (Teil-)Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB vor. Die bestehenden Arbeitsverhältnisse gehen demnach in dieser Variante des Asset Deal kraft Gesetzes auf das Akquisitionsvehikel über. Zu den hierbei relevanten Punkten und Gestaltungsmöglichkeiten siehe im einzelnen 6. Kap. Rn. 9 ff. Letztlich ergeben sich hier keine Besonderheiten gegenüber einem sonstigen Unternehmenskauf.
70
Zusammenfassend stellen sich die Unterschiede zwischen Contractual und Equity Joint Venture wie folgt dar:
Abb. 3: Unterschiede Contractual und Equity Joint Venture
Contractual Joint Venture | Equity Joint Venture |
---|---|
keine verselbstständigte Organisation | Ausgliederung der Kooperation in eigenständiges Unternehmen mit Personal- und Entscheidungsautonomie |
lediglich Vertragsbeziehung zwischen den Joint Venture Partnern | eigene Rechtsperson, aufwändigere Gestaltung, eigene Abschlüsse, eigene Wirtschaftsprüfung, eigene Steuererklärung |
unbeschränkte Haftung der Joint Venture Partner | Haftungsbegrenzung auf Eigenkapital der Joint Venture Gesellschaft |
Finanzierung nur durch Joint Venture Partner | möglicher eigener Zugang zum Kapitalmarkt im Falle der Rechtsform der Aktiengesellschaft |
Steuerung durch Joint Venture Partner unmittelbar | Steuerung der Joint Venture Gesellschaft (in der Regel) durch Organe |
Parteien bleiben unabhängiger | erhöhter Zwang zur Zusammenarbeit |
eigene Corporate Identity schwer herzustellen | eigene Corporate Identity |
Kooperation endet automatisch bei Insolvenz eines der Joint Venture Partner | Joint Venture überlebt eventuelle Insolvenz eines Joint Venture Partners |
Kündigung | erschwerte Beendigung aufgrund Kapitalverflechtung |
Besteuerung von Lizenz- und Franchise-Gebühren | eventuell Steuervorteile durch Gewinnthesaurierung und begünstigte Ausschüttung |
keine eigenständige Bilanzierungsverpflichtung des Joint Venture | Joint Venture Gesellschaft unterliegt eigenständiger Bilanzierungspflicht |
Ziel: zumeist projektbezogen | Ziel: dauerhafte Zusammenarbeit |
Anmerkungen
Schulte/Pohl Joint Venture Gesellschaften, Rn. 3 und 8.